Das Geheimnis zweier Ozeane
U-Boot, in Taucheranzügen und mit Schlepptrossen über der Schulter.
Punkt zwanzig Uhr erscholl das Kommando des Kapitäns, und einundzwanzig Schlepptrossen strafften sich gleichzeitig. Die von den Ankern befreite ,Pionier‘ glitt langsam und majestätisch dahin.
Der Kapitän lenkte das U-Boot zuerst in die offene See, um Felsen und Unebenheiten am Hang auszuweichen. Das Schiff bewegte sich flott vorwärts, gehorchte dem Steuer und befand sich nach zwei Stunden bereits vor der Höhle. Hier wurde das U-Boot mit dem Heck zur Insel gedreht und langsam in dieser Lage zum Hang geführt. Pawlik schwamm voraus und wies den Weg durch die geradesten und breitesten Durchgänge. Das war nicht einfach. Die ,Pionier‘ war fast siebzig Meter lang und hatte an der breitesten Stelle fast zehn Meter Durchmesser. Senken oder heben konnte sich das U-Boot noch nicht. Der Mechanismus der Tauchtanks war noch nicht in Ordnung. Aber Pawlik wurde mit seiner Aufgabe gut fertig und zeigte sicher den Weg.
Mit dem Heck voran, glitt die ,Pionier‘ immer langsamer auf die Höhle zu.
Es war kurz vor Mitternacht, als sich der ganze Schiffskörper im Schlund des unterseeischen Berges befand.
Das U-Boot hing, wie ein riesiges Luftschiff in seiner sicheren Halle, unbeweglich unter dem Gewölbe der hell erleuchteten Höhle.
Zehntes Kapitel
AUF DER SUCHE NACH STROM
I
m Laufe der Nacht berechnete der Kapitän die Dauer der noch auszuführenden Arbeiten. Jetzt verlief alles planmäßig und ohne Verzögerung. Am 19. August, also nach drei Tagen, würde das U-Boot die Höhle verlassen und seine Fahrt zu den Küsten des sowjetischen Primorje-Bezirkes fortsetzen können. Aber dieser Tag war auch der allerletzte Termin, sonst würde man am 23. August Wladiwostok nicht erreichen. Von der Osterinsel mußte das Schiff noch fünfzehntausend Kilometer zurücklegen. Genau hundert Stunden mußte das U-Boot mit voller Kraft fahren, um diese große Strecke zu bewältigen. Und nur dann, wenn es gelang, nicht später als um sechs Uhr früh des 19. August auszulaufen, konnte die ,Pionier‘ rechtzeitig vor Wladiwostok erscheinen. Eine unvorhergesehene Verzögerung von nur acht oder zehn Stunden würde alle Hoffnungen zunichte machen. Die ganze aufopferungsvolle Arbeit der Schiffsbesatzung wäre dann vergeblich gewesen.
Der Kapitän runzelte die Stirn. Die Instandsetzungsarbeiten dürfen nicht so lange dauern! Ich brauche Zeitreserven! dachte er. Wir müssen noch schneller arbeiten, damit wir wenigstens noch diese acht oder zehn Stunden haben, wenn während der Fahrt etwas Unvorhergesehenes passiert. Aber was konnte man noch von der Schiffsbesatzung verlangen, die kaum Schlaf und Erholung kannte?
Der Kapitän wußte keinen Ausweg. Die kostbaren Stunden der kurzen Nachtruhe verbrachte er grübelnd in seiner Kajüte. Als er nach dem Wecken das U-Boot verließ, waren seine Augen von der schlaflosen Nacht entzündet. Er spornte die Männer, die noch schlaftrunken und müde waren, zur Eile an. Als er Skworeschnjas Leistung sah, die dieser in der letzten Nacht vollbracht hatte, empfand er eine große Freude.
Skworeschnja hatte vor dem U-Boot Nachtwache gehabt. Er sollte die Elektrowinde beaufsichtigen, die den Düsenring aufs Heck zog. An der Winde war im Grunde genommen nichts zu tun gewesen, und so war Skworeschnja darangegangen, die Außenwand des Hecks von den erstarrten metallenen Höckern und anderen Unebenheiten zu reinigen, die sich darauf gebildet hatten, als der Düsenring durch die Explosion von seinem Platz gerissen wurde. Diese Arbeit war sehr schwer und ermüdend.
Kurz vor dem Wecken war der Düsenring schon ganz nah an seinen Platz herangezogen und konnte bald aufgesetzt werden. Aber im Innern des Ringes befanden sich noch viele scharfkantige Gasrohrbruchstücke, die entfernt werden mußten.
Als Kornejew nach langem Suchen den Kapitän fand, dem er Marats und Pawliks bevorstehenden Einsatz mit der Kabelbatterie melden wollte, war der U-Boot-Kommandant bei Skworeschnja.
„Wieviel Zeit braucht Marat noch zur Instandsetzung des Steuerpultes?“ fragte der Kapitän.
„Etwa sieben bis acht Stunden.“
„Hilft Pawlik ihm?“
„Ja.“
„Teilen Sie beiden mit, daß ich sie sehr bitte, diese Arbeit so schnell wie nur möglich zu beenden. Erst dann können sie mit der Kabelbatterie losgehen. Nach einer halben Stunde suchen Sie mich bitte mit Oberleutnant Bogrow, Professor Lordkipanidse, Tschishow, Sjomin und Kosyrew in meiner Kajüte auf. Ich
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