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Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holtkoetter Stefan
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einen guten Grund dafür, dass dort ein Wagen stand. Er fühlte sich von diesem Bild an etwas erinnert. Etwas Fernes und Unbestimmtes, das er nicht fassen konnte. Eine Stimme sagte ihm, dass es wichtig wäre, darüber nachzudenken. Doch so sehr er sich auch bemühte, er erinnerte sich nicht.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Er wurde von hinten gepackt und herumgerissen. Klemens Große Dahlhaus war aufgetaucht, mit funkelnden Augen und einer Mistgabel in der Hand. Er drückte Peter so heftig an das Tennentor, dass sein Kopf gegen das harte Eichenholz schlug. Der Atem des Bauers lag auf seinem Gesicht, und dann spürte er den Zinken der Mistgabel an seinem Hals. Klemens rückte näher heran, den Blick voller Hass.
    »Jetzt pass gut auf, du krankes Schwein«, zischte er. »Ganz egal, was du hier machst: Du wirst deine schmutzigen Finger von meinem Jungen lassen, hast du verstanden? Sonst wirst du es bereuen.« Er bohrte die Spitze des Zinken in seine Haut. Der Geruch von Kuhmist stieg ihm in die Nase.
    »Hast du das verstanden?«, rief der Bauer.
    Peter nickte ergeben, soweit die Spitze des Zinken das zuließ.
    Klemens Große Dahlhaus trat einen Schritt zurück und zog die Gabel weg.
    »Lass dich besser nicht mehr im Dorf blicken«, meinte er und stieß ihn kraftvoll weg. Peter stolperte über das Kopfsteinpflaster und landete auf dem Boden vor dem Tennentor.
    Große Dahlhaus warf ihm einen letzten bösen Blick zu, dann ging er zurück in die Tenne und warf die hohe Tür hinter sich zu.
    Peter stand auf und klopfte sich die Kleidung ab. Er wusste, dass er sich gegen den Bauern hätte wehren können. Wahrscheinlich wäre er ihm in einer Schlägerei sogar überlegen gewesen. Doch was hätte das gebracht? Letztlich konnte er den Bauern sogar verstehen. Er selbst hätte wohl ähnlich reagiert, wenn er Kinder hätte, die sich mit einem mutmaßlichen Mörder einließen.
    Er zog sich den Mantel zurecht und schlug den Weg ins Neubauviertel ein. Dann warf er einen Blick in Richtung Ortsausgang. Doch der Wagen, den er bemerkt hatte, war nicht mehr dort. Der Platz unter der Pappel war leer. Außer einem Laubhaufen war nichts mehr zu sehen.

9
    Das Vennhueser Neubaugebiet umfasste nur zwei Straßen, den Pastorenkamp und den Friedensweg. Knapp zwei Dutzend Eigenheime waren dort in den vergangenen fünfzehn Jahren entstanden. Sie lagen ein wenig abseits vom Dorf, da die Gärten der Alteingesessenen die neuen Häuser auf Abstand hielten. Schmalen Handtüchern gleich bildeten Obstwiesen und Hühnerhäuschen nun einen Puffer zwischen Alt und Neu und ließen keinen Zweifel daran, wer zuerst da gewesen war.
    Peter musste nicht lange nach dem Haus seines Jugendfreundes suchen. Im Friedensweg sah er von weitem das Gerüst des Carports, der neben einem Einfamilienhaus entstand. Manfred Heesing hockte oben auf dem Dach und schlug Nägel in die hölzernen Schindeln.
    Der Vater hatte Peter erzählt, dass Manfred in Münster als Tischler arbeitete. Er brauchte keine Hilfe, um sich eine Garage zu bauen.
    Würde auch er in einem dieser Häuser wohnen, wenn er damals nicht vertrieben worden wäre? Ein Eigenheim in Vennhues und eine solide Arbeit in der Stadt – es gab Zeiten, in denen er sich so ein Leben sehnlich gewünscht hatte. Doch die einsamen Jahre zu Beginn seiner Karriere waren lange vorüber. Er war ein anderer geworden. Die Hitze im Bug der Brochnow, der Geruch von Öl und Eisen, der Lärm seiner Motoren. Das gehörte zu ihm. Mehr als Vennhues. Die ruhigen Nächte auf hoher See, die wenigen freien Stunden im Gemeinschaftsraum und auf dem Affendeck. Es war zu spät für seine alten Träume.
    Manfreds Haus wirkte einladend und gemütlich. Er hatte einen hübschen Vorgarten mit Nusssträuchern und Rosenstöcken angelegt. Die Eingangstür war groß und hell, und hinter den Fenstern blühten liebevoll gepflegte Zimmerpflanzen. Im Seiteneingang standen Kinderstiefel in verschiedenen Größen, und an der Wand lehnte ein alter Tretroller.
    Eine Woge von Neid und Sehnsucht erfasste Peter. Es war der Verlust eines Lebens, das er so nie hatte führen dürfen.
    Das Hämmern über seinem Kopf verstummte. Manfred hatte ihn entdeckt.
    »Peter! Was für eine Überraschung!«
    Er war mit dem Kopf unterhalb eines Balkens erschienen und grinste ihn an. Dann hängte er den Hammer weg und kletterte vom Dach. Seine Bewegungen waren sportlicher, als seine dickliche Figur es vermuten ließ. Es war also noch etwas von dem Fußballer der Kreisliga in

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