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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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Stelle, wo der Pottwal aufgetaucht war.
    Der lag fast unbeweglich auf der Oberfläche und stieß in dicken Strahlen zerstäubtes Wasser und Dampf aus. Nicht nach oben, wie alle anderen Wale, sondern nach vorn und seitlich. Anscheinend war er sehr ermüdet und wollte nun ausruhen. Pawliks Taucherhelm ragte etwas aus dem Wasser hervor, und mit klopfendem Herzen drehte der Junge den Kopf zur Seite und schaute hinter sich.
    Der Dampfer kam langsam näher. Pawlik erkannte an seinem Bug eine Harpunenkanone.
    Hier, an der Oberfläche, konnte der Junge endlich Umschau halten, um das Rätsel seines Rittes auf dem Pottwal zu lösen. Plötzlich schrie er vor Verwunderung auf. Jetzt wurde ihm klar, was ihn so am Körper des Pottwals festhielt. Eine abgebrochene Harpune, die in der Seite des Tieres steckte, war zufällig durch den Ring geschlüpft, an dem die Scheide seines verlorenen Buschmessers hing. Der Harpunenstiel hatte sich so fest in den Ring geklemmt, daß Pawlik am Körper des Pottwals wie angenagelt war. Ebenfalls erst jetzt bemerkte er, daß der Deckel des Steuergerätes vom Gürtel herabhing und die Knöpfe und Hebel freilagen. Wahrscheinlich hatte er noch im Innern der Karavelle in seiner Erregung den Deckel versehentlich geöffnet. Pawlik klappte gedankenlos den Deckel zu und widmete seine ganze Aufmerksamkeit den Vorgängen auf dem Ozean. Er sah, daß der Dampfer sich dem Pottwal langsam näherte und neben der Bugkanone Menschen hantierten; offenbar wollten sie eine Harpune abschießen.
    Pawliks Atem stockte …
    Gleich würde der Schuß krachen und den Pottwal treffen. Ihn, Pawlik, würde man an Bord nehmen … Woher kommst du, Junge? Er wollte ja nicht, daß der Pottwal ihn an die Oberfläche brachte. – Was für einen herrlichen Taucheranzug du hast! – Man würde ihm den Taucheranzug fortnehmen. Pawlik, das war Verrat! Das war schändlich! Was würde später der Kapitän sagen. – Und die anderen auch. – Aber was sollte er tun? Der Pottwal war ermattet, er schlief. Er würde nichts von der ihm drohenden Gefahr bemerken. Sollte er versuchen, sich von ihm zu lösen? Aber was sollte er in der Meerestiefe ohne Licht, ohne Waffen und ohne Funkgerät machen? Er würde umkommen! Dann lieber mit dem Pottwal gemeinsam. Nur nicht den Taucheranzug preisgeben. –
    In einem verzweifelten Entschluß schlug Pawlik mit der Faust auf die Harpune, an der er hing.
    Der Pottwal zuckte zusammen; er wirbelte den Schwanz hoch in die Luft und ließ ihn mit solcher Wucht flach aufs Wasser niedersausen, daß man vermeinte, eine Artilleriesalve zu hören.
    Vor Schmerz schoß das riesige Tier, den Kopf voran, zusammen mit Pawlik in die Tiefe. Benommen und einer Ohnmacht nahe hing der Junge zusammengekauert an der Seite des Wales.
    Die letzte Hoffnung, gerettet zu werden, war entschwunden. Er selbst hatte auf seine Rettung verzichtet. Wohin jagte jetzt der gereizte Pottwal? Wie lange noch konnte Pawlik diese wilde Jagd aushalten? Wie lange würde die Atmungsluft im Behälter des Taucheranzuges reichen? Und die Lebensmittelration?
    Er fühlte plötzlich Hunger. Vor dem Verlassen des U-Bootes hatte er gut gefrühstückt. Seitdem waren aber bestimmt schon acht Stunden verflossen. Seine Thermosflasche war mit Kakao gefüllt, aber man mußte damit haushalten. Jetzt wollte er nur drei oder vier Schluck trinken.
    Der Pottwal schwamm in geringer Tiefe. Er hatte sich noch nicht beruhigt und bewegte heftig die Schwanzflosse. Es war ziemlich hell. In einer Tiefe von hundert oder hundertundzwanzig Metern herrschte am Tage im Sargassomeer ein smaragdgrünes Dämmerlicht.
    Als Pawlik auf den Knopf für die Thermosflasche drückte, stutzte er plötzlich. Welch unverzeihliche Dummheit! Er hatte doch an die ,Pionier‘ gefunkt, sein Funkgerät aber war auf die Welle des Zoologen, Skworeschnjas und Marats eingestellt. Nur mit ihnen hatte er am gesunkenen spanischen Schiff gesprochen! Wie konnte er das nur vergessen haben? Er hatte später das U-Boot angerufen, ohne sein eigenes Gerät auf die Welle der ,Pionier‘ einzustellen!
    Mit zitternden Händen befühlte Pawlik das Steuergerät. Das Funkhebelchen war nicht an seinem Platze. Pawlik krümmte sich zusammen und versuchte, das Gerät genauer zu betrachten. Aber die Heiligkeit im Wasser trog: In diesem Dämmerlicht der Tiefe verschwamm alles vor den Augen.
    Wo kann nur das Hebelchen stecken? dachte er. Ist es vielleicht abgebrochen? Aber wie? Ach, der Krake …! Natürlich, er muß es-gewesen

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