Das Geheimnis zweier Ozeane
nicht ernstlich … Ob die Schlammdecke, unter der ich begraben liege, sehr dick ist …? Ich muß um Hilfe bitten … allein komme ich hier nicht heraus …
Er fühlte sich sehr schwach; über seine Schläfe rann etwas Warmes, wahrscheinlich Blut. Gorelow schloß die Augen und lag einige Minuten regungslos da.
„Bu – bu – bu … bu – bu – bu …“, klang es ihm von irgendwoher schwach in die Ohren.
Ich muß um Hilfe bitten, dachte er wieder, war aber zu schwach, um auch nur ein Wort zu sagen. Das merkwürdige Geräusch war noch da. Vielleicht war es das Rauschen seines Blutes. Plötzlich hörte es auf. Gorelow versuchte zu sprechen; seine Stimme klang dumpf und leise: „Hallo! – Hier spricht … Gorelow …“
Er schwieg und lauschte. Niemand antwortete.
Sie hören mich nicht, ich muß lauter sprechen, dachte er. Er wartete eine kurze Zeit und rief, so laut er konnte:
„Genossen! Rettet mich, ich bin verschüttet …“
Erschöpft verstummte er und horchte mit klopfendem Herzen.
Aber lastende Stille herrschte ringsum..
Gorelow schloß die Augen. Seine Gedanken jagten sich.
Sie hören mich nicht … warum nicht …? Ist mein Funkgerät beschädigt? Was soll ich nur machen?
„Bu – bu –- bu …“, da war es schon wieder, das seltsame Geräusch, das sich wie ein dumpfes Gemurmel anhörte. Diesmal schien es von unten zu kommen. Gorelow fuhr zusammen, hob den Kopf. Ganz plötzlich hörte das unverständliche Geräusch wieder auf. Der Maschineningenieur war davon überzeugt, daß es keine Sinnestäuschung war. Nein, die Töne kamen von außen, von unten herauf, als bewege sich etwas unter ihm. Er horchte lange angespannt, doch das Geräusch wiederholte sich nicht.
Erschöpft ließ Gorelow den Kopf sinken. Was bedeutete dieses merkwürdige Bu – bu – bu …? Welche Überraschungen bargen diese geheimnisvollen, unerforschten Tiefen noch? Er dachte an die Krabbe; auch im Schlamm lebten viele Meerestiere, Holothurien, Seeigel, zwar Kleingetier nur, aber konnte nicht ein neues, der Meereskunde noch unbekanntes Lebewesen auftauchen?
„Bu – bu … bu – bu … bu – bu …“
Gorelow horchte, ohne sich zu regen. Er dachte jetzt nur daran, wie man dieser neuen drohenden Gefahr begegnen konnte. Mußte es aber unbedingt eine Gefahr sein? Vielleicht bohrte nur irgendein harmloses Geschöpf unter ihm im Granit, und er brauchte sich gar nicht zu ängstigen? Lord hatte einmal erzählt, es gäbe eine Molluskenart, die in den harten Küstenfelsen Vertiefungen, ja ganze Höhlungen ausbohre. Vielleicht hatte dieses Geräusch seine Ursache darin, daß eine Bohrmuschel unter ihm den Felsen ausnagte.
Gorelow faßte wieder Mut. Die Geräusche verstärkten sich nicht. Folglich kam ihm ihr Urheber nicht näher. Es war wohl nur die friedliche Tätigkeit eines Tieres. Gern hätte er es genauer gewußt.
Der Maschineningenieur fühlte sich etwas frischer. Er versuchte, seinen Körper aufzurichten, aber es gelang ihm nicht. Wahrscheinlich war die Schlammdecke, unter der er begraben lag, zu dick. Dagegen gab der Schlamm rechts und links von ihm nach.
Gorelow beschloß, seitlich einen Ausgang zu suchen. Neue Hoffnung beseelte ihn, und er achtete nicht mehr auf die Geräusche, die regelmäßig wiederkehrten. Er begann mit aller Kraft den Schlamm wegzudrücken. Schon nach wenigen Minuten hatte er vor sich eine kleine Vertiefung ausgeschaufelt. Im trüben Licht seiner Stirnlaterne fraß er sich wie ein Wurm durch den lockeren Schlamm. Nach einer halben Stunde angestrengter Arbeit hatte er sich schon fast einen halben Meter fortbewegt.
Es gelang ihm sogar, am Gürtel die Tasche zu öffnen und auf dem Steuergerät den Knopf „Nahrung“ zu drücken. Ein paar Schlucke heißen Kakaos erfrischten ihn ungemein. Die Atmungsluft im Taucheranzug war ausgezeichnet. Wie war er doch jetzt Skworeschnja für seine Fürsorge dankbar. Der flüssige Sauerstoff reichte noch lange Zeit.
Gorelow machte eine kleine Pause und ruhte sich etwas aus. Mit frischen Kräften begann er wieder zu arbeiten, aber kaum hatte er sich ein paar Zentimeter weiter durch den Schlamm gezwängt, als seine metallenen Finger auf Stein stießen. Im ersten Augenblick durchfuhr ihn ein eisiger Schreck, aber dann setzte er seine Bemühungen fort in der Hoffnung, es handle sich bei dem Hindernis nur um ein kleines Felsstück. Er begann oberhalb desselben den Schlamm wegzuräumen. Gorelow arbeitete verbissen und legte nur kleine Pausen ein, aber das
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