Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
in seinen schwarzlackierten Schaukelstuhl fallen und begann sanft zu schaukeln.
    „Wollen Sie uns keinen Platz anbieten, Mister Aston?“ fragte Mills freundlich.
    „Nein, ich will nicht! Ich habe Sie nicht eingeladen! Was wollen Sie schon wieder?“
    Bevor Mills auf diese Frage direkt antwortete, sagte er etwas anderes. Und er sagte das in einem Ton, der John Aston bis ins Mark erschauern ließ...
    „Sie waren zeit Ihres langen Lebens ein sehr freier Mann, Aston. Ein Mann, der die Welt, und war es auch nur die Welt des Wassers, von oben herab betrachten konnte.
    Sie hatten zeit Ihres Lebens die Möglichkeit, das zu tun, was Ihnen Spaß machte... zum Beispiel Kakteen zu züchten...“ Mills lächelte plötzlich ein teuflisches Lächeln, als er fortfuhr: „Da Sie jetzt Ihren antiken Vorderlader nicht zur Hand haben und Sie also auch nichts Unüberlegtes tun können, will ich Ihnen verraten, was das englische Strafgesetzbuch an Mindeststrafe für Sie parat hält: Selbst bei günstigster Auslegung stünden Ihnen unabwendbar fünf Jahre Gefängnis bevor... Können Sie sich vorstellen, was fünf Jahre Gefängnis bedeuten? Eingemauert zu sein in einer Zelle? Tag um Tag, Nacht für Nacht? Keine aufspringende Kaktusblüte mehr zu sehen, keine Farben, keine Natur! Nur Mauern, Eisenstäbe und das Hallen von Türen, Stimmen, Schlössern und Schlüsseln. Sogar die frische Luft und den Anblick des Himmels erhalten Sie nur noch in winzigen Dosen zugeteilt. Sie werden weder in Ihrem noch in einem anderen Schaukelstuhl sitzen können, und Sie werden fünf Jahre lang den Geruch von frischer Erde vermissen...
    Ja, Aston, ich will mit diesen vielen Worten ausdrücken, daß es für Sie nur eine Möglichkeit gibt: die Behörden von Ihnen fernzuhalten! Das wiederum bedeutet, daß Sie auf Gedeih und Verderb mit uns verbunden bleiben, bis diese gespenstische Geschichte vorbei ist!“
    John Aston, der längst nicht mehr schaukelte, stand das Entsetzen in den Augen, und zum ersten Mal seit jenem Tag, als er bereit war mitzumachen, erfaßte er die ganze Tragweite der Geschichte, in die er sich eingelassen hatte.
    Und noch eines wurde ihm mit erschreckender Deutlichkeit klar: Er war diesen Leuten hoffnungslos ausgeliefert. Oder um es mit Mills’ Worten zu sagen: Er war auf Gedeih und Verderben mit ihnen verbunden. Mit Mills und den anderen... Und jenem, der neben Mills stand und schwieg.
    „Was soll ich tun?“ fragte John Aston leise und haßte sich selbst, wie er Schlingenleger, Vogelfänger und Robbenjäger haßte.
    „Wir möchten gern das ,Verlies’ sehen, Aston!“
    „Das Verlies?“ John Aston glaubte sich verhört zu haben. „Aber das kennen Sie doch!“
    „Diesmal liegen die Verhältnisse etwas anders, lieber Freund. Ein ,Zwangsaufenthaltsraum’ unterscheidet sich doch wesentlich von einem Besuchszimmer, oder sind Sie da anderer Meinung?“
    Wortlos erhob sich Aston und stampfte an den beiden Männern vorbei zur Tür hinaus in die winzige Diele, dorthin, wo der Schrank stand, in dem die Wettermäntel hingen und das Gewehr. Er packte den ganzen Schrank mit weit ausgebreiteten Armen und schob ihn zur Seite.
    Eine Tür wurde sichtbar. Er klinkte sie auf und schaltete das Licht ein.
    Vor ihnen lag ein fensterloser Raum mit drei Luftschlitzen unter der Decke. Ein Raum, der bei einem der zahlreichen An-, Um- und Aufbauten entstanden war. Die Luft war kühl.
    Wie in einer Gruft, durchfuhr es Mills’ Begleiter, und ihn fröstelte.
    Es gab ein altes Bett, einen Tisch, einen Stuhl, ein Regal mit einem Stapel vergilbter Zeitschriften, eine Art Kommode, auf der eine Waschschüssel stand, in der sich eine Porzellankanne befand.
    „Die Tür hat kein Schloß!“ stellte Mills fest.
    „Wozu auch? Ich hatte nichts einzuschließen!“
    „So ändern sich eben die Zeiten. Lassen Sie ein...“, Mills verbesserte sich sofort: „... nicht lassen, sondern bringen Sie selbst einen stabilen Riegel an der Tür an!“
    „Innen?“
    „Außen natürlich! Wenn man jemanden einsperrt, schließt man gewöhnlich von außen zu!“
    John Aston schluckte. „Und wen sperren wir ein?“
    „Das Goldvögelchen... Wir müssen es nur noch fangen!“
    „Und wie lange soll...“, das Wort wollte ihm nicht über die Lippen, „... wie lange soll es eingesperrt bleiben!“
    „Bis es gesungen hat... Dann lassen wir es davonfliegen. So, und nun, Mister Aston, spendieren Sie uns was von Ihrem vielgepriesenen Gin!“

    Noch immer Freitag…

    Perry Clifton betrat

Weitere Kostenlose Bücher