Das geheimnisvolle Gesicht
Atem an.)
„Ist sie nach Paris zurückgereist?“
Keine Spur von Neugier war in ihrer Stimme, als sie erwiderte: „Ich habe keine Ahnung, mein Herr. Sie hat leider keine Nachsendeadresse hinterlassen!“
„Höchst bedauerlich“, murmelte Clifton.
„Ich hätte Ihnen gern geholfen!“ sagte sie.
„Und ich müßte sie so dringend in einer Erbschaftsangelegenheit sprechen!“ sprachen seine Lippen, während sein Verstand zu ihm sagte: Das ist das Ende! Die Suche nach dem „geheimnisvollen Gesicht“ war vorbei!
Madame Bloyer mit dem Gesicht der Claire Burton hatte Basel mit unbekanntem Ziel verlassen!
Wo sollte er sie jetzt suchen?
In Paris?
In Zürich?
In Sizilien?
In Rom?
Vielleicht in der Sahara?
Oder am Strand von Hawaii?
Es war sinnlos! Er würde Burton nachher anrufen und ihm die weitere Suche ausreden. Und wenn er Glück hatte, gab es heute noch eine Flugverbindung zurück nach London...
Sollten sich seinetwegen seine Verfolger weiter mit dem „geheimnisvollen Gesicht“ herumschlagen...
Da fiel ihm noch etwas ein: Flugverbindung... Ja, das konnte er noch tun: die Fluggesellschaften anrufen und fragen, ob am 17. oder 18. März ein weiblicher Passagier namens Bloyer einen Flug gebucht hatte... Wohin? Keine Ahnung. Irgendwohin...
Die Dame in Schwarz beobachtete ihn halb hilf-, halb ratlos. Doch was sie nun mit einem feinen Lächeln sagte, ließ noch einmal Hoffnung in Perry Clifton aufkeimen: „Sie stehen so unglücklich da, als ginge es um ihre eigene Erbschaft... Vielleicht sprechen Sie mal mit Colette, dem Zimmermädchen. Es könnte durchaus sein, daß sie mehr weiß. Madame war ihr sehr zugetan, und Colette hat oft Besorgungen für sie erledigt! Allerdings“, schränkte sie rasch ein, als sie Cliftons Aufatmen bemerkte, „müssen Sie sich noch etwas in Geduld fassen. Colette nimmt erst am Sonntag früh ihren Dienst wieder auf!“
„Vielleicht könnte ich sie inzwischen unter ihrer Privatadresse erreichen?“ hoffte Perry Clifton.
„Dazu müßten sie allerdings nach Toulon in Frankreich fahren. Und ob Sie sie dort noch rechtzeitig antreffen würden, wäre eine andere Frage, da sie noch einen Abstecher zu ihrer Schwester machen wollte. Hier in Basel hat sie ihr Zimmer im Hotel!“
„Könnte ich sie eventuell telefonisch in Toulon erreichen?“
Seine Gesprächspartnerin schüttelte bedauernd den Kopf: „Sie stammt von einem Bauernhof in der Nähe Toulons. Und wenn ich eines ganz sicher weiß, dann ist es das, daß es dort kein Telefon auf dem Hof gibt!“
„Na gut!“ ergab sich Clifton in sein Schicksal. „Dann werde ich auf die Rückkehr des Mädchens warten.“ Und diesmal lächelte er. „Da ich an einzeln auftretende Zufälle glaube
„Was wären einzeln auftretende Zufälle?“ unterbrach ihn die Frau.
„Daß zum Beispiel Ihnen etwas zu Madames Reiseziel einfallen könnte. Für diesen Fall erreichen Sie mich bei der Konkurrenz. Ich wohne ihm Hotel INTERNATIONAL, und mein Name ist Clifton. Perry Clifton!“
Sie nickte freundlich und erwiderte englisch: „Okay, Mister Clifton. Ich werde daran denken, wenn mir etwas einfällt. Und sollte Sie Ihr Weg wieder einmal nach Basel führen: Auch im Bristol läßt es sich wohnen!“
Immer noch Freitag...
Weit, weit weg von Basel bog zur gleichen Stunde ein blauer Bentley mit Londoner Nummer in die schmale, granitstein-gepflasterte Straße von Duncan Hill ein, passierte die Vorderfront des GREYHOUND, das eher einem umgebauten Pferdestall glich als einem Hotel, und fuhr in Richtung Seeweg.
Mit leise schnurrendem Motor schob sich der Wagen vorbei an den Häusern von McQuire, Joe Murrey, Mabel Henderson, Gene Tyers und Violet Silverstone. Vor John Astons lustigem Haus hielt der Bentley, der Motor verstummte, und zwei Männer stiegen aus.
14 Uhr 30.
John Aston kam gerade hinter dem Haus hervor, als er die Besucher sah. Er trug einen mit Erde gefüllten Eimer in der Hand. Er musterte die beiden Männer, wie etwa ein Angler die zu kleine Forelle am Haken musterte: verärgert und gelangweilt. Dazu kam der unübersehbare Ausdruck des Mißbehagens.
„Es scheint Ihnen in Duncan Hill zu gefallen, Mister Mills!“ stellte der frühere Leuchtturmwärter fest und gab sich dabei keine Mühe, seine Abneigung zu verbergen.
Weder Mills noch der andere Mann antworteten. Stumm folgten sie Aston in das Innere des „Kakteenschlosses“, wie es Violet Silverstone zu nennen pflegte. Aston stellte den Eimer auf ein Gestell, ließ sich selbst
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