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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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der arme Junge? Unbegreiflich, wie er sich auf dem Pottwal hält! Ob sich Marat nicht geirrt hat? Vielleicht ist der Junge jetzt ganz woanders und wartet, hilflos oder sogar verletzt, daß wir ihm helfen.
    „Antworte, Pawlik! Antworte, Pawlik! … Hier spricht die ,Pionier‘ …“
    Der Zoologe strich sich nervös über den Bart.
    Die erzwungene Untätigkeit, die lähmende Stille und die scheinbare Reglosigkeit des Schiffes brachten ihn zur Verzweiflung. Mit großen Schritten durchmaß er den Steuerraum.
    „Pawlik! Pawlik! Hier spricht die ,Pionier‘ … die ,Pionier‘ … Antworte, Pawlik!“
    „Fünfzig Minuten, Alexander Leonidowitsch“, sagte der Zoologe mit einem Blick auf die Uhr. „Wieviel Meilen haben wir zurückgelegt?“
    „Einundfünfzig, Lord.“
    „Und nichts zu sehen … nichts zu sehen …“, seufzte der Professor und setzte seine Wanderung durch den Steuerraum fort. Plötzlich blieb er vor dem Kapitän stehen.
    „Kapitän, was wollen Sie tun, wenn wir auch nach weiteren zwanzig oder dreißig Meilen den Pottwal nicht finden?“
    Woronzow hob den Kopf und blickte schweigend auf den Zoologen. Dann antwortete er:
    „Ich werde dieses Biest schon finden. Ich muß mich davon überzeugen, ob der Pottwal den Jungen mit sich führt oder nicht … falls er ihn nicht unterwegs verloren hat.“
    Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:
    „Eins kann ich nicht verstehen. Warum benutzt Pawlik nicht seine Waffen? Er hat doch die Ultraschallpistole und die elektrischen Handschuhe, mit denen er gut umzugehen weiß. Ist er vielleicht verletzt?“
    Der Zoologe senkte den Kopf. Die Worte des Kapitäns steigerten noch seine Unruhe. „Ein so netter, guter Junge“, murmelte er bekümmert.
    „Antworte, Pawlik! Antworte, Pawlik! Hier spricht die ,Pionier‘ … Die ›Pio…‹“
    Aus der Funkerkabine hörte man plötzlich das Poltern eines umgeworfenen Stuhles; Pletnjows melancholische Stimme verstummte, schwoll dann aber gleich zu größter Lautstärke an:
    „Sprich, Pawlik! Ich höre dich! Ich höre dich! … Kommt alle her! Zu mir! Er ist es! … Wo bist du, Pawlik? Wo bist du, sprich nur, ich höre dir zu!“
    Alle, außer dem wachhabenden Offizier, stürzten aus dem Steuerraum in die Funkerkabine.

Zwölftes Kapitel
AUF DEM RÜCKEN DES POTTWALS
    P
    awlik öffnete die Augen, aber es war genauso finster um ihn wie mit geschlossenen Lidern.
    Der Druck, der auf Pawlik lastete, wurde etwas schwächer, und er hob mit Mühe den Kopf. Ihm schien, als schlage ein schwerer schwarzer Vorhang lautlos gegen die Vorderseite des Taucherhelms; sein Kopf pendelte hin und her, und manchmal schlug er schmerzhaft gegen die innere Wandung des Helmes.
    Das flutende Wasser drückte gegen seine Brust und seinen Kopf, warf die frei hängenden Beine zurück und riß ihn fast in die Finsternis hinab. Unter Pawlik erbebte gleichmäßig eine ungeheure schlüpfrige Masse, an deren Seite er auf unerklärliche Weise wie angeklebt festhing.
    Plötzlich Wurde ihm klar: Er saß auf dem Pottwal … er jagte auf dem gereizten Riesen dahin, der ihn mit einer einzigen Bewegung seiner mächtigen Schwanzflosse zu Brei schlagen konnte, ohne den Taucheranzug zu zertrümmern.
    Entsetzen erfaßte Pawlik; er kämpfte mit einem Ohnmachtsanfall. In seiner Verzweiflung drückte er Kopf und Brust an den Körper des Tieres. Der Wasserdruck wurde schwächer. Der Junge stöhnte laut auf, und das dröhnende Echo dieses Lautes im Innern des Helmes brachte ihn wieder zu sich.
    Der Junge biß sich auf die Lippen. Vielleicht arbeitete sein Funkgerät doch! Vielleicht gelang es ihm, mit irgend jemand Verbindung aufzunehmen! Im gleichen Augenblick schrie er laut auf, verzweifelt und doch voller Hoffnung:
    „Viktor Abramowitsch Pletnjow! Höre mich ,Pionier‘! Das bin ich, Pawlik! Rettet mich!“
    Mit zitternden Lippen lauschte Pawlik angespannt. Aber lähmende Stille umgab ihn. Er senkte wieder den Kopf auf den Körper des Pottwals und schluchzte laut.
    Ein Wirbel von Gedanken schoß ihm durch den Kopf.
    Der Pottwal entfernte sich vom U-Boot immer weiter und weiter … Das bedeutete den Tod … Man dürfte nicht auf dem Pottwal bleiben. Man müßte sich von ihm lösen. Aber wo war jetzt das U-Boot? Wo sollte man es in der ungeheuren Weite des Ozeans suchen? Konnte man vielleicht zur Oberfläche schwimmen? Das war ganz nah! Dort oben wäre er gerettet! Dort mußten Schiffe sein. Man würde ihn entdecken und retten … Woher kommst du, mein Junge? Welch

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