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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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daß er sich in der Rolle des Verfolgten wesentlich unwohler fühlte als in der Rolle des Verfolgers.
    So erreichte er 9 Uhr 15 das Hotel, in dem sich, wenn auch keine Entscheidung, so doch eine erste Hoffnung offenbarte.
    Der Schimmer einer Hoffnung...
    Er hatte seinen Vers von der Versicherung in London aufgesagt und die Fotos vor dem kleinen, gedrungenen Empfangschef ausgebreitet.
    Das Licht des Lüsters brach sich in dessen dicken Augengläsern, als er sich die Bilder betrachtete und sie dazu hochhielt...
    Das erste... das zweite... das dritte...
    Noch einmal das zweite... das dritte... das erste... Dann legte er das dritte neben das erste, die Ausschnittvergrößerungen neben die beiden Fotos mit dem Sportwagen. Er faßte mit der Linken das Porträt, mit der Rechten die Vergrößerung, und sein Kopf ging hin und her wie das Perpendikel einer Wanduhr: links — rechts — links — rechts...
    Perry fühlte, wie die übliche Erregung von ihm Besitz ergriff, wenn sich etwas anzubahnen schien.
    Aber bahnte sich wirklich etwas an?
    In der Miene des Betrachters arbeitete es. Er schien die Umgebung der kleinen Hotelhalle vergessen zu haben. Auf seiner Stirn bildeten sich immer wieder Falten, sein Mund verzog und bewegte sich wie zu einer geheimnisvollen Zwiesprache...
    Perry Clifton wagte kaum zu atmen: nur nicht stören. Er kam sich fast wie in einem Museum vor.
    Da nickte der Mann, langsam und bedächtig.
    Cliftons Stimme klang belegt: „Sie kennen die Frau wirklich?“
    „Kennen? Nein, aber ich muß sie gesehen haben!“ Seine Augen sahen durch Perry Clifton hindurch, als er mit dem gleichen langsamen Nicken wiederholte: „Ja, ich muß sie gesehen haben...“
    „Hier?“
    „Hier??“
    „Ja, vielleicht hat sie hier gewohnt! Vielleicht unter einem anderen Namen?“
    Breit, aber sicher kam es zurück: „Sie hat nicht hier gewohnt...“ Er nahm seine Brille herunter und begann die Gläser mit einem Lederläppchen zu putzen. „Sie hat nicht hier gewohnt, aber ich habe sie hier gesehen! Dessen bin ich sicher, mein Herr! Jawohl, eine der beiden Damen…“
    Perry Clifton glaubte zu träumen. Was hatte der Mann eben gesagt? Er wiederholte seine Frage laut: „Was haben Sie eben gesagt?“
    „Ich bin sicher, daß ich...“, er hauchte das rechte Glas an... „eine der beiden Damen hier im Hause gesehen habe!“
    Perry schluckte: „Welche bitte?“
    Der Finger des Mannes tippte vorsichtig auf die Vergrößerung des Zeitungsbildes. „Diese hier!“
    „Diese? Warum gerade diese?“
    „Ich erkenne sie an ihrem Schlapphut!“
    „Sie glauben nicht, daß es sich auf allen Fotos um die gleiche Dame handelt?“
    „Ich wage diese Frage nicht eindeutig zu beantworten, mein Herr. Das Risiko eines Irrtums erscheint mir zu groß! Ich stand zu weit weg. Aber ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen...“ Seine bis dahin ausdruckslose Stimme füllte sich mit Leben, wurde lauter, sicherer: „Mir fällt ein, daß sich Herr Sutter mit der Dame unterhalten hat... Ja, das hat er! Sie standen sich so nah gegenüber wie wir zwei jetzt!“
    „Und wer ist Herr Sutter?“
    „Einer unserer Portiers!“
    „Ist er da?“
    „Nein, leider nicht!“
    „Er hat also Nachtdienst... Wann kommt er in der Regel?“
    „In der Regel bei Nachdienst gegen halb zehn... Ich meine 21 Uhr 30... Nur heute kommt er nicht. Herr Sutter hat Urlaub!“
    Cliftons enttäuschter Gesichtsausdruck entfachte in dem Empfangschef maßlosen Eifer. Über seine Lippen zog sich in ganzer Breite ein Lächeln des Trostes, und aus seiner Stimme klang Überzeugung, als er versicherte: „Herr Sutter kann Ihnen bestimmt helfen!“ Er senkte seine Stimme zu einem geheimnisvollen Flüstern: „Er ist unser Computer! Der Gute vergißt nie was... Der hat ein unglaubliches Gedächtnis...“
    „Leider befindet sich der Mann mit dem unglaublichen Gedächtnis im Urlaub!“
    Der Empfangsschef schüttelte den Kopf. „Er ist ja nicht verreist. Er macht nur ein paar Tage Ferien zu Hause. Seine Frau ist zur Tochter gefahren, und da muß er sich eben um die Viecher kümmern!“
    „Sie meinen, ich könnte ihm einen Besuch abstatten?“
    „Das können Sie unbesorgt, mein Herr!“
    Obgleich Perry Clifton dieser Begegnung entgegenfieberte, hatte er Bedenken. „Vielleicht wäre es besser, wenn Sie ihn freundlicherweise telefonisch informieren würden...“ Der Empfangschef lächelte. „Adolf Sutter hat das Telefon aus seiner Wohnung entfernen lassen... Es erinnere ihn ständig an

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