Das geheimnisvolle Gesicht
Hill!“
„Duncan Hill? Nie gehört. Wo liegt das?“
„Duncan Hill ist ein winziges Nest zwischen Dover und Folkestone, an der A 20 gelegen... Ich befand mich zum Zeitpunkt des Unfalls in Edinburgh.“
„Was wollte Ihre Schwägerin in Duncan Hill. War es ein ganz gewöhnlicher Ausflug?“
„Dieses Geheimnis hat sie mit ins Grab genommen. Ich meine das Geheimnis, was sie in Duncan Hill wollte. Allen bekannt war nur, daß sie zur Fähre nach Dover wollte, um sich übersetzen zu lassen...“
„Wollte sie aus einem besonderen Anlaß nach Frankreich?“
„Ja. Sie sollte Trauzeugin sein bei der Hochzeit einer ehemaligen Schulfreundin. Sie hatte sogar schon eine Menge nicht gerade billiger Hochzeitsgeschenke eingekauft.“ Clifton fragte überrascht: „War Ihre Schwägerin Französin?“
„Ja, gebürtig aus Bordeaux, aufgewachsen in Paris. Ronald lernte sie in einem Pariser Reisebüro kennen, wo sie damals arbeitete. Sechs Wochen später waren sie verheiratet... Übrigens, einen Teil der Geschenke fand man später in dem völlig zertrümmerten Autowrack.“
„Einen Teil nur?“
„Die beiden wertvollsten fehlten. Sie werden wohl ebenso wie Claire aus dem Wagen geschleudert worden sein. Der Wagen selbst wurde gerade geborgen, als ich in Duncan Hill eintraf.“
„Und Ihre Schwägerin?“
„Von Claire fand man im Wagen den rechten Schuh und einen Fetzen ihrer Kostümjacke. Von ihr selbst fehlt bis heute jede Spur... Wie die Experten behaupten, sei das verständlich, da Brandung und Strömung bei Duncan Hill so stark sind, daß mit einem Wiederauftauchen nicht zu rechnen sei. Daß der Wagen geborgen werden konnte, war nur einem Zufall zu verdanken. Er war genau zwischen zwei Riffen eingeklemmt.“
„Steht es eigentlich fest, daß der Wagen von ihr selbst gesteuert wurde?“
„Darüber herrscht nicht der geringste Zweifel.“
„Augenzeugen dieses Unfalls gab es wohl nicht?“
„Doch“, erinnerte sich Burton, „es gab einen Augenzeugen. Ein alter Mann, ein ehemaliger Leuchtturmwärter, beobachtete das Drama aus allernächster Nähe. Er war es auch, der die Polizei benachrichtigte.“
Es dauerte eine ganze Weile, bevor Burton weitersprach. Er tat es leise und eindringlich: „Mister Clifton, was ich Ihnen jetzt sage und zeige, habe ich bisher noch niemanden wissen lassen.“ Er erhob sich und ging mit raschen Schritten zu seinem Schreibtisch.
Perry Clifton fühlte eine eigenartige Spannung. Dieser Burton verstand es wirklich, ihn mit kleinen Brocken zu füttern.
Der Detektiv konnte sehen, wie Burton eine Schublade aufschloß und ihr eine dickere Mappe entnahm. Schon auf dem Weg zurück zum Tisch zog er ein großformatiges Foto aus der Mappe und reichte es dann seinem Gegenüber.
Perry sah vor sich das aparte Gesicht einer dunkelhaarigen Frau mit ebensolchen großen Augen. Es handelte sich um eine ausgesprochen künstlerische Porträtaufnahme. Aber selbst unter Abzug der schmeichelnden Beigaben, die eine solche Aufnahme einem Schnappschuß voraus hatte — wie zum Beispiel Ausleuchtung, Pose und eine eventuelle Retusche blieb noch so viel übrig, daß man von einem schönen Gesicht sprechen konnte.
„Eine bemerkenswerte Erscheinung!“ gab Perry Clifton zu und nahm gleichzeitig ein zweites Foto entgegen.
Es zeigte Claire Burton vor einem funkelnagelneuen Sportwagen des Typs MASERATI. Zwischen einssiebzig und einsachtzig schätzte Clifton ihre Körpergröße, ihr Gewicht auf 110 Pfund. Es war eine seiner Angewohnheiten, auf solche Dinge ebenso zu achten wie auf besondere optische Merkmale wie Leberflecke, eingefärbte Haarsträhnen, auffällige Ringe oder Ketten und ähnliches.
„Mister Clifton, ich darf doch um äußerste Diskretion bit-«
ten...
„Das hatte ich Ihnen wohl schon zugesagt!“ gab der Detektiv zurück. In seiner Stimme schwang unüberhörbar Verärgerung. Burton sah erschrocken auf. Anscheinend kam ihm erst jetzt seine unüberlegte Bemerkung zum Bewußtsein, und erschreckt entschuldigte er sich: „Ich bitte um Vergebung, Mister Clifton, aber Sie werden meinen Zustand sofort begreifen...“ Er tippte auf die Mappe in seiner Hand. „Ich habe hier das LIVE-JOURNAL dieses Monats. Es enthält unter anderem eine Reportage über die diesjährige Basler Fasnacht.“ Er holte besagtes Journal hervor. Zwischen den Seiten steckte ein abgerissenes Kalenderblatt. Er schlug die markierten Seiten auf und hielt Clifton das Heft hin.
„Bitte, betrachten Sie sich das rechte untere
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