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Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holtkoetter Stefan
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strömten hinaus ins Freie. Auf dem Kirchhof blieben sie noch eine Weile stehen, redeten miteinander und lösten sich nur zögerlich, um den Heimweg anzutreten.
    Hambrock entdeckte Werner Bodenstein, der abseits der anderen zum Friedhof schlich und hinter dem quietschenden Eisentor verschwand. Hambrock suchte seinen Vater, bat ihn, einen Moment zu warten, und folgte Bodenstein auf den Friedhof. Er fand ihn an seiner Familiengruft, ganz am Ende des Friedhofs, neben der Schnellstraße. Der alte Mann kniete nieder und zupfte mit schwerfälligen Bewegungen die gelben Blätter, die über Nacht von den Bäumen gefallen waren, vom Beet und von dem Grabstein. Er tat dies so sorgsam und liebevoll, dass es Hambrock für einen Moment den Atem verschlug.
    Zögernd trat er an das Grab.
    »Ganz schön warm heute, nicht wahr?«
    Der alte Mann blickte kurz auf, dann wandte er sich wieder dem Grab zu.
    »Das Wetter spielt verrückt«, sagte er. »Es gab schon viele Allerheiligen, da standen wir im Wintermantel auf dem Friedhof und haben erbärmlich gefroren. Und heute ist es mild wie an einem Frühlingstag.«
    Hambrock deutete auf das gepflegte Familiengrab.
    »Ich sehe, du hast frische Myrte gepflanzt?«
    »Ja, gestern.« Bodenstein schlug sich den Schmutz von den Händen und erhob sich mühsam. »Im Grunde hat es keinen Sinn, jetzt noch das Grab zu bepflanzen. In wenigen Wochen kommt der Winter. Doch ich wollte, dass Allerheiligen alles schön aussieht. Schließlich gehört sich das so.«
    Hambrock wollte bereits eine ironische Bemerkung machen, da diese Grabpflege in Vennhues in erster Linie für die anreisende Verwandtschaft gemacht wurde und weniger für die Toten. Doch glücklicherweise fiel ihm rechtzeitig ein, was seine Mutter über die Familie Bodenstein erzählt hatte. Niemand kam mehr zu Allerheiligen, und Werner Bodenstein stand seit Jahren schon allein bei der Friedhofsandacht.
    »Die Traditionen werden nicht mehr eingehalten«, sagte Bodenstein, als hätte er seine Gedanken gelesen. »Niemand kümmert sich mehr darum. Es ist eine Schande.«
    Hambrock räusperte sich. Er wechselte das Thema.
    »Du bist gestern gewarnt worden, Werner. Jemand muss dir gesagt haben, was geschehen ist. Sonst hätte Peter nicht fliehen können.«
    Bodenstein sah mit versteinertem Blick auf das Grab.
    »Du musst mir sagen, wer es war«, sagte Hambrock.
    »Es war Hermann Esking.«
    »Hermann Esking?« Hambrock blickte erstaunt zu der Dorfkneipe. Doch sie war geschlossen, trotz des Feiertages. »Weshalb hat er das getan?«
    »Er wollte keine Selbstjustiz im Dorf. Sie hätten Peter umgebracht, wenn sie ihn in ihre Gewalt bekommen hätten. Sie waren gestern Nacht wie von Sinnen.«
    Hambrock sah den alten Mann lange an.
    »Vermute ich richtig, dass Peter während der Tatzeit nicht auf dem Hof war, Werner? Er hat kein Alibi, nicht wahr?«
    Bodenstein stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Er war spazieren«, sagte er. »Als er zurückkam, war er völlig verstört. Es ging ihm nicht gut, und er hat sich ins Bett gelegt.«
    Hambrock ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Was denkst du, Werner? Hat Peter etwas mit dieser Tat zu tun?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er hilflos. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Hat er dir gesagt, wohin er fliehen will? Er muss bereits eine Idee gehabt haben, wie er uns entkommen könnte.«
    »Er hat nichts gesagt. Es ging alles sehr schnell. Wir haben uns nicht einmal verabschiedet.«
    Hambrock war überzeugt, dass Bodenstein die Wahrheit sagte. Er blickte zum Kirchhof, wo sein Vater auf ihn wartete. Er würde sich beeilen müssen, wenn er rechtzeitig im Präsidium sein wollte.
    Er verabschiedete sich und ging über den Hauptweg zurück zum Ausgang.
    »Bernhard!«, rief der alte Mann ihm nach.
    Hambrock wandte sich um und sah ihn an.
    »Kommst du heute Nachmittag zur Andacht?«, fragte er. »Wenn die Gräber geweiht werden?«
    Hambrock zuckte mit den Schultern. »Ich denke schon.«
    »Das ist gut«, sagte er und blickte zum Grab seiner Frau. »Dann sehe ich dich da.«

15
    Hambrock hatte nur zwei Tage in Vennhues verbracht, und dennoch wirkte danach selbst eine Stadt wie Münster groß, laut und hektisch. Stadteinwärts stand er bereits im Stau, und in dem dichten Verkehr schienen schon am frühen Morgen die Nerven blank zu liegen. Es wurde gehupt und geschimpft, und Radfahrer rasten entgegen allen Verkehrsregeln im Zickzackkurs zwischen den Autos umher. Beim Abbiegen auf den Stadtring hätte Hambrock dann noch um

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