Das Geheimnis von Summerstone - Die furchtlosen Vier
Elends seiner Mutter Qualen litt, lag Garrison auf der Gingham-Tagesdecke und las in der einzigen Zeitschrift, die er mitgebracht hatte. Hätte er vorher gewusst, dass außer ihm nur ein einziger Junge und obendrein noch ein Schwächling an der Schule war, hätte er tausend Sportzeitschriften mitgebracht - oder wäre am besten gar nicht erst gekommen.
»Fehlt dir deine Familie?«, wollte Theo wissen, dessen Brillengläser inzwischen von seinen Tränen beschlagen waren.
»Wir sind ja noch nicht einmal einen ganzen Tag weg«, antwortete Garrison genervt. »Du musst dich zusammenreißen. Glaub mir, wo immer unsere Leute stecken, sie sind auf alle Fälle besser dran als wir mit dieser merkwürdigen alten Dame und dem blinden Typen mit der Turbanfrisur. Das ist statistisch bombensicher«, sagte Garrison zu Theo.
Theo nickte Garrison zu, der nun mit gespielter Beiläufigkeit eine Frage stellte, die ihn schon beschäftigte, seit Theo begonnen hatte, mit Statistiken um sich zu werfen. »Weißt du zufällig, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Tsunami auf Miami trifft?«
»Ich kenne die genaue Tsunami-Wahrscheinlichkeit
für diese Region nicht, aber an deiner Stelle würde ich mir mehr Sorgen über Hurrikans machen. Ich musste letztes Jahr auf die Klassenfahrt nach Disney World verzichten, weil sie den Ausflug ausgerechnet in die Jahreszeit mit den meisten Hurrikans gelegt hatten. Tut mir leid, auch wenn man in Disney World kostenlos so viele churros essen darf, wie man will, es lohnt sich einfach nicht, dieses Risiko einzugehen.«
Garrison nickte Theo zu, nahm seine Zeitschrift hoch und tat so, als würde er weiterlesen. Er erinnerte sich an seinen Fluchtplan im Falle einer Hurrikan-Warnung - telefonisch ein Ticket buchen und bei der Ankunft in New York seine Eltern anrufen. Gerade als Garrison aufhörte, wegen möglicher zukünftiger Wasserkatastrophen zu schwitzen, klopfte es leise von innen an die Badezimmertür. Noch ehe Theo oder Garrison reagieren konnten, streckten Lulu und Madeleine die Köpfe in das Zimmer der Jungen.
»Hey, habt ihr unten irgendwo ein Telefon gesehen?«, fragte Lulu beiläufig. »Mir geht’s prima, aber Madeleine dreht fast durch.«
»Ich drehe überhaupt nicht durch, Lulu, doch angesichts des seltsamen Benehmens von Mrs Wellington wüsste ich nur einfach gerne, wo die Telefone sind.«
Theo sprang total aufgeregt von seinem Bett hoch.
»Ja, Madeleine«, sagte Theo entzückt, »mir geht es ganz genauso. Gehen wir nach unten und suchen die Telefone. Dann rufen wir unsere Eltern an. Da ich
vielleicht weinen muss, nimm bitte ein paar Taschentücher mit. Danach zeichnen wir uns einen Lageplan, auf dem wir alle Telefone im ganzen Haus eintragen.«
Madeleine starrte Theo an, ein wenig überwältigt von diesem umfassenden Vorhaben.
»Ich wüsste nur gern, wo ein Telefon ist. Wir müssen es ja nicht gleich aufzeichnen.«
»Halt!«, sagte Garrison energisch. »Beruhigt euch jetzt mal! Niemand geht runter und bringt uns schon am ersten Abend in Schwierigkeiten. Ich habe keine so weite Reise gemacht, um den ganzen Sommer unter Hausarrest zu stehen.«
»Gut, aber sag mal«, fragte Theo ernst, »hast du überhaupt ein Telefon gesehen?«
Garrison starrte die drei an und wusste sofort, was er zu tun hatte. Lügen.
»Natürlich habe ich ein Telefon gesehen. Und jetzt gehen alle ins Bett!«
Und mit dem Wissen, dass es ein Telefon im Haus gab, schliefen alle schnell und ohne Probleme ein. Das heißt, alle bis auf Garrison.
14
Jeder hat vor etwas Angst: Logiozomechanophobie ist die Angst vor Computern
M adeleine wünschte sich, ihr hübsch eingerichtetes Zimmer mit einer runden Lampe und einem Schaukelstuhl vor sich zu sehen, wenn sie die Augen öffnete. Ein solches Zimmer würde nämlich bedeuten, dass die Schritte, die im Flur zu hören waren, die ihrer Mutter waren, und dass das Phobinasium nur ein bizarrer Traum gewesen war. Aber sie wusste auch, dass selbst das winzigste Fleckchen Rosa bedeutete, dass die Schule Wirklichkeit war. Madeleine holte tief Luft und zwang sich dann, die Augen zu öffnen. Ein brennender Schmerz durchzuckte sie, als ihre Hoffnung starb und sie sah, dass sie immer noch in dem rosaroten Palast war.
Ein paar Meter weiter lagen Lulus rotblonde Haarsträhnen über ihrem Gesicht, während sie tief ein- und ausatmete. Eine bekannte Stimme drang durch die rosafarbene
Tür und riss Lulu aus dem Schlaf und Madeleine aus ihren Gedanken an zu Hause.
»Madeleine, Lulu, ihr habt
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