Das Geheimnis zweier Ozeane
Offizier schaute vom Bildschirm auf die Meßgeräte der Signalvorrichtung neben dem Steuerpult. In der gläsernen Verkleidung eines Gerätes spiegelte sich für einen Augenblick ein glattrasiertes breites Gesicht mit der kleinen Nase, dem schwarzen Backenbart und den lustigen braunen Augen unter dünnen Brauen.
Die zahlreichen Meßgeräte zeigten an, daß alle Maschinen und Apparate des U-Bootes zufriedenstellend arbeiteten. Es ging auf Mittag zu, und die Nadel des Entfernungsmessers hatte auf der Karte schon fast das ganze Sargassomeer von Nord bis nach Süd punktiert.
In einer Ecke, neben einem Gewirr von Kabeln, die an dem Steuerpult zusammenliefen, arbeitete Marat Bronstein. Er untersuchte aufmerksam ein Verbindungskabel, das zum Gefechtsstand am Heck, in dem die Ultraschallkanone stand, führte. Die Verbindung klappte schlecht, und der Akustiker Ptizyn, der die Kanone bediente, forderte eine sofortige Beseitigung des Defekts. Marat mühte sich schon eine ganze Stunde ab. Der Elektroingenieur Kornejew rief ihn dauernd an und gab ihm schließlich einen Verweis:
„Klappt es immer noch nicht, Genosse Bronstein? Eine solche Kleinigkeit … Ich gebe Ihnen noch fünfzehn Minuten Zeit. Wenn Sie es bis dahin nicht geschafft haben, sehe ich mich gezwungen, Sie durch Kramer ablösen zu lassen!“
Marat schämte sich. Er klemmte sich eine Lupe ins Auge und begann von neuem, das Kabel zu untersuchen. Da, kaum einen Meter von der Einführung entfernt … Nein, das war zuviel! Das war unverzeihlich! Marat schlug sich wütend mit der flachen Hand gegen die Stirn und schimpfte sich einen Dummkopf. Die Isolierung des Kabels war an einer winzigen Stelle beschädigt, so daß es hier die benachbarten metallenen Geräte berührte.
„Was ist los, Marat?“ fragte der Leutnant.
„Ich hab’s gefunden!“ rief der junge Elektriker zufrieden.
Nach zwei Minuten war alles wieder in Ordnung. Ptizyn war besänftigt. Marat rief sofort Kornejew an und meldete ihm die Beseitigung des Kabelschadens.
„Sehr gut“, hörte man Kornejews Stimme. „Essen Sie jetzt aber erst Mittag, sonst wird es zu spät.“
Marat. wollte gerade gehen, als der Leutnant leise durch die Zähne pfiff. Marat schaute auf den Bildschirm. Vor dem U-Boot jagte in südlicher Richtung der riesige Schatten eines Wales dahin.
Seine breite Schwanzflosse peitschte mit unvorstellbarer Kraft die Wellen. Aus dem breiten Rücken ragte eine dicke Harpune, von der eine straff gespannte Leine zur Meeresoberfläche führte. Unmittelbar hinter dem Wal zeigte der Bildschirm einen kleinen Dampfer, aus dessen Schornstein dicke Rauchwolken qualmten. Das Schiff war in einem kläglichen Zustand. Es jagte in der gleichen Richtung wie der Wal dahin. Der Bug stand unter Wasser, das Heck ragte nach oben; auf dem Deck liefen Menschen durcheinander, sie hielten Beile in der Hand. Offenbar wollten sie auf die Back gelangen. Manchmal hob sich der Bug hoch über die Wellen, so daß von der Back das Wasser in breiten Strömen herunterflutete. Dann konnte man für kurze Zeit die Harpunenkanone und die straff gespannte Leine am Vordersteven sehen. Aber im nächsten Augenblick senkte sich der Bug mit der Kanone wieder ins Wasser, und das Schiff sauste mit hocherhobenem Heck hinter dem Wal her.
„Da kann man ja den Verstand verlieren!“ rief der verblüffte Marat. „Was ist denn da los?“
„Worum handelt es sich?“ fragte der Zoologe, der gerade an der halbgeöffneten Tür vorbeiging. „Darf man eintreten?“
„Bitte, bitte sehr“, sagte der Leutnant schnell. „Ein interessantes Schauspiel.“
„Donnerwetter!“ rief Lordkipanidse nach einem kurzen Blick auf den Bildschirm. „Tatsächlich ein seltenes Ereignis: Ein Wal zieht einen Walfänger hinter sich her. Teufel noch mal!“
Der Wal schnellte plötzlich nach oben, um gleich darauf mit scheinbar doppelter Kraft noch tiefer zu tauchen. Das Schiff bäumte sich zuerst auf, tauchte dann aber sofort so tief mit dem Bug ins Wasser, daß eine hohe Welle fast das halbe Deck bis zur Kommandobrücke überschwemmte und alles mit sich wegspülte.
Das Heck ragte so hoch in die Luft, daß man auf dem Bildschirm die sich rasend drehende Schraube sehen konnte.
Ein Mann der Besatzung war ins Meer gespült worden, andere rollten über das schiefe Deck und versuchten, sich festzuklammern.
„Die Maschinen des Schiffes laufen auf vollem Rückwärtsgang“, sagte der Leutnant, „aber dem Wal macht das gar nichts aus.
Unvorstellbar! Der
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