Das geheimnisvolle Gesicht
eindringlich, während seine Rechte nervös an dem Whiskyglas drehte. Es schien ihn sichtlich Überwindung zu kosten, Cliftons Aufforderung nach bedingungsloser Information Folge zu leisten.
Endlich nickte er, schob das Glas so heftig von sich, daß es überschwappte, und lehnte sich zurück.
„Einverstanden. —
Vor zwölf Jahren, es war 1960, beschlossen mein Bruder und ich die Gründung des Maklerbüros Burton & Burton. Ich war damals 38 Jahre alt, mein Bruder Ronald 26. Das Sprichwort: Aller Anfang ist schwer! traf selbstverständlich auch für uns zu. Aber... der Anfang lag bald hinter uns. Wir arbeiteten an manchen Tagen bis zu achtzehn, mitunter sogar zwanzig Stunden. Wir schliefen in der Kleidung und lebten ausschließlich aus Konservendosen. Ronald reiste durch die Gegend und graste alle Grafschaften nach Objekten ab, die wir landhungrigen Londonern anbieten konnten. Ich dagegen erledigte den Schreibtischkram. Von der Anzeige bis zur Steuer, von den Verhandlungen mit eventuellen Käufern bis hin zu den notwendigen Vorsprachen bei den Banken, wenn es ums Geld ging.
Bereits nach zwei Jahren besaßen wir etwas, wozu andere mitunter ein ganzes Leben brauchen — einen guten Ruf. 1963 waren wir so weit, daß wir die gesamte dritte Etage Harrington-Street 40 mieten konnten und die Zahl unserer Mitarbeiter auf siebzehn angewachsen war. Die ausgezeichnete Geschäftslage ließ es sogar zu, daß wir im Frühjahr 1964 dieses Haus hier in der Bull-Street kaufen konnten...“
James Pieter Burton beugte sich vor, ergriff sein Glas, nahm einen Schluck und stellte es, ohne es zu bemerken, in die kleine Whiskypfütze zurück, aus der er es hochgenommen hatte.
Dann fuhr er fort: „Ja... 1967 heiratete mein Bruder. Wir konnten es uns sogar leisten, daß er und seine Frau eine Hochzeitsreise von vier Monaten Dauer unternahmen.“
„Sie selbst sind unverheiratet?“ warf Clifton ein.
„So ist es. Das Leben als Junggeselle bringt doch manchen Vorteil mit sich...“ (Und noch mehr Nachteile! fügte Perry Clifton im Geiste hinzu.) „Sie sind ja ebenfalls unverheiratet, wie mir Sir Arthur sagte!“
„Noch!“ nickte der Detektiv und dachte dabei gleichzeitig an zwei Menschen: an Dicki Miller und Julie Young. Burton war mit seinen Gedanken schon weiter. Er hatte das „Noch“ gar nicht wahrgenommen. Mit einem Blick, als wolle er Clifton hypnotisieren, stieß er hervor: „Und dann war plötzlich alles aus. Päng!! Weg!! So, als sei nie etwas gewesen. 1969 stürzte Ronald während eines Besichtigungsfluges über Schottland ab... Wir wollten damals eine größere Fläche erwerben, um darauf Ferienbungalows zu erstellen…“
Perry Clifton schwieg.
„Es war ein einmotoriges Sportflugzeug. Zu spät stellte sich heraus, daß es der Besitzer nur oberflächlich wartete.“ Übergangslos, fast ohne Atempause, fuhr er fort: „Ich nahm Ronalds Frau Claire als gleichberechtigte Partnerin im Geschäft auf. Ich war der Meinung, daß ihr nichts so gut helfen würde wie Arbeit und eine andere Umgebung.“
„Kannte sie sich denn in der Branche aus?“
„Ich mußte sie anlernen. Aber sie war eine gelehrige Schülerin und stürzte sich mit wahrem Feuereifer, vielleicht sollte ich sagen: mit wahrer Verzweiflung in die Arbeit.“
„Wie alt war Ihre Schwägerin zu diesem Zeitpunkt?“
„26 Jahre...“
„Hat sie später wieder geheiratet?“
Burton schüttelte den Kopf. „Nein. Wenn ich sie daraufhin ansprach, lachte sie mich aus und sagte, daß ihr Arbeit und Geschwindigkeit zum Leben genügten.“
„Wie ist das zu verstehen: Arbeit und Geschwindigkeit?“ Um Burtons Mund war ein bitterer Zug, als er erklärte: „Das Einmaleins der Grundstücksmakelei erlernte sie in atemberaubender Geschwindigkeit. Und was die Geschwindigkeit als solche anbetraf: Sie hatte eine verhängnisvolle Leidenschaft für schnelle Autos. Oder anders formuliert: Sie liebte die Raserei mittels hochgezüchteter Motoren!“
Perry Clifton konstatierte: „Sie ist also ebenfalls tot!“
„Am 23. September 1971 verunglückte Claire mit ihrem Maserati tödlich. Ein hinterhältiges Schicksal führte dabei Regie. Es geschah nämlich nicht während einer ihrer üblichen Rasereien, sondern im Rückwärtsgang und mit einer Geschwindigkeit von zwei Kilometern pro Stunde.“
Mitten hinein in das von Verständnislosigkeit gezeichnete Gesicht Perry Cliftons sagte er: „Sie stürzte bei einem Wendemanöver über die Steilklippen von Duncan
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