Das geheimnisvolle Tuch
ich heute vor, schwimmen zu gehen, aber dank deines Schlafes darf ich bei der Hitze schwitzen und schreiben.“ Vinc versuchte einen grimmigen Blick.
„Ich habe etwas Seltsames geträumt“, sagte Tom unbeirrt.
„Klar, von einem riesigen Hamburger mit einer großen Schüssel Fritten.“ Vinc kannte die Leidenschaft seines Kumpels, solche Sachen in sich zu stopfen.
„Kannst mich mal“, sagte Tom und fügte hinzu: „Im Ernst, ich habe was Merkwürdiges gesehen.“
„Wird wohl länger?“, wollte Vinc wissen.
Doch Tom sagte unbeirrt weiter: „Du kennst doch das Waldhaus unter den Eichen, in der nähe der Felsengruppe. Ich meine das am Kreuzweg steht?“, fragte Tom und sah, wie Vinc den Kopf schüttelte. Tom sagte noch eindringlicher: „Dir hat die Sonne wohl das Gehirn ausgetrocknet. Da waren wir doch schon öfter.“
Vinc wollte Tom eigentlich nur foppen, aber auch aus der Hitze herauskommen und das Gespräch nicht unnötig in die Länge ziehen, gab er zu, die Bruchbude zu kennen.
„Ich habe im Traum einen Mann im Haus gesehen. Er sah aus wie unser Pauker.“
„Muss wohl ein Albtraum gewesen sein.“ Vinc sah seinen Freund von der Seite an. „Tust mir richtig leid.“
„Quatsch. Das ist nicht das Wesentliche. Es lag ein Buch vor ihm auf dem Tisch. Er las darin und plötzlich verwandelte er sich in einen Zauberer. Weißt ja. Die mit dem spitzen Hut, weißem Bart und buntem Anzug oder so was Ähnliches.“
Vinc hielt seinem Freund die Hand auf die Stirn. „Ist ziemlich heiß heute. Also, deine Birne hat wohl mehr abgekriegt, als ich dachte.“
Tom schlug ihm den Arm zurück. „Ist doch nur ein Traum. Aber der war so realistisch, dass ich noch glaube, den Mann vor mir zu sehen. Er rief meinen Namen.“
„Klar rief er den. Das war Schwabbel, als er dich versuchte zu wecken.“ Vinc stand auf: „Lass uns gehen. So ein blöder Traum. Hat uns nur Ärger eingebracht.“
Tom zog seinen Freund am Arm: „Setz dich wieder. Weißt du, was er sagte: Komm mit deinem Freund zu mir. Helft mir, denn ich bin in Gefahr.“
„Wer sagte das? Schwabbel als Lehrer oder der Zauberer als Schwabbel?“
Tom wurde gereizt: „Hör mit dem Quatsch auf. Vielleicht ist er ins Haus eingedrungen und befindet sich tatsächlich in Gefahr. Vielleicht versucht er Hilfe zu bekommen.“ Vinc bemerkte, dass es seinem Freund Ernst war, denn das ewig lächelnde Gesicht bekam einen sorgenvollen Ausdruck. „Lass uns nachsehen“, sagte Tom.
„Setz dich weiter rüber, du sitzt noch zu sehr in der Sonne!“, neckte Vinc und sagte weiter: „Du glaubst doch nicht wirklich, dass jemand im Traum erscheint und dich um Hilfe bittet, während du im Unterricht eingeschlafen bist. Der Einzige, der Hilfe braucht, bist du. Nämlich einen Eisbeutel auf den Kopf.“
Tom ließ sich nicht beirren. „Lass uns einfach dorthin gehen. Kostet doch nix.“
Vinc wurde hellhörig. Der Mann im Traum musste seinen Freund dermaßen beeindruckt haben, dass er sogar ohne etwas vorher zu essen den halbstündigen Weg zu diesem Haus auf sich nahm. „Na ja, entspricht nicht ganz meinem Tagesplan, aber was soll’s. Der Wald ist kühl und schattig, womit wir einige Zeit aus der sengenden Hitze wären.“
So begaben sie sich zu dem einsamen Haus im Wald.
Träge von der Hitze, fanden sie kaum ins Gespräch. Nur irgendwann sagte Vinc mit schleppendem Ton:
„Im Waldhaus soll einmal der Räuber Leichtweiß sein Unwesen getrieben haben. Vor langer Zeit. Der soll stets seinen Verfolgern entkommen sein. Angeblich soll es noch eine Höhle in der Nähe geben. Ich glaube, an der Felsengruppe nicht weit von der Blockhütte. Dort soll er sich versteckt haben, wenn sie ihn suchten. Doch sehr geforscht wurde, man fand nicht den Eingang.“
„Kenne ich. Kann man in der Stadtchronik nachlesen“, antwortete Tom.
„Vielleicht sollst du zu ihm kommen. Kann der Räuber im Zauberkostüm sein. Vielleicht ist Schwabbel der Räuberhauptmann.“ Vinc erntete für seine Bemerkung einen Stoß in die Seite.
Inzwischen erreichten sie das Haus, an dem sich zwei Wege kreuzten. Sie waren nicht geebnet, sondern mit tiefen Furchen durchzogen.
„Sieht zum Fürchten aus.“ Vinc schmunzelte und musterte das alte Gebäude. „Beim nächsten Sturm wird es zu einem Häufchen Holz. So klapprig, wie das Ding aussieht.“ Er schritt an die Türe und klopfte an. „Da ist niemand drin“, stellte er fest und forderte seinen Freund auf: „Nun komm schon!“
Tom, der noch in
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