Das Geheimnis zweier Ozeane
Goldklumpen mitzunehmen. Wunderbare achteckige Kristalle von außergewöhnlicher Größe …“
„Iwan Stepanowitsch!“ unterbrach ihn Gorelow. „Warum haben Sie nicht auf meine Anrufe geantwortet? Ist Ihre Funkanlage beschädigt?“
„Ich wurde verschüttet, als ich mein Gespräch mit dem U-Boot gerade beendet hatte und mich mit Ihnen verbinden wollte. Die Klappe meines Befehlsgerätes war geöffnet, und die Schalthebel wurden durch Schlamm blockiert. – Und wie ist es mit Ihrem Sprechgerät, ist es etwa auch nicht in Ordnung?“
„Nein. Aber ich kann mir nicht erklären, weshalb. Möglich, daß es beim Sturz beschädigt wurde.“
„Schon denkbar. – Was macht Ihre Wunde?“
„Sie blutet nicht mehr. Ich fühle nur einen stechenden Schmerz in der Schläfe. Es wird wohl nichts Schlimmes sein.“
„Was sagten Sie eben? Ihre letzten Worte habe ich nicht gehört. Wahrscheinlich entfernen Sie den Kopf von der Helmwandung, so daß die Schallwellen mich nicht erreichen. Übrigens ist der Schlamm jetzt flüssig. Wie sieht’s bei Ihnen aus?“
„Bei mir ist er immer noch sehr zähe. Ich kann nicht schnell arbeiten. Die Schwäche …“
„Verlieren Sie nicht den Mut, mein Lieber! Sobald ich hier herausgekommen bin, werde ich zu Ihnen einen Gegenstollen graben. Ruhen Sie sich etwas aus, Sie brauchen sich nicht so zu beeilen. Stärken Sie sich noch mit einem Schluck Kakao.“
Darin irrte sich aber Schelawin. Gorelow hatte Eile, große Eile. Je näher die Rettung war, um so mehr spannte er seine letzten Kräfte an. Manchmal schien er einer Ohnmacht nahe zu sein, und Schelawins Stimme klang fern und undeutlich, aber er schaufelte sich mit erlahmenden Händen durch den Schlamm und kroch zentimeterweise vorwärts.
„Jetzt sind wir soweit! Uff! Endlich! Gleich bin ich durch!“ hörte er die ruhige, zufriedene Stimme des Ozeanographen.
Seine Rettung schien der Gelehrte als etwas Selbstverständliches und den ganzen Unglücksfall als ein wissenschaftliches Experiment anzusehen, dessen Ausgang für ihn von vornherein klar war. Alles wickelte sich so ab, wie er es sich gedacht hatte. Beobachtungs- und Kombinationsgabe, Selbstbeherrschung und Ruhe hatten ihn die Schwierigkeiten überwinden lassen.
Gorelow sah den Ozeanographen nun in einem ganz anderen Licht. Der Maschineningenieur empfand Achtung für ihn und war ihm zutiefst dankbar. Die Rollen hatten gewechselt: Er hatte Schelawin retten wollen, und nun rettete der ihn.
„Na, wie schaut’s bei Ihnen aus, Genosse Gorelow? Jetzt werde ich mich Ihnen entgegenwühlen – mit einem Meter Abstand von der Felswand. Sie brauchen nichts mehr zu tun, ruhen Sie sich aus. Es wird jetzt schnell gehen. Schade nur, daß ich meine Schaufel verloren habe!“
Es verging jedoch fast eine Stunde, bevor Schelawin Gorelow erreichte, da er sich allein den Weg zu ihm bahnen mußte; die letzte halbe Stunde antwortete Gorelow nicht einmal auf die Fragen des Ozeanographen. Als Schelawin ihn endlich fand, war der Ingenieur ohne Besinnung. Selbst bis aufs äußerste erschöpft, mußte er den Bewußtlosen aus dem Schlamm herausziehen; er bettete ihn am Fuß des Hügels, öffnete die Tasche am Gürtel des Geretteten und ließ in dessen Taucheranzug Sauerstoff einströmen. Aber auch dies sonst sofort wirkende Mittel versagte diesmal. Gorelow blieb bewußtlos. Der Ozeanograph trank etwas Kakao, ruhte sich aus und schleppte dann auf seinem Rücken den großen kräftigen Mann aus der Schlucht. Aber bald war er völlig ermattet. Nur mit äußerster Mühe bewegte er sich auf dem steinigen Boden der Schlucht stolpernd und keuchend vorwärts. Schelawin war so erschöpft, daß er gar nicht mehr imstande war, sich zu freuen, als in der Ferne der rettende Strahl des Scheinwerfers aufleuchtete und ihm einige heftig gestikulierende Gestalten entgegenstürzten. Freude fühlte er erst, als man von seinem Rücken Gorelows Körper nahm und er mit geschlossenen Augen, einer Ohnmacht nahe, von den Armen seiner Freunde aufgefangen wurde.
Viertes Kapitel
ZWEI GELÜFTETE GEHEIMNISSE
N
a ch dem Bombenangriff im Sargassomeer hatte das U-Boot seine Fahrt fast zwölf Tage nicht unterbrochen. Während dieser Zeit wurde die riesige Fläche des ozeanischen Bodens zwischen der unterseeischen Gebirgskette und der afrikanischen Kontinentalböschung erforscht. Es wurden einige verhältnismäßig hohe Berge, Plateaus und Senken entdeckt. Zahlreiche Messungen des Ozeanographen vermittelten eine genaue Vorstellung
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