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Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holtkoetter Stefan
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reizend.«
    »Trotzdem.« Er blickte dem Mädchen nach, das über den Kirchhof ging und die Schnellstraße überquerte, um auf der anderen Seite in einem der Dorfbauernhöfe zu verschwinden.
    »Sie ist völlig aus dem Häuschen, seit sie gehört hat, dass Sie zu Besuch sind«, sagte er. »Keine Ahnung, woher das kommt, doch sie schwärmt für alles, was mit Seefahrt zu tun hat.«
    Peter lächelte. »Wenn sie möchte, erzähle ich ihr gern ein wenig davon.«
    Die Antwort kam überraschend heftig. »O nein! Das ist nicht nötig!«
    Peter blickte ihn verwundert an, und der junge Mann sah verlegen zu Boden. Er fasste sich mit der Hand in den Nacken und vermied einen Augenkontakt.
    »Ich glaube nicht, dass unser Vater das gerne sehen würde«, gestand er dann ein.
    »Ich bin nicht willkommen«, sagte Peter. »Das verstehe ich.«
    »Das heißt nicht, dass alle so denken«, sagte er schnell.
    »Schon gut. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«
    Eine unangenehme Stille entstand. Peter begann sich zu fragen, warum der Junge seiner Schwester nicht folgte.
    »Sie waren so alt, wie ich es jetzt bin, als Sie Vennhues verlassen haben«, sagte er schüchtern.
    Peter hatte keine Vorstellung, worauf er hinauswollte.
    »Dann wirst du bald achtzehn«, sagte er.
    Der junge Mann nickte. Unschlüssig blieb er vor der Bank stehen.
    »Möchtest du dich vielleicht zu mir setzen?«, fragte Peter.
    Nach kurzem Zögern nickte er und nahm Platz. Peter sagte nichts, und nach einer Weile begann der Junge zu reden.
    »Sie sind sehr viel herumgekommen in der Welt«, sagte er. »Da müssen Sie einiges gesehen haben.«
    »Gesehen habe ich viel, das stimmt. Du kannst aber ruhig du sagen zu mir. Sonst komme ich mir vor, als wäre ich siebzig.«
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Okay, also du. Wie ist das, wenn man woanders hingeht?«, fragte er dann. »Ist es nicht schwer, sich zurechtzufinden? Ich habe immer das Gefühl, dass ich nichts von dem verstehe, was außerhalb von Vennhues passiert. Dort draußen ist es gefährlich für Leute, die nicht viel gesehen haben von der Welt, oder?«
    »Im Grunde ist es gar nicht so anders als hier«, sagte Peter. »Zwar gibt es Orte, an denen hat man ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger Freiheit. Oder die Leute sind freundlicher oder weniger freundlich. Doch letztlich sind es überall Menschen, denen man begegnet, und die funktionieren dann gar nicht so unterschiedlich.«
    Er stieß dem Jungen freundschaftlich in die Seite.
    »Aber ein Vennhueser zu sein, ist doch auch nicht das Schlechteste, oder? Gefällt es dir hier etwa nicht?«
    Der junge Mann lächelte schüchtern und blickte zu Boden.
    »Meine Mutter hat gesagt, du kennst das Moor besser als jeder andere.«
    Peter blickte ihn verwundert an. Er fragte sich, worauf der Junge hinauswollte.
    »Das glaube ich nicht. So gut kenne ich das Moor auch wieder nicht.« Mit einem Lachen fügte er hinzu: »Vielleicht habe ich mehr Zeit darin verbracht als die meisten anderen. Doch das war es auch schon.«
    Unwillkürlich blickte er zum Friedhof hinüber. Das Familiengrab lag weit hinten zwischen den kahlen Hecken. Die Sonne spiegelte sich in dem Glas der Grablampe, und so konnte er nicht erkennen, ob die Kerze noch brannte oder bereits verlöscht war.
    »Meine Mutter hat mich fast jeden Tag mit ins Moor genommen«, sagte er. »Als Kind hatte ich schreckliche Angst davor, im Faulschlamm unterzugehen. Ständig hatte ich Albträume deswegen. Also hat sie eines Tages begonnen, mich an die Hand zu nehmen und mir das Moor zu zeigen. Sie hat mich gelehrt, mit der Gefahr umzugehen. Dadurch habe ich meine Angst verloren.«
    Der Junge blinzelte gegen die Sonne.
    Er schien etwas erwidern zu wollen, doch plötzlich schallte ein lauter Ruf über den Dorfplatz.
    »Timo! Komm sofort nach Hause!«
    Auf der anderen Seite der Schnellstraße stand eine Frau in der Tennentür. Sie trug eine Küchenschürze über ihrem Sonntagskleid und hielt einen Kochlöffel in der Hand.
    Der junge Mann sackte in sich zusammen.
    »Das ist meine Mutter«, stöhnte er.
    »Timo!« Sie stemmte den Arm in die Hüfte. »Kannst du nicht hören?«
    Peter lächelte ihn an. »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst.«
    Schwerfällig erhob er sich von der Bank.
    »Ja, das ist es wohl.«
    Er schlurfte über den Platz auf die Schnellstraße zu. Als die Frau erkannte, dass sich ihr Sohn auf dem Weg zum Hof befand, wandte sie sich ab und verschwand wieder im Haus.
    Peter hatte verstanden. Er

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