Das geheimnisvolle Gesicht
noch eine Frage ein, die Julie zwar schon beantwortet zu haben schien, doch Perry Clifton wollte sichergehen, daß es sich nicht nur um einen Zufall handelte.
„Julie, als eben das Telefon klingelte, nahmen Sie ab und meldeten sich. Was geschah dann?“ Julie Young grübelte nicht lange, sie ließ sich nicht einmal ihre Verwunderung anmerken.
„Eine sehr sympathische Stimme sagte sehr freundlich und in bestem Englisch: Hier ist das Hotel International, Basel, bitte bleiben Sie am Apparat, ich verbinde weiter! Zufrieden mit der Auskunft?“
„Zufrieden, Julie! Wie geht’s dem Altertum?“
Sie unterhielten sich noch gute zwanzig Minuten, in denen vor allen Dingen Julie sprach. Temperamentvoll und äußerst bildhaft schilderte sie die Auktion in Windsor, bei der es ihr gelungen war, zwei Rokokokommoden zu ersteigern. Und sie richtete herzliche Grüße aus von Tom und Jenny Harder. Am Schluß vergaß sie nicht, noch einmal zu erwähnen, daß er, Perry, gut auf sich aufpassen solle, da ja die Welt voller Strolche, Banditen, Gauner und Betrüger sei. Dazu lachte sie fröhlich...
Als das zweite Gespräch, Chelsea 4781, auf seinem Apparat ankam, war es zehn Minuten vor 20 Uhr.
„Hallo, Mister Clifton, sind Sie es?“
„Ja, Mister Burton!“
„Es tut mir leid, daß wir uns gestern verfehlt haben. Ich bin ziemlich spät aus dem Büro nach Hause gekommen. Haben Sie Neuigkeiten?“
„Sie scheinen mich mit einem Zauberkünstler zu verwechseln, lieber Mister Burton. Im Augenblick bin ich dabei, mir einen Plan zurechtzulegen. Heute habe ich gewisse Örtlichkeiten besichtigt und Erkundungen über Daten eingeholt. So weiß ich inzwischen, daß der Tag, an dem das Zeitungsfoto geschossen wurde, entweder Montag, der 21., oder Mittwoch, der 23. Februar war. Das ging ja bekanntlich aus der Bildunterschrift nicht hervor.“
„Finden Sie sie!“ stieß Burton auf der anderen Seite so heftig hervor, daß es mehr einem Befehl gleichkam als einer Bitte oder einem Wunsch. Er entschuldigte sich auch sofort: „Tut mir leid, Mister Clifton, wenn ich für einen Augenblick die Beherrschung verloren habe. Aber dieses Gesicht verfolgt mich auf Schritt und Tritt — mehr denn je!“
„Ich habe eine Frage, Mister Burton..:“
„Bitte, fragen Sie!“
„War Claires Bruder...“, er stockte... „Wie hieß er gleich?“
„Albert Lamatin!“
„War dieser Albert Lamatin zur Totenfeier seiner Schwester in London?“
„Nein, warum fragen Sie das?“
„Ich habe keinen besonderen Grund. Das war eine Frage, die ich schon stellen wollte, als wir uns das erste Mal unterhielten.“
„Albert kam erst drei Monate später. Er war in Ostasien gewesen. Seine Schwester und er hatten nicht viele Gemeinsamkeiten. Infolgedessen war sein Verhältnis zu meinem Bruder und zu mir auch nicht sonderlich herzlich, wie Sie sich denken können... Und wenn Sie mich fragen, wo er sich jetzt im Augenblick aufhält, dann müßte ich sagen: Ich habe nicht die leiseste Ahnung!“
„Hatte er keine Forderungen an Sie?“
„Forderungen welcher Art?“ Burton schien sichtlich irritiert, ja geradezu erschrocken.
„Ich meine als Erbe oder Miterbe seiner Schwester...“
„Nein! Ich habe nie mit ihm über Geld gesprochen. Er hat mich auch nie um Geld gebeten. Außerdem hatte seine Schwester kaum etwas zu vererben... Weil Sie gerade von Geld sprechen, Mister Clifton. Wenn Sie Mittel benötigen, sagen Sie es mir. Ich lasse Ihnen dann unverzüglich eine telegrafische Anweisung zukommen.“
„Okay, Mister Burton. Im Augenblick bin ich noch gut bei Kasse. Ich rufe Sie wieder an, sobald ich etwas weiß!“ Sie tauschten noch einige Höflichkeiten aus und beendeten das Gespräch.
Den dritten Anruf in dieser Stunde konnte Perry Clifton wieder ohne zentrale Vermittlung führen.
Johannes Gaitner meldete sich schon nach dem ersten Rufzeichen.
„Hier spricht Clifton!“
„Das hat mir mein sechster Sinn signalisiert. Deshalb war ich so schnell an der Strippe. Haben Sie Ihre ersten Konsultationen hinter sich?“
„Ja. Ich war im Hotel Kommerz, im Münchner Hof und im Hotel Alexander.“
„Ihrem begeisterten Tonfall nach zu schließen, war das Ergebnis gleich Null!“ meinte der Kommissar.
„Sie haben recht, soweit es das Kommerz und den Münchner Hof betrifft.“
„Wollen Sie damit kundtun, daß im Alexander...“ Clifton unterbrach ihn: „Halt, halt, Kommissar, nur keine voreiligen Schlüsse. Den letzten Bescheid erhalte ich um 22 Uhr. Dann
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