Das geheimnisvolle Gesicht
Was sagen Sie dazu?“
„Sollte es sich je herausstellen, daß die und die“, er tippte zuerst auf das Porträt, dann auf die Vergrößerung, „nicht dieselben Personen sind, dann sind es Zwillinge! Eine andere Möglichkeit gibt es nicht!“ Er sprach dies mit solcher Sicherheit und mit solchem Nachdruck aus, daß Perry Clifton nicht daran zweifeln konnte, daß es für den Portier wirklich keine andere Möglichkeit gab.
Der „Schimmer der Spur“ hatte den „Schimmer“ verloren. Geblieben war eine wirkliche Spur.
„Die Frau hat, laut Auskunft Ihres Empfangschefs, nicht in Ihrem Haus gewohnt!“
„Stimmt!“ nickte Sutter. „Wir waren an diesem Tag bis unters Dach belegt. Aber ich konnte ihr helfen!“ Perry stockte der Atem.
„Sie konnten ihr helfen? Wie soll ich das verstehen?“
„Ich habe für sie mehrere Telefongespräche geführt. Mit anderen Hotels, meine ich. Zu Fasnacht ist es mit Zimmern immer ein bißchen schwierig. Aber im Bristol hat es dann geklappt. Ein Gast hatte kurzfristig abgesagt...“
„Das heißt also, daß sie von Ihnen aus direkt ins Hotel Bristol gezogen oder besser: gefahren ist!“
„Ja. Dabei hätten wir sie gern bei uns untergebracht. Schon deshalb, weil sie mehrere Wochen bleiben wollte.“
„Mehrere Wochen?“ Mehrere Woche bedeutete, daß sie noch immer in Basel sein konnte. Perry Clifton mußte sich zur Ruhe zwingen. An eine solche Möglichkeit hätte er nicht einmal in seinen kühnsten Träumen geglaubt. Das „geheimnisvolle Gesicht“ schien plötzlich greifbar nahe...
„Da fällt mir was ein“, Sutters Stimme drang wie aus einer anderen Welt an sein Ohr, „sagten Sie nicht, es handle sich um eine Engländerin?“
„Ja, ja, das sagte ich!“ Aufpassen!! rief ihm eine warnende Stimme zu.
„Sind Sie sicher, Herr Clifton?“
„Warum fragen Sie?“
„Weil die Dame nur französisch sprach. Und das Appartment, das ich für sie buchte, lief auf den Namen Bloyer!“
„Bloyer... Bloyer... Bloyer! Clifton sagte sich den Namen innerlich dreimal vor, während er nach außen hin um ein möglichst harmloses Gesicht bemüht war. „Sie war mit einem Engländer verheiratet, stammte selbst aber aus Frankreich!“
„Aha.“ Adolf Sutter schien sich mit dieser Erklärung zufriedenzugeben. Plötzlich lächelte er Clifton verschmitzt an: „Zweizweidreiachtzweizwei!“ sagte er.
Clifton sah verständnislos drein.
„Zweizweidreiachtzweizwei!“ wiederholte Sutter. „Falls Sie nachher telefonieren wollen. Das ist die Nummer des Hotels Bristol!“
„Danke! Daran sehen Sie, Herr Sutter, wie miserabel mein Gedächtnis ist. Ich hatte schon wieder vergessen, wie gut das Ihre funktioniert.“ Und er wiederholte die Nummer jetzt ebenfalls, während er sie sich gleichzeitig notierte: „Zwei-zwei-drei-acht-zwei-zwei! Richtig so?“
„Richtig! Sollten Sie die Dame antreffen, empfehlen Sie mich ihr!“
„Ich werde trotz meines schlechten Gedächtnisses daran denken
Perry Clifton erhob sich.
Als er sich von Adolf Sutter mit einem kräftigen Händedruck verabschiedete, neigte sich die letzte Stunde des Vormittags ihrem Ende zu...
Immer noch Freitag, der 24.
Trotz der Hoffnung, der Lösung des Falles ganz nahe zu sein, vergaß Perry Clifton nicht, daß auch andere nach der Frau mit dem Schlapphut suchten.
Doch schon wenige hundert Meter nach Sutters Haus war er sicher, nicht verfolgt zu werden.
Johannes Gaitner und Theres schienen gute Arbeit geleistet zu haben.
Das Hotel Bristol befand sich in der Centralbahnstraße, in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs. Das hieß, daß er wieder auf die andere Rheinseite mußte.
Von einem Taxi ließ er sich in die Nähe des Hotels fahren. Als er auf dem restlichen Weg an einem kleinen Speiserestaurant vorbeikam, trat er kurz entschlossen ein.
Es war weniger der gedeckte Tisch, den er dabei suchte, als vielmehr die Gelegenheit, in aller Ruhe (was in diesem Fall nicht das Gegenteil von Lärm bedeutete) und Anonymität über den nächsten Schritt nachzudenken.
Was sollte er ihr sagen, wenn er ihr gegenüberstand? Sollte er sie überhaupt ansprechen?
„Rufen Sie mich sofort an, ich nehme die nächste Maschine und komme!“ Das hatte James Pieter Burton gesagt, für den Fall, daß er, Perry Clifton, die geheimnisvolle Frau finden würde.
Mußte er sie da nicht ansprechen?
„Was möchten der Herr speisen?“
Bloyer hieß sie...
Madame Bloyer!
Nannte sie sich nur so, oder war sie wirklich eine Madame Bloyer?
„Ein Steak,
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