Das geheimnisvolle Tuch
Der Diener zog sich zurück, worauf sie unter sich waren.
Während ihrer Unterhaltung stellten sie fest, dass sie fast genau das gleiche Erlebnis hatten. Nur dass Toms Gnom Trixatus hieß und Vanessas Begleiterin sich Drialin nannte.
Als Tom in eine Hühnchenkeule beißen wollte, war sie aus seinen Fingern verschwunden. Er biss in das Leere, so fest, dass die Zähne aufeinander knallten. Dann hielt er die Keule wieder in den Fingern. Er wiederholte es noch einmal, doch es geschah das Gleiche.
„Autsch!“, klagte er. Er hatte sich dabei in den Finger gebissen. Vor ihm stand eine Schale mit Wasser, in die steckte er seinen Finger mit der Blessur, um ihn zu kühlen. Doch statt des Wassers befand sich plötzlich schwarze Farbe darin. Erschrocken zog er den Finger heraus, um die Färbung an einer Serviette abzuwischen, die aber wurde zu einer Hähnchenkeule, sodass er an ihr den Finger rieb.
Vanessa und Vinc waren so in ein Gespräch vertieft, dass sie diese Ereignisse erst am Schluss mitbekamen.
„Was machst du denn da? Warum wischst du mit dem Finger am Essen rum, und wieso ist der schwarz?“, fragte Vanessa.
„Erst habe ich in die Luft gebissen, dann in den Finger, dann wollte ich ihn mir kühlen, dann war das Wasser dort ...“ Er hielt inne, deutete auf die Schale, in der sich wieder die klare Flüssigkeit befand. „Ihr glaubt es ja doch nicht“, sagte er entmutigt.
„Zugegeben, etwas verworren. Aber das erklärt immer noch nicht, warum dein Finger schwarz ist“, meinte Vanessa.
„Ich kann es mir denken“, antwortete Vinc und fügte hinzu: „Zubla, nicht war?“
Allmählich formte sich aus dem Nichts Zublas Körper. Schuldbewusst stand er auf dem Tisch und sah Vinc an: „Wir können uns unsichtbar machen“, kam er Vinc Frage zuvor. „Treibe deinen Schabernack aber nicht zu weit.“ Vinc und Vanessa lachten, während Tom eine süßsaure Miene machte.
„Ich war nicht alleine der Übeltäter“, gab Zubla zu „Meine Freunde waren bei mir.“
Ebenso aus dem Nichts wie Zubla zuvor erschienen die Gestalten von Drialin und Trixatus. Die Kleinen gesellten sich zu ihren Begleitern. Zubla zu Vinc, Drialin zu Vanessa und Trixatus zu Tom. „Ich bin doch dein Chef, da hättest du mich doch vor so was beschützen müssen“, warf er dem Kleinen vor.
„Was ist Chef?“, fragte dieser.
„Herr und Meister“, antwortete Tom.
„Entschuldigt, Meister, aber wie sollte ich meinen Freund davon abhalten? Er ist stärker als ich und außerdem hassen wir Gnome Gewalt.“
„Vergiss es“, sagte Tom großzügig. „Nur wie bekomme ich das Schwarze vom Finger ab?“, fragte er und rieb sich mit einer Serviette daran.
„Das geht im Laufe der Zeit weg“, antwortete Trixatus.
„Was ist im Laufe der Zeit und wie lange?“, fragte Tom argwöhnisch.
„Jahre, Jahrhunderte, Jahrtau …“
„Schon gut, erspare mir deine Aufzählung. Sag doch gleich, nie“, schimpfte er missmutig. „Kann ich ewig mit so einem schwarzen…“, er hielt inne. Die Farbe war verschwunden. Die Gnome stimmten ein kleines Lachtrio an. Das klang so lustig, dass Vanessa und Vinc mit einstimmten und auch Tom konnte sich der Fröhlichkeit nicht entziehen, er lachte so herzhaft, dass er sich beinahe an einem Speiserest verschluckt hätte.
„Wer mag das Tuch geklaut haben?“, fragte unverhofft Vinc. Ihm schoss es plötzlich in den Sinn. Durch die Ereignisse der letzten Stunde hatte er es vollkommen verdrängt.
Zubla horchte auf: „Ist auf dem Tuch die Stadt Weidenhausen aufgezeichnet?“, fragte er und beschrieb die weiteren Bilder. „Das ist das Tuch des Fluches. Du hättest es besser hüten sollen. Es wird großes Unheil anrichten.“
Nicht nur die Kinder erschraken, sondern auch Drialin und Trixatus. „Es stahl wohl jemand, der es sehen konnte. Eine Person, des Übersinnlichen fähig.“
Nach dem Essen gingen sie gemeinsam auf Vinc Zimmer. Als sie verteilt dort Platz genommen hatten, sagte Vinc zu Zubla: „Nun, erkläre uns, was hier los ist. Und das mit dem Tuch des Fluches will ich genau wissen.“
„Das Tuch des Fluches birgt ein großes Geheimnis. Es wird berichtet, dass es über die Region, über der es schwebt, Unheil bringt und sie vernichtet. Auch über Häupter von einzelnen Personen kann das gleiche hervorgerufen werden. Sie können verflucht werden, aber auch schlimmstenfalls getötet. Es verändert sein Bild und stellt diesen Ort oder Person dar, die gefährdet ist, indem sie ein kleineres Bild auf seiner
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