Das geht auf keine Kuhhaut
Nebenbuhler auftaucht.
|102| „Ein X für ein U vormachen“
betrügen
U nser vertrautes Ziffernsystem ist noch gar nicht so alt. In Europa wurde es erst um das 15. Jahrhundert eingeführt, als die bis dahin in Gebrauch befindlichen römischen Zahlzeichen den Anforderungen der Mathematik nicht mehr gewachsen waren. Man erkannte, dass das Rechnen durch die arabischen Ziffern wesentlich vereinfacht wurde. Das römische Zahlungswesen wurde bekanntlich durch Folgen von Buchstaben gebildet, wie man es bei den Papstnamen wie „Benedikt XVI.“ noch beobachten kann. Bei den römischen Schriftzeichen stand das X sowohl für den Buchstaben X als auch für die Zahl 10. Das V stand für V und U, das es als Zeichen nicht gab; außerdem stellte es zugleich die Ziffer 5 dar. Damit war es für einen betrügerischen Händler oder Gastwirt leicht, auf der Tafel, auf der er die Schulden seiner Kunden ankreidete, die beiden Striche beim V etwas zu verlängern und so aus einem V ein X, also aus einer 5 eine 10 zu machen. Wenn einem Schuldner also ein X für ein U, das heißt V, vorgemacht wurde, wurde er betrogen.
„Vom Hundertsten ins Tausendste kommen“
abschweifen, den Faden verlieren
I m Zeitalter des Euro erinnert man sich kaum noch an die Währungseinheit ECU, die bei den damals vielen Länderwährungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft den Handel erleichtern sollte. Ähnliches gab es schon im 15. Jahrhundert. Damals waren noch viel mehr Währungen im Umlauf, denn Fürsten, Städte und sogar Klöster prägten eigene Münzen. Damit in diesem Durcheinander die Bezahlung der Söldner, die sich ja auch bei fremden Herren verdingten, funktionierte, wurde eine Rechenbank eingeführt, auf der Linien eingeritzt waren, auf die man sogenannte Rechenpfennige, münzenähnliche Metallscheiben ohne Wert, setzte. Die Linien zählten pro aufsteigender Reihe zehnfach, so dass man bei einem Fehler bei der Platzierung der Pfennige leicht vom Hundertsten ins Tausendste kommen konnte. Als überregionale Währungen aufkamen und der Rechenpfennig überflüssig wurde, geriet die ursprüngliche Bedeutung der Redensart in Vergessenheit.
|103| „Alles in Butter!“
Alles in Ordnung!
A ls vor dem Ersten Weltkrieg eine Erfindung namens Margarine populär wurde, warben manche Gasthäuser damit, dass ihre Speisen nicht mit dem billigen Pflanzenfett zubereitet seien, sondern bei ihnen sei alles in Butter gebraten. Möglicherweise ist die Redewendung aber viel älter. Denn wenn früher wohlhabende Leute ihre Paläste mit hochwertigen Dingen aus fernen Ländern ausstaffieren wollten, stellte sich das Problem, diese zerbrechlichen Waren, zum Beispiel Glas aus Murano, auf damals sehr unebenen Wegen über weite Strecken, unter anderem über die Alpen, zu transportieren, ohne dass bei der Ankunft nur Scherben übrig waren. Dafür bediente man sich eines genialen Tricks. In Ermangelung ausreichend stoßdämpfenden Materials goss man die Preziosen für den Transport in Butter ein, die, erkaltet, eine zuverlässig stoßfeste Umgebung abgab. Sogar wenn ein Fass zu Boden fiel, ging kaum etwas entzwei.
„Jemanden hänseln“
üble Scherze treiben
M it dem Bruder von Gretel hat diese Redensart nichts zu tun. Vielmehr geht sie zurück auf die Hanse, vom 12. bis zum 17. Jahrhundert die wichtigste Handelsvereinigung Mittel- und Nordeuropas. In diese Gemeinschaft aufgenommen zu werden, brachte viele Vorteile mit sich. Allerdings erschwerten die Mitglieder die Neuaufnahme durch Proben, die ein Bewerber zu absolvieren hatte. Diese Aufnahmezeremonien wurden schon 1259 durchaus ernsthaft Hänseln genannt und waren drastischer, ja geradezu derber Natur; man ließ die Kandidaten klobige Pillen oder üble Flüssigkeiten hinunterwürgen, warf sie in einen Sumpf oder in eisiges Wasser. Daher hat sich das Hänseln in der Bezeichnung „jemanden ärgern“ bis heute gehalten. Noch im 19. Jahrhundert mussten neue Handwerker und Knechte „hänseln“, indem sie mindestens einige Runden Bier ausgaben. In dieser Zeit erhielt der Ausdruck auch die heutige Bedeutung. Der ursprüngliche Wortsinn ist vergessen, aber es ist immer noch Sitte, einen Einstand zu geben.
|104| „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“
immer der Reihe nach
D ieser Rechtsspruch aus dem „Sachsenspiegel“ von 1230 gehört auch heute noch zum Sprachgebrauch, obwohl sich schon lange an den Mühlen keiner mehr drängelt. Entstanden ist die Redewendung schon früh, denn Friedrich Barbarossa erließ
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