Das geheimnisvolle Gesicht
Fahrzeug im Rückwärtsgang über den Abgrund gefahren ist. Das spräche doch gerade für einen Unfall!“
„Oder gerade dagegen!“ mischte sich jetzt Edward Hamilton ein. „Die Lady ist rückwärts gefahren, weil sie sonst vielleicht der Mut verlassen hätte, ihr Vorhaben auszuführen.“ Und entschieden beteuerte er noch einmal: „Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß sich die PARTLAND großzügig gezeigt hat.“ Wynham nickte zustimmend.
„Eine letzte Frage, Mister Wynham. Wie wurde die Versicherungssumme ausgezahlt?“
„In Form eines Barschecks auf die WESTERN CITY BANK.“
„Hier?“
„Nein, in Mister Burtons Büro in der Harrington-Street! Mister Cockfield und Mister Sangster haben den Scheck überbracht.“
Perry Clifton bedankte sich: „Ja, Mister Wynham, das wäre eigentlich alles. Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet.“ Charles Wynham erhob sich fast augenblicklich. Er schien erleichtert. „Es freut mich, daß ich Ihnen behilflich sein konnte.“
Als der Detektiv mit Hamilton wieder allein war, meinte der: „Da haben Sie’s! Nichts Neues im Fall Burton! Oder sind Sie nun schlauer, Mister Sherlock Holmes?“
„Das verrät Sherlock Holmes nicht. Eines jedenfalls kann ich Ihnen zu Ihrer Beruhigung schon jetzt sagen. Noch brauchen Sie sich nicht zu beunruhigen, noch muß die PARTLAND den Rest nicht zahlen..."
Edward Hamilton spreizte überrascht seine zehn dicken, kurzen Finger. „Was soll das heißen? Raus mit der Sprache!“
„Daß noch nicht feststeht, ob Claire Burton nicht eventuell doch durch einen Unfall ums Leben gekommen ist...“
Duncan Hill
Am Dienstag morgen — es war der 21. März — erinnerte nichts mehr daran, daß der Vortag laut Kalender den Frühlingsanfang verkündet hatte. Wenn es auch noch nicht regnete, so präsentierte sich der Himmel doch in einem schmutzigen Dunkelgrau (mit Neigung zu Schwarz), das mehr nach Wolkenbruch als nach Trockenheit aussah.
Es war genau 7 Uhr, als Perry Clifton seinen Wagen startete.
Von Norwood aus fuhr er in Richtung Dartford, wo er auf die A 20 einbog, jene Fernstraße, die über Chatham und Canterbury nach Dover führt.
Sein sorgfältig ausgetüftelter Zeitplan geriet schon kurz hinter Faversham durcheinander. Nach einem Unfall (Milchauto gegen Überlandbus) war ein Stau entstanden, der eine kilometerlange Blechkarawane zur Folge hatte, in der sich auch sein Auto befand. Als er endlich die Stadtgrenze von pover passierte, war es bereits 10 Uhr vorbei.
Glücklicherweise hielt ihn der Betrieb in der Hafenstadt nicht sonderlich auf, so daß er eine Viertelstunde später die A 20 erreichte, die Straße, die an der Küste entlang von Dover nach Folkestone führt.
Es war die gleiche Straße, die am 23. September 1971 auch Claire Burton gefahren sein mußte.
Perry Clifton war so in Gedanken vertieft, daß er prompt Hinweisschild samt Abzweigung überfuhr. Er hielt sich scharf links und ließ einige Wagen, die sich hinter ihm gehalten hatten, vorbei. Dann rollte er vorsichtig im Rückwärtsgang zurück. Grobe Verkehrsgefährdung würde die Verkehrspolizei sein Vorgehen nennen, und Perry Clifton mühte sich darum, das zu empfinden, was man Schuldgefühl nennt.
Endlich konnte er links abbiegen.
DUNCAN HILL 1 MEILE stand auf dem verwitterten Schild.
Schon nach der ersten Biegung entdeckte er in der Ferne den Turm einer offensichtlich äußerst kleinen Kirche sowie mehrere ziegelgedeckte Dächer.
Das mußte Duncan Hill sein...
Daß es wirklich nur ein kleiner Ort sein konnte, hatte Clifton schon daran festgestellt, daß er auf seiner Autokarte nicht zu finden war.
Er bog in Duncan Hill ein. Eine saubere, schmale Straße, gepflastert mit Steinen aus Granit, führte zur Ortsmitte. Ringsum niedrige Häuser aus silbergrauem Kalkstein. Das nächsthöchste, nach der Kirche, besaß zwei Oberstockwerke.
Auf dem winzigen Platz standen drei Autos, eines davon ein Veteran, für den woanders sicher ein Liebhaberpreis bezahlt worden wäre. Zwei Kinder spielten neben den Autos. Ein junges Mädchen mit einem Korb in der Hand trat aus einem Haus, dessen Längsseite der Name GREYHOUND HOTEL zierte. Dabei sah das „Hotel“ eher nach einem umgebauten Pferdestall aus.
Clifton, der im Schrittempo gefahren war, stoppte, stellte den Motor ab und stieg aus. „Hallo, Miß!“
Das Mädchen drehte sich um und sah ihm entgegen. Sie war höchstens 17 Jahre alt. Als er noch wenige Meter von ihr entfernt war, sagte sie: „Wenn Sie ein
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