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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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erkannte ihn sofort. In einiger Entfernung vom Kreuzer erhob sich aus den Wellen ein riesiger Ozeandampfer mit vier Schornsteinen.
    „Aufklärer zurücknehmen! Drei Zehntel der vollen Geschwindigkeit!“ befahl der Kapitän.
    Er drückte auf einen Knopf neben einem kleinen ovalen Bildschirm unterhalb des Steuerpults. Auf dem Bildschirm erschien der Gefechtsstand der Ultraschall-Bugkanone. Tschishow, der dicke Chefakustiker, saß in seinem Drehsessel. Vor ihm leuchtete die Fläche eines Bildschirms mit den scharfen Umrissen des Kreuzers und des Dampfers und zahlreicher Kutter, Rettungsboote und Schaluppen, die zwischen den beiden Schiffen hin und her flitzten. Hoch am Himmel kreiste wie ein Raubvogel ein großes weißes Flugzeug mit grellroten Ringen unter den Tragflächen.
    „Alle Mann gefechtsbereit!“ befahl der Kapitän mit heller Stimme. „Angriffsziel: der Kreuzer! Schallfrequenz: Metall! Nur Metall! Menschen schonen!“
    „Zu Befehl! Nur Metall!“ bestätigte Tschishow und machte sich an der Kanone zu schaffen.
    „Schiffsboden bis zur Wasserlinie beschießen! Mit halber Fahrt voraus! Achtung!“
    In fünfhundert Meter Tiefe näherte sich das U-Boot geräuschlos dem Panzerkreuzer, dessen Geschützrohre nach allen Seiten gerichtet waren.
    Auf dem Bildschirm sah man deutlich Marineinfanterie an Deck und einige Offiziere, die von der Kommandobrücke aus den Ozean beobachteten.
    Auf. dem Dampfer zogen steuerbord zwei Hebewinden ein breites Metallnetz mit leeren, großen Maschen aus dem Wasser und rollten es zusammen … Man konnte sehen, daß auch backbord zwei Winden das gleiche taten. Es war klar: Der Dampfer – der schwimmende Stützpunkt des Kreuzers – barg die Reste des Torpedonetzes.
    „Stopp!“ befahl der Kapitän; das U-Boot blieb unbeweglich liegen. „Achtung! Schall!“
    Der Gefechtsstand der Ultraschall-Bugkanone, der Steuerraum und gleich darauf das ganze U-Boot waren von einem tiefen, melodischen Summen, wie vom Geräusch einer riesigen Dynamomaschine, erfüllt.
    Im ersten Augenblick änderte sich nichts am Aussehen des Kreuzers. Die Ultraschallkanone schoß zunächst mit halber Leistung.
    Plötzlich entstand unter den Offizieren auf der Kommandobrücke Bewegung. Sie verließen fluchtartig die Brücke und liefen aufs Deck. Bug und Heck des Kreuzers hoben sich langsam, die Schiffsmitte sackte allmählich ab, und die eleganten geraden Linien der Deckaufbauten krümmten sich bogenförmig. Auf dem Schiff brach eine Panik aus.
    Das ganze Kriegsschiff – vom Kiel bis zur Radioantenne – war deutlich auf dem Bildschirm des U-Bootes zu sehen. Der Kapitän und der Oberleutnant beobachteten, wie die Mitte des Unterwasserteils des Kreuzers sich dehnte und auseinanderstrebte. Kaum eine Minute nach dem Beschuß bog sich die ganze dem U-Boot zugewendete Schiffswand plötzlich nach außen und platzte dann wie eine riesige Blase. Ungeheure Wassermassen ergossen sich in das Schiffsinnere, in Maschinenräume und Munitionskammern.
    Der Mittelteil des Kreuzers sackte immer mehr ab. Der Ozean ließ sein Opfer – den herrlichen Kreuzer, den Stolz der kaiserlichen ostasiatischen Flotte – nicht mehr aus seinen Fängen.
    „Schall einstellen!“ Der Kapitän wandte sein bleiches Gesicht dem Oberleutnant zu und bemerkte:
    „Man muß den Menschen Zeit lassen, in die Rettungsboote zu gehen.“
    Der Kreuzer versank langsam in den Fluten, Bug und Heck bäumten sich immer höher empor. Kutter, Motorboote und Schaluppen füllten sich mit der Schiffsmannschaft. Von allen Seiten eilten zahlreiche kleine Wasserfahrzeuge, die bisher in der Ferne gekreuzt hatten, zum sinkenden Kriegsschiff. Vom Ozeandampfer kamen Rettungsboote herangerudert.
    Der Bordfunker stand in der Tür mit Funksprüchen in der Hand.
    „Was gibt’s?“ fragte der Kapitän.
    „Der Kreuzer ,Idzumo‘ sendet ununterbrochen SOS-Rufe. Er sinkt und gibt an, daß die rechte und linke Schiffswand aus unerklärlichen Gründen zerfließen und Wasser ins Schiffsinnere dringt.“
    „Gut, nehmen Sie weitere Funksprüche auf.“
    Der Kapitän schaute wieder auf den Bildschirm. Alle Decks waren jetzt menschenleer. Nur die einsame untersetzte Figur des Schiffskommandanten stand unbeweglich auf der oberen Brücke. Jetzt legte er salutierend die Hand an die Mütze. Die kleinen Wasserfahrzeuge um das langsam sinkende Kriegsschiff strebten fächerförmig in die offene See.
    „Gut“, sagte der Kapitän. „Alle anderen haben das Schiff verlassen.“ Dann befahl er

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