Das Geheimnis von Mulberry Hall
…
Du lieber Himmel!
Verzweifelt versuchte Lucan, die erotischen Visionen abzuschütteln und gegen die Erregung anzukämpfen, die seinen Körper überfiel. Seine Jeans kamen ihm plötzlich unerträglich eng vor, und das Pochen wurde von Sekunde zu Sekunde heftiger.
Er sollte einfach in sein eigenes Schlafzimmer verschwinden. Jetzt. Weg von der verlockenden Vorstellung einer splitternackten Lexie, die hinter dieser Tür sehnsüchtig auf ihn wartete.
Lexie schreckte auf, als es an der Tür klopfte, und kurz darauf steckte Lucan schon seinen Kopf herein.
Ihr gefiel nicht, wie selbstverständlich er den Raum betrat und ihre Ruhe störte. Allerdings schlief sie ja nicht, sondern packte ihre Sachen zusammen, trotzdem fühlte sie sich in ihrem weißen Top und der grauen Schlafanzughose seltsam angreifbar. So sollte Lucan sie nicht sehen, vor allem, weil er vermutlich nur Frauen in Spitze und Seide kannte.
„Was willst du, Lucan?“ Gelassen begegnete sie seinem Blick und setzte sich auf die Brokatüberdecke, die am Fußende des Bettes lag. Auch wenn es wirklich störte, sich ihm im Schlafanzug stellen zu müssen, würde sie sich bestimmt nicht wie eine verschreckte Jungfrau unter den Laken verkriechen.
Im gedämpften Licht der Nachttischlampe sah sie, wie stramm die ausgewaschene Jeans um seine Hüften saß. Seine Miene wirkte erschreckend finster.
„Lexie, meinst du, wir können das Kriegsbeil nicht begraben?“
Jeder Nerv in ihrem Körper war zum Zerreißen gespannt, jeder Muskel verkrampft, während sie fieberhaft überlegte, was sie darauf erwidern sollte. Die vergangenen zwei Tage hatten gezeigt, wie unmöglich es für sie beide war, normal miteinander umzugehen.
„Warum sollten wir?“, begann sie vorsichtig.
„Weil ich vorhin einen Fehler gemacht habe, für den ich mich ausdrücklich entschuldigen will.“
„Und damit ist dann alles wieder gut?“
Lucan stöhnte auf. „Was erwartest du denn noch von mir?“
Ja, was erwarte ich eigentlich? überlegte Lexie. Etwas, das er mir nicht geben kann. Niemals geben könnte.
Nicht nur, da Lucan emotional vollkommen unreif war und nicht mit Gefühlen umzugehen wusste, sondern schlicht wegen seiner speziellen Herkunft – er war ein St. Claire. Und sie war Lexie Hamilton, Enkelin der verhassten Sian Thomas.
„Für welchen Fehler willst du dich genau entschuldigen?“, fragte sie. „Für den Vorschlag, mit dir eine Affäre zu beginnen? Oder dafür, dass du mein Schmuckstück zerrissen hast, nachdem ich dir einen Korb gegeben habe?“ Ihre Stimme klang sehr hart, und Lucans Gesichtsausdruck wurde noch finsterer.
„Ich wollte ni… Lexie, du denkst doch nicht, ich hätte das absichtlich getan?“
„Nein“, gab sie widerwillig zu. „Dennoch zeigt dieser Vorfall eindeutig, wie destruktiv eine Verbindung zwischen uns wäre.“
„Destruktiv?“, wiederholte er bedrückt.
Sie nickte. „Wir tun einander weh, Lucan. Teilweise mit Absicht, teilweise auch unabsichtlich. Wie dem auch sei, so läuft es schon von der ersten Sekunde an, seit wir uns über den Weg gelaufen sind.“ Die Kluft zwischen ihnen schien immer größer zu werden. „Geh jetzt bitte! Geh in dein eigenes Zimmer und lass mich allein! Dann können wir morgen von hier verschwinden, ohne etwas bereuen zu müssen.“
Ungeduldig knirschte Lucan mit den Zähnen und hätte am liebsten laut geschrien. Noch nie im Leben war er derart frustriert gewesen, derart hilflos. Warum bekam er diese Situation einfach nicht in den Griff?
Und es half ihm nicht gerade, dass Lexie in ihrem Schlafanzug hinreißend und sehr verführerisch aussah. Im Schneidersitz saß sie auf dem Fußende ihres Betts, und die schwarzen Haare hingen ihr fast bis zur Taille hinunter. Durch das weiße Top konnte man die Spitzen ihrer reizvollen Brüste erahnen, die sich dunkel durch den dünnen Stoff abzeichneten.
Ohne den Blick von ihr abzuwenden, machte er einen Schritt in den Raum hinein und dann noch einen, als sie nicht protestierte. Noch einen, und schon stand er direkt neben ihr.
„Willst du ernsthaft, dass ich dich allein lasse, Lexie?“, fragte er heiser.
Wollte sie das? Sollte sie hier einsam und unbefriedigt zurückbleiben, obwohl Lucan ihr verlockende Wonnen versprach? Nein, er durfte nicht gehen. Es wäre allerdings vernünftiger, wenn er es täte.
Das Haus war am Abend unerträglich still gewesen, und Lexie hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Sie fühlte sich stark zu Lucan hingezogen, aber nicht nur in
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