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Das Geheimnis

Das Geheimnis

Titel: Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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wobei er Yanagisawa vernichtende Blicke zuwarf. Auf Sanos Gesicht spiegelten sich Abscheu und Resignation. Kammerherr Yanagisawa rechnete damit, dass der Schauspieler um sein Leben flehen würde oder in letzter Sekunde versuchte, seinen Herrn zu beschuldigen, um sich selbst zu entlasten, doch ergeben fügte sich Shichisaburô in sein Schicksal. Als die Soldaten ihn zur Tür führten, drehte er sich noch einmal zu Yanagisawa um.
    »Ich würde alles für Euch tun.« Wenngleich sein Gesicht kreidebleich geworden war, spiegelte sich Liebe in seinen dunklen Augen, und in seiner Stimme lagen Achtung und Freude. »Jetzt habe ich sogar den Vorzug, für Euch sterben zu dürfen.«
    Dann war er verschwunden, und die Tür schlug hinter ihm zu.
    »Nun«, sagte Tokugawa Tsunayoshi, »ich bin froh, dass dieses … äh, Missverständnis ausgeräumt und diese unerquickliche Angelegenheit bereinigt ist. Rückt zur Seite, sôsakan-sama. Und Ihr, Yanagisawa-san, kommt her zu mir und setzt Euch neben mich.«
    Doch Kammerherr Yanagisawa war noch immer so benommen, dass er sich nicht rührte und Shichisaburô hinterherstarrte. Der Schauspieler hatte für ihn, den Kammerherrn, das höchste aller Opfer gebracht. Statt Erleichterung zu verspüren, wurde Yanagisawa von einer Woge des Bedauerns und Entsetzens erfasst. Ihm wurde bewusst, dass er soeben den einzigen Menschen vernichtet hatte, der wirklich etwas für ihn empfand. Zu spät erkannte der Kammerherr den Wert von Shichisaburôs Liebe; zu spät sah er, welche Lücke der Tod des Jungen hinterließ.
    Komm zurück! , hätte er am liebsten gerufen.
    Einen Augenblick lang erwog er sogar, die Wahrheit zu sagen und zu gestehen, dass er und nicht der Schauspieler die Intrige gesponnen hatte; dann aber schwieg er. Yanagisawas Selbstsucht war größer als seine Liebe. Er erkannte, dass er tatsächlich ein so wertloser Mensch war, wie seine Eltern damals behauptet hatten. Gewiss hatten sie ihm deshalb ihre Zuneigung verweigert.
    »Yanagisawa-san?« Die gereizte Stimme des Shôguns drang in die kummervollen Gedanken des Kammerherrn. »Ich sagte, Ihr sollt herkommen.«
    Yanagisawa gehorchte. Die gähnende Leere in seinem Inneren wurde noch düsterer, noch trostloser. Vor ihm lag ein Leben, das von Sklaven und Speichelleckern, politischen Verbündeten und Feinden, Vorgesetzten und Rivalen bevölkert war. Doch nun gab es niemanden mehr, der sein hungerndes Herz sättigen, seinen verwundeten Geist pflegen konnte. Ohne Liebe zu geben, ohne Liebe zu empfangen, war Yanagisawa dem Untergang geweiht.
    »Ihr seht schlecht aus«, bemerkte Tokugawa Tsunayoshi. »Fehlt Euch irgendetwas?«
    Yanagisawa nahm einem feindlichen Trio gegenüber Platz, das sich aus sôsakan Sano, Fürstin Keishoin und Priester Ryuko zusammensetzte. Der Kammerherr sah, dass die drei die Wahrheit über Shichisaburô kannten und dass ihnen bekannt war, welche Rolle er, Yanagisawa, bei der Verschwörung gespielt hatte. Die Schlacht war geschlagen, aber der Krieg ging weiter, und diesmal hatten Yanagisawas Feinde sich gegen ihn zusammengetan.
    »Mir fehlt nichts, mein Fürst«, sagte Kammerherr Yanagisawa.

    Hirata schlenderte durch den Kräutergarten des Palasts zu Edo, in den er Konkubine Ichiteru gebeten hatte. Eine triste graue Wolkendecke ließ keinen Sonnenstrahl durch, und die Sonne selbst war ein verwaschener, trüber Fleck über den Dächern der Palastgebäude. Krähen kreisten krächzend am Himmel. Frost hatte die Kräuterbeete verdorren lassen, doch ihr würziges Aroma lag noch immer in der Luft. Gärtner fegten die Gehwege, und in einer langen Hütte bereiteten der Palastapotheker und sein Gehilfe Heilmittel zu. Ichiterus Diener warteten am Tor. Diesmal hatte Hirata die Zeit und den Ort des Treffens bestimmt – einen Ort, der verhinderte, dass die Konkubine ihn erneut verführen konnte und der auf der anderen Seite Ungestörtheit für ihr vermutlich letztes Gespräch bot.
    Ichiteru stand allein an einem Teich, auf dem im Sommer der Lotus blühte. Hirata den Rücken zugewandt betrachtete sie die braunen ineinander verschlungenen Blätter und Ranken. Sie trug einen grauen Umhang, und ein schwarzer Schleier bedeckte ihr Haar. Hirata erkannte, dass Ichiteru sich seiner Anwesenheit bewusst war, denn sie straffte die Schultern, drehte sich aber nicht zu ihm um. Hirata war es nur recht: So konnte er ihr seine Meinung sagen, ohne Gefahr zu laufen, ihren Verlockungen zu erliegen.
    »Ihr habt Harume letzten Sommer das Gift gegeben, an

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