Das Geheimnis zweier Ozeane
von ihm ab. Aber ich behalte es im Auge. Ich habe eine seiner Ruderflossen gelähmt; es schlägt wild um sich … ich halte mich abseits von der Herde, im Dunkel, damit die Tiere mich nicht sehen …“
In diesem Augenblick löste sich in der Tiefe der Höhle eine Echse aus der Masse der anderen und schoß dem Ausgang zu, um im offenen Meer Rettung zu suchen. Über die Fläche ihres phosphoreszierenden Körpers huschte der dunkle Schatten eines menschlichen Körpers, und fast gleichzeitig hörte man Zois Stimme:
„Teufel noch mal! Sie reißen mich mit sich fort!“
Das Ungeheuer wandte sich scharf zur Seite und jagte, das fast zwei Meter lange Maul weit aufgesperrt, dem menschlichen Schatten nach.
„Alle Mann auf das vordere Tier zielen … Schall!“ hörte man Bogrows ruhige Stimme befehlen.
Die Schallsalve des ganzen Suchtrupps traf die Echse in dem Augenblick, als sie nach Zoi schnappen wollte. Ein kurzes krampfartiges Zucken ging durch den Körper des Meeresungeheuers, und wie ein Stein sank es vor den Tauchern herab.
Aber der Fluchtweg war gewiesen. Die ganze Herde warf sich in einem wirren Knäuel zum Höhlenausgang. Nichts konnte, so schien es, diesem gewaltigen Anprall der riesigen Tiere widerstehen.
„Scheinwerfer einschalten!“ erscholl ein lautes Kommando.
Ein mächtiger, greller Lichtstrahl durchdrang die Finsternis und beschien die geballte Masse der Meeresungeheuer, ihre schlängelnden Hälse, ihre wild um sich peitschenden Schwänze, ihre funkelnden, teleskopartigen Augen. Wie unter einem furchtbaren Schlag kam die lebende Lawine zum Stehen. Die Tiere zuckten mit den Köpfen zurück, warfen sich mit den krallenbewehrten Ruderflossen auf den Rücken und schwammen langsam in die Tiefe der Höhle. Sie waren geblendet, entkräftet. Einige sanken mit hängenden Hälsen zum Höhlengrund. Über der Herde jagte Zois metallglänzende Gestalt dahin; er suchte das Tier, das den Gelehrten umschlungen hielt.
„Jetzt hab’ ich dich endlich …“, hörte man seine triumphierende Stimme. „Du entwischst mir nicht mehr, du Kanaille …“
In der Mitte der langsam schwimmenden Tierherde schien es zu brodeln. Ein riesiger Schwanz schnellte empor und schlug rasend um sich. Aus der dunklen Masse der Meeresungeheuer löste sich plötzlich ein kleiner, bläulich schimmernder Körper und begann schaukelnd zum Höhlengrund zu sinken. Zoi umkreiste die Herde, schwamm unter ihr hindurch und fing den fallenden Körper auf. Wie ein Pfeil schoß er damit auf den Suchtrupp zu.
„Da ist er …“, keuchte Zoi, plötzlich stoppend. „Da ist er!“ wiederholte er und übergab Skworeschnja den reglosen Körper des Zoologen.
Der Suchtrupp trat langsam den Rückzug aus der Höhle an. Voran schritt Skworeschnja mit Lordkipanidse auf den Armen. Oberleutnant Bogrow ließ alle an sich vorbei. Marat hielt im Strahl des Scheinwerfers noch einige Meerechsen, den Rest der großen Herde, gebannt. Sie drängten sich am gegenüberliegenden Ende der Höhle zusammen und verbargen ihre Köpfe vor den Strahlen des Lichtes.
„Scheinwerfer ausschalten!“ befahl nun der Oberleutnant und half Marat, das Gerät auf die Schultern zu legen. Er warf noch einen letzten Blick in das Dunkel der Höhle, auf den Schauplatz einer in der Geschichte des alten Planeten Erde einzigartigen Schlacht. Dann setzte er seine Schraube in Bewegung und erreichte bald die strahlende Lichterkette, die dem offenen Ozean zustrebte.
Siebentes Kapitel
EINE LÜGE
D
er Zoologe strich sich über den Bart und ließ seinen Blick durch den blitzsauberen Lazarettraum gleiten.
„Ja ja, mein lieber Marat, jetzt muß ich selber all das in Anspruch nehmen, was ich hier eingerichtet habe. Man kann schon sagen, gar nicht schlecht. Wirklich, nicht übel …“
Marat hob den Kopf, schaute den Gelehrten gedankenverloren an und starrte wieder vor sich hin.
Er war gekommen, um den Zoologen zu besuchen, der sich von der Entführung durch die Meerechsen noch nicht ganz erholt hatte.
Nach dem so dramatisch verlaufenen Abenteuer des Gelehrten war Marat nicht wiederzuerkennen. Sonst immer guter Laune und gesellig, sonderte er sich von den Kameraden ab und verbrachte jede freie Minute in seiner Kajüte. Offenbar quälte ihn irgendein neues Problem, das er sich sehr zu Herzen nahm und das mit solcher Kraft von ihm Besitz ergriffen hatte wie noch keines seiner bisherigen Projekte.
Marat rieb sich die Stirn und sagte nachdenklich:
„Sie meinen also, nicht übel eingerichtet?
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