Das Geheimnis zweier Ozeane
Schiffen vermeiden wird. Wir dürfen uns weder der Küste nähern noch auftauchen. Das U-Boot wird die ganze Zeit in voller Gefechtsbereitschaft sein. Ich untersage deshalb strengstens alles, was zu unserer Entdeckung führen könnte. Wir fahren die ganze Zeit über in einer Tiefe von mindestens dreihundert Metern. Nachts ist es verboten, die Scheinwerfer zu benutzen oder Bullaugenklappen zu öffnen.“
„Und die wissenschaftliche Arbeit?“ fragte der Zoologe beunruhigt.
„Ihre Forschungen brauchen nicht darunter zu leiden, Arsen Dawidowitsch. Im Gegenteil, wenn Sie wollen, kann die Zahl der Tiefseestationen vergrößert werden. Sie können dann auch den äquatorialen und südlichen Teil des Atlantik, einen Teil der Antarktis und die südlichen sowie die tropischen Gewässer des Stillen Ozeans erforschen. Die Straße von Gibraltar und der Golf von Guinea fallen natürlich fort.“
„Wir fahren also jetzt durch die Magalhãesstraße?“ fragte Gorelow langsam.
„Möglich“, antwortete der Kapitän, „wir können auch Afrika umschiffen. Ein geringer Unterschied in der Entfernung spielt keine Rolle.“
Der Zoologe strich sich über den Bart.
„Schade“, sagte er, „denn der Gebirgszug auf dem Meeresboden der Straße von Gibraltar und die beiden Gegenströmungen in dieser Meerenge, von denen die obere aus dem Atlantischen Ozean kommt, die untere aus dem Mittelländischen Meer, sind sehr wichtige Punkte unseres ozeanographischen Forschungsprogramms. Doch hoffe ich, noch entschädigt zu werden. Ich werde sofort den neuen Arbeitsplan aufstellen, Nikolai Borissowitsch. Sie müssen mir aber vorher die neue Fahrtroute mitteilen.“
Der Zoologe zog sein Notizbuch aus der Tasche.
„Die erfahren Sie noch von mir, Arsen Dawidowitsch“, antwortete nach einigem Überlegen der Kapitän.
„Gut“, sagte der Zoologe, aber gleich darauf fragte er ängstlich: „Unser erster Aufenthalt im Sargassomeer bleibt doch im Programm?“
Die Anwesenden lachten.
„Aber natürlich!“ Der Kapitän schmunzelte. „Das Sargassomeer besuchen wir bestimmt!“
Alle wußten, mit welcher Ungeduld der eifrige Zoologe die Ankunft in dieser eigenartigen, noch wenig erforschten See mit ihrem fast noch unbekannten Tierleben erwartete. Schon seit Beginn der Reise träumte der Zoologe von den klaren Gewässern des Sargassomeers; er erhoffte sich dort eine besonders reiche Ausbeute an wissenschaftlichem Material.
„Wunderbar!“ rief der Gelehrte erfreut aus. „Wann sind wir denn dort, Nikolai Borissowitsch?“
„In zehn Stunden etwa. An Ort und Stelle müssen wir noch einen passenden Ausgangspunkt für Ihre Arbeit in verschiedenen Tiefen suchen, etwa eine unterseeische Hochfläche oder eine einzelne Bodenerhebung. Das ist in dem Sargassomeer nicht so einfach, da es ungeheuer tief ist, an manchen Stellen mehr als sechstausend Meter … So, damit beenden wir unsere Sitzung, Genossen.“
„In jedem Fall werden wir bereits morgen mit der Arbeit beginnen können“, sagte der Professor Lordkipanidse zufrieden und verließ mit den anderen die Kajüte des Kapitäns.
Um Mitternacht befand sich das U-Boot bereits im Sargassomeer. Es fuhr jetzt mit voller Geschwindigkeit. Die Ultraschall-Bildwerfer projizierten in rascher Folge auf den Bildschirm im Steuerraum alles, was in Fahrtrichtung bis zu einer Entfernung von zwanzig Kilometern auftauchte. Außerdem durchpflügten an beiden Seiten des U-Bootes Infrarot-Aufklärer die Tiefe nach allen Richtungen und sandten ihre Meldungen ebenfalls auf den Bildschirm.
Das Sargassomeer ist sehr tief, und eine passende Stelle für unterseeische Forschungsarbeiten zu finden, war sehr schwierig. Der Kapitän und der Zoologe hatten nur wenig Hoffnung, eine größere Bodenerhebung auf dem Meeresgrunde zu entdecken.
Im Steuerraum des U-Bootes hatte am folgenden Morgen Leutnant Krawzow Dienst. Er stand vor dem Steuerpult und schaute auf den Bildschirm, auf dem die Umrisse großer und kleiner Fische und der zahlreich treibenden Tange zu erkennen waren.
Der Leutnant sah immer wie aus dem Ei gepellt aus. So auch heute. Die vergoldeten Knöpfe seiner weißen Uniform und die „Krabbe“ an seiner Mütze glänzten; Manschetten und Kragen waren blendend weiß. Die Wäscherei an Bord des U-Bootes, mit modernsten Waschmaschinen ausgestattet, arbeitete vorzüglich, aber den Leutnant befriedigte sie offenbar nicht ganz. Er polierte eigenhändig seine Manschetten und Kragen noch auf Hochglanz.
Der junge
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