Das Geheimnis zweier Ozeane
Tatsächlich!“ rief er, neben Marat niederkniend.
„Das ist sie, die Schöne! Im Namen der Wissenschaft spreche ich dir meinen Dank aus, Marat! Gib sie her! Aber vorsichtig – zusammen mit der Fußscheibe … sie ist sehr zerbrechlich …“
„Halt!“ hörte man in diesem Augenblick Gorelows dröhnenden Baß. „Ich halte etwas am Schwanz fest! Kommen Sie schnell, Arsen Dawidowitsch! Ich glaube, es ist eine Neuentdeckung. Hat sich in den Schlamm eingewühlt. Beeilen Sie sich …“
Der Zoologe jagte in die entgegengesetzte Richtung, wo ihm neue Entdeckerfreuden zu winken schienen.
So verstrichen schnell und angeregt zwei Stunden, bis sich plötzlich Skworeschnja meldete:
„Wo seid ihr nur geblieben? Wir befinden uns schon auf dem Bergrücken. Seltsam sieht es hier aus! Kommt schnell alle her! Ich gebe jetzt die Richtung an.“
Eine halbe Stunde später waren alle auf einer hohen runden Felsplatte versammelt, die von Säulen aus einem unbekannten festen Gestein wie von Schildwachen umgeben war.
„Darf ich Sie darauf aufmerksam machen“, referierte Schelawin, „daß sich auf der Felsplatte kein Schlamm befindet. Die Platte ist glatt und sauber wie ein Tisch. Hier, eintausendfünfhundertundsechzig Meter unter der Oberfläche des Ozeans, wird der Schlamm zweifellos von einer Strömung fortgeschwemmt. Natürlich ist das eine Strömung, die, unseren Gezeiten vergleichbar, in regelmäßigem Wechsel und mit bedeutender Geschwindigkeit auftritt. Die Oberflächenströmungen sind in dieser Tiefe kaum bemerkbar und die Tiefseeströmungen zu schwach. Diese Gezeitenströme, wenn ich so sagen darf, furchen Schluchten und Täler aus und umspülen die Höhen und Felsen. Es ist sehr interessant, diese Landschaft zu untersuchen. Ich schlage vor, daß wir uns trennen und in verschiedenen Richtungen losgehen – nach Norden, Süden und Westen. Im Osten gibt es nichts Interessantes; wir sind von dort gekommen und haben auf dem Wege hierher nur ebenen Meeresboden gesehen.“
Schelawins Vorschlag wurde angenommen. Schelawin, Gorelow und Pawlik drangen westwärts in die Tiefe des Bergrückens, in das Labyrinth seiner Quertäler und Pässe vor. Der Zoologe und Matwejew schlugen die nördliche und Skworeschnja und Marat die südliche Richtung ein.
Lordkipanidse und Matwejew bogen rechts ein und verschwanden hinter einem Felsvorsprung. Skworeschnja und Marat stiegen einen steilen Hang hinauf und waren auch bald außer Sicht.
Schelawin schritt langsam die Ränder der Felsplatte entlang und schlug mit dem Beilrücken gegen die Säulen und Wände.
„Sehr interessant“, murmelte er in seinen Bart. „Hm … sehr interessant …“
„Was gibt’s hier Interessantes?“ fragte Gorelow. „Das ist Granit, mein Lieber! Offenbar ist dieser Bergrücken in frühester Vorzeit durch den Ausbruch magmatischer * Stoffe entstanden.“
Er steckte einen Granitbrocken in die Tasche und ging an einer glatten, matt schimmernden schwarzen Steinwand entlang. Nach Westen öffnete sich ein breiter Durchgang. „Ausgezeichnet!“ bemerkte Schelawin. „Das ist gerade das, was wir brauchen. Gehen wir jetzt durch diese Schlucht, so lange wie nur möglich. Aber passen Sie gut auf, hier kann man leicht abrutschen.“
Er betrat als erster die Schlucht, die hier ungefähr dreißig Meter breit war. Rechts und links türmten sich schwarze Granitwände. Ab und zu schwammen über den Köpfen der Wanderer phosphoreszierende Tiefseefische, Krebse und Weichtiere. Auf dem kahlen Boden der Schlucht und auf kleinen Felsvorsprüngen saßen hier und dort Seeanemonen und krochen langsam Seesterne und Ophiuren mit verästelten, wie Spitzenornamente aussehenden Armen. Aber weder Holothurien und Seeigel noch andere Bewohner des Schlammbodens waren hier zu sehen.
Manchmal verengte sich die Schlucht, und die Granitwände an beiden Seiten hingen bedrohlich über den Köpfen der Wanderer. Dann wurde es unheimlich im düsteren, schwarzen Bergspalt. Die Schlucht fiel steil ab, an vielen Stellen war der Boden von großen Felstrümmern bedeckt, und man konnte nur mit Mühe über sie hinwegklettern. Tiefe Schründe wechselten mit breiten Senken ab, die Pawlik mit klopfendem Herzen überschritt. Immer seltener huschten die leuchtenden Meeresbewohner vorbei, immer düsterer und öder wurde die Schlucht.
Die drei Taucher sprachen nur wenig miteinander. Zuweilen fingen sie Gesprächsfetzen der anderen Exkursionsteilnehmer auf. Schelawin, der schnell voranschritt, warnte
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