Das Geheimnis zweier Ozeane
erhält.“
Als Gorelow nach einem zweistündigen Gespräch mit Zoi das Laboratorium verließ, war er schwer beladen. Er betrat seine Kajüte, schloß sorgfältig hinter sich die Tür und legte mit einem Seufzer der Erleichterung seine Last auf einen runden Tisch, der in der Mitte des Raumes stand. Die Kajüte war klein, länglich, mit einer Koje und einem Kleiderschrank an der rechten Wand. An der linken Wand stand unter einem Spiegel ein Waschtischchen. Über der Koje hing ein künstlerisch ausgeführtes Aquarell – das Porträt einer jungen Frau mit einem zarten, schönen Gesicht und herrisch blickenden schwarzen Augen. Gegenüber der Tür, an der Wand, stand unter einem großen runden Bullauge, das im Augenblick durch die Außenklappe völlig verdeckt war, ein kleiner Schreibtisch mit einer veralteten Schreibmaschine und einem zweiten Porträt der jungen Frau.
Gorelow ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen und preßte den Kopf zwischen die Hände. So saß er lange mit geschlossenen Augen und zuckte manchmal wie unter heftigen Schmerzen zusammen. Nach längerer Zeit erhob er sich und stand ein paar Sekunden mit gesenktem Kopf am Tisch. Dann schien er einen Entschluß gefaßt zu haben. Er vertiefte sich in die mitgebrachten Bücher, Alben und Atlanten. Drei Stunden lang studierte er sie sorgfältig, machte sich Notizen und legte Listen an.
Schließlich stand er vom Tisch auf, reckte sich und beschäftigte sich mit dem Exkursionsrucksack. Er untersuchte sorgfältig die äußeren und inneren Taschen mit den Geräten und Vorrichtungen, entleerte eine Tasche und verstaute ihren Inhalt in eine andere. Nach dieser Arbeit ging er zum Schreibtisch, blieb aber auf halbem Wege stehen und prüfte, ob die Tür gut verschlossen war, horchte und, beruhigt durch die im Gang herrschende Stille, setzte er sich an den Schreibtisch. Hier rückte er die Schreibmaschine zu sich heran. Er nahm sie auseinander, bis ein kleines Metallkästchen in der blaugrauen Farbe der Schreibmaschine zum Vorschein kam. Gorelow nahm es heraus und setzte die Schreibmaschine wieder zusammen. Dann überprüfte er sie; alles funktionierte wie immer, man konnte nicht ahnen, daß aus ihr etwas entfernt war. Der Ingenieur nahm das Metallkästchen, wog es nachdenklich in der Hand und murmelte:
„Der Wasserdruck ist gewaltig! Wird es ihm standhalten? In dem Sargassomeer, nahe der Oberfläche, da ging es noch …“
Er fuhr durch den Klang seiner eigenen Stimme zusammen, schaute sich erschrocken um und kehrte zum Rucksack zurück. Das Metallkästchen legte er in die leere innere Tasche und tarnte es mit einigen kleinen Werkzeugen. Den Rucksack schob er unter die Koje. Anschließend ging er in die Messe, um zu frühstücken.
Nach einer halben Stunde kehrte er zurück und zog seinen Arbeitskittel an. Dann öffnete er einen Kasten des Schreibtisches und klappte die untere Kastenwand zurück. Ein schmales Geheimfach wurde sichtbar. Gorelow entnahm ihm einige seltsam geformte Teile und verstaute auch diese in den verschiedenen Taschen des Rucksackes. Dann ließ er sich von Leutnant Krawzow einen Passierschein geben und betrat die Lazarettkajüte.
„Euren Segen, Ehrwürden!“ imitierte er die Baßstimme eines Diakons. „Ihren Segen erbitte ich zum Geleit, Arsen Dawidowitsch. Immerhin ist es der erste selbständige Ausflug Ihres Schülers.“
Der Zoologe lachte schallend.
„Den Segen haben Sie! Viel Erfolg wünsche ich! Hat Zoi Sie mit allem versorgt?“ Er streckte dem Ingenieur die Hand entgegen..
Erst jetzt bemerkte Gorelow den Kapitän, der abseits saß.
„Verzeihung, Nikolai Borissowitsch! Ich habe Sie nicht gleich bemerkt!“
Der Kapitän lächelte freundlich.
„Macht nichts, Fjodor Michailowitsch. Ich schließe mich Arsen Dawidowitschs guten Wünschen an.“
„Alles Gute dann, Fjodor Michailowitsch“, sagte der Zoologe freudig erregt. „Ach, wie ich Sie beneide! Aber bald arbeiten wir wieder gemeinsam auf der nächsten Tiefseestation.“
Der Kapitän zuckte zusammen, er hob den Kopf und schaute den Zoologen fragend an. Dann senkte er wieder die Lider und strich sich nervös über sein helles Bärtchen.
Gorelow verabschiedete sich noch einmal und verließ den Lazarettraum, nachdem ihm der Zoologe noch eine Menge Hinweise auf den Weg gegeben hatte. Vor der nicht ganz geschlossenen Tür blieb der Maschineningenieur wie in Gedanken verloren stehen.
Er konnte gut hören, wie der Kapitän sagte:
„Arsen Dawidowitsch, ich hoffe, Sie
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