Das Geheimnis
Landschaften schmückten die Teakholz-Türen des deckenhohen butsudan, den überdies ein vergoldetes Pagodendach sowie Säulen mit Einlegearbeiten aus Perlmutt zierten. Es war ein Meisterstück an Hässlichkeit.
»Wo sollen wir den bloß hinstellen?«, flüsterte Reiko.
»An einen auffälligen Platz«, raunte Sano zurück.
Dieses Geschenk besiegelte den Bund zwischen ihm und Fürstin Keisho-in. Mit ihrer Unterstützung hoffte er den Shôgun überzeugen zu können, Reformen in Gang zu bringen, um die Bestechungsfälle in der Regierung zu bekämpfen und mehr für das Wohlergehen des japanischen Volkes zu tun. Außerdem brauchten sie einander, um dem Einfluss von Kammerherr Yanagisawa entgegenzuwirken, der bei dem Festmahl durch Abwesenheit glänzte. Nachdem seine Verschwörung fehlgeschlagen war, würde Yanagisawa sich vor Hass verzehren und noch versessener darauf sein, Sano und den Shôgun zu vernichten.
»Das ist der prachtvollste, schönste butsudan, den ich je gesehen habe«, erklärte Sano. »Wir danken Euch von ganzem Herzen, ehrenwerte Fürstin.«
Keisho-in kicherte. Höflich murmelten die Versammelten bewundernde Worte; dann sprachen Ryuko und seine Mitbrüder Segensgebete. Interessiert betrachtete Sano den gut aussehenden Priester: Auch Ryuko war ein wertvoller Verbündeter. Im Rahmen einer einzigen Ermittlung hatte Sano sich eine feste und starke Machtbasis geschaffen, von der aus er seine Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit gestärkt fortführen konnte.
Weitere Ansprachen folgten; es wurde viel gegessen und getrunken, musiziert und gelacht. Gäste kamen zum Podium, um dem Paar ihre guten Wünsche auszusprechen. Während einer Pause wandte Sano sich Reiko zu.
»Glücklich?«, fragte er.
Reiko lächelte. »Sehr.«
»Ich auch.« Es war der schönste Tag in Sanos Leben. Natürlich wusste er, dass ein solch perfektes Glück nicht ewig währen konnte. Bald warteten neue, gefährliche Ermittlungen auf ihn, sowie der ständige Kampf um seine Position auf dem politischen Schlachtfeld des Tokugawa-Regimes und schlimme und weniger schlimme Krisen im Leben und im Beruf. Doch an diesem Abend genoss Sano das Glück und die Fröhlichkeit. Mit so guten Freunden und Verbündeten schien der zukünftige Erfolg gesichert. Und gleich neben ihm saß die Quelle seines Glücks und seiner neuen Zuversicht.
»Geben wir einander ein Versprechen«, sagte er. »Was auch geschieht – wir bleiben stets Geliebte.«
Reiko drückte seine Hand und funkelte ihn verschmitzt an. »Und Partner«, fügte sie hinzu.
Weitere Kostenlose Bücher