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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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nach, unter die Rubrik Sonderlinge einstufen müßte: zuerst einem ehemaligen Leuchtturmwärter, der nur eines kennt: die Kakteenzucht. Dann einem pensionierten Kriminalkommissar, der mit Leidenschaft Rosen, Lilien und Orchideen züchtet, und nun noch einem Hotelportier, dessen Hobby auf dem ,tierischen’ Sektor liegt.“
    „Ihre Worte tun mir gut, Herr Clifton. Mein Ehrenwort! Ich habe mich lange nicht so wohl gefühlt wie in diesem Augenblick! Wenn ich Ihnen also helfen kann, dann tue ich es mit dem allergrößten Vergnügen! Was kann ich für Sie tun?“
    „Ihr Empfangschef hat wahre Wunderdinge von Ihrem Gedächtnis erzählt. Deshalb also auch meine Hoffnung. Stimmt das eigentlich mit dem ,Computergedächtnis“?“ Adolf Sutter lachte.
    „Ja! Meine Mutter behauptete immer, ich hätte schon als Kind die Namen aller Einwohner von Luzern auswendig gewußt. Ich stamme aus Luzern, müssen Sie wissen. Vielleicht hätte ich auch, statt ins Hotelfach, zur Bühne gehen sollen.“
    „Zum Beispiel als Gedächtniskünstler!“
    „Zum Beispiel, ja!“ nickte Sutter, und seinem Gesicht sah man es an, daß ihm dazu etwas einfiel: „Ich erinnere mich an einen bunten Abend, den das Schweizer Radio vor vier Jahren veranstaltete. Jeder, der was zum Programm beitragen konnte, durfte mitmachen und auf die Bühne kommen. Es wurde gesungen, gejodelt, es wurden gute und schlechte Witze erzählt. Ich meldete mich auch und ließ jeden im Saal aufstehen und mir den Vornamen sagen. Als der letzte dran war, fing ich wieder von vorn an. Diesmal sagte ich jedem, wie er hieß!“
    „Und wieviel Besucher waren im Saal?“
    „Oh, ich habe nicht gezählt, aber es waren bestimmt zwischen drei- und vierhundert Leute da.“
    „Und Sie haben wirklich alle Namen gewußt?“ Perry Clifton wollte es nicht glauben.
    „Alle — bis auf zwei! Und das lag nicht an mir. Zwei junge Damen hatten zwischendurch die Plätze getauscht!“
    „Nicht zu fassen...“
    „Aber wahr!“
    „Wie lange zurück funktioniert Ihr Gedächtnis? Stunden, Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre?“
    „Ein besonders gutes Speicherwerk habe ich für Zahlen. Egal, ob es sich dabei um Telefonnummern, Geburtstage, historische Daten oder Prozentsätze handelt. Stellen Sie mich doch einmal auf die Probe, Herr Clifton!“ Doch Perry Clifton winkte ab: „Gegen Ihr Gedächtnis ist das meine nur ein Luftzug. Ich kann mir kaum Zahlen merken. Selbst die Telefonnummern meiner Freunde muß ich mir aufschreiben!“
    „Aber vielleicht haben Sie irgendwelche Geschichtsdaten in Erinnerung?“ drängte Sutter, dem es offensichtlich darauf ankam, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
    „Also ehrlich, Herr Sutter, seit meiner Schulzeit sind mir nur drei Daten haftengeblieben. Das sind der Tauftag Shakespeares, der Todestag der Queen Viktoria und der Tag, an dem England Deutschland den Krieg erklärt hat.“ Sutter hob die Hand und sagte: „Korrigieren Sie mich, falls mein Gedächtnis versagt: Shakespeare wurde am 26. April 1564 getauft, die Königin Viktoria starb am 5. August 1901 und England erklärte am 3. September 1939 Deutschland den Krieg!“
    „Ich finde Sie großartig, Herr Sutter! Alle Zahlen stimmen... Und jetzt zweifle ich auch nicht mehr daran, daß Sie mir helfen können!“
    Perry zog den Reißverschluß seiner Tasche auf.
    „Vor vier Wochen war in Basel Fasnacht. Während der Umzüge wurden von einer englischen Zeitung mehrere Fotos für eine Reportage gemacht. Auf einem dieser Fotos entdeckten meine Auftraggeber eine Dame, mit der sie unbedingt Kontakt aufnehmen möchten.“
    „Eine Engländerin?“
    „Ja!“ antwortete Clifton. „Ich wurde nun beauftragt, nach ihr zu suchen!“
    „Hat sie was ausgefressen?“
    „Es handelt sich um eine Versicherungssache, Herr Sutter!“ Clifton legte beide Bilder auf den Tisch: das Porträtfoto und eines der beiden, die Claire Burton vor dem Sportwagen zeigten.
    Adolf Sutter nahm sie gar nicht erst in die Hand. Er warf nur einen flüchtigen Blick darauf. „Ja, die Dame kenne ich... Allerdings trug sie damals einen Schlapphut!“
    Clifton legte die Ausschnittvergrößerung neben die beiden anderen Fotos: „Hier haben Sie den Schlapphut!“
    „Ja, ja, das ist sie...“
    Die Spannung in Perry Clifton wuchs. Sie beeinträchtigte sogar seine Stimme, die plötzlich rauh klang, als er fragte: „Herr Sutter, Ihr Empfangschef war sich nicht sicher, ob es sich bei den Frauen auf den Fotos um ein und dieselbe Person handelt.

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