Das geht auf keine Kuhhaut
unbeschreiblich, eine Unverschämtheit
A ls frühesten Beleg für diese alte Redewendung haben wir die „Sermones vulgares” von Jacques de Vitry aus dem frühen 13. Jahrhundert. Wenn man sich mit dieser Redewendung beschäftigt, muss man wissen, dass es zu dieser Zeit noch üblich war, auf eine Tierhaut zu schreiben. Denn bevor das Papier im 13. Jahrhundert seinen Siegeszug antrat, wurde auf Pergament geschrieben. Dabei handelte es sich um Tierhäute, meist von Schafen oder Kälbern, die durch verschiedene Bearbeitungsstufen dünn und glatt gemacht wurden. Die Menschen im Mittelalter glaubten nun, dass während ihres Lebens der Teufel ihre Sünden aufschreibe, um sie ihnen beim Jüngsten Gericht vorzuhalten. Da konnte bei einem richtigen Sünder schon allerhand zusammenkommen. Die Ankündigung, dass selbst die Haut des größten zur Verfügung stehenden Tieres, also der Kuh, nicht ausreichen könnte, um alle Sünden eines Menschen niederzuschreiben, kann als ultimative Drohung mit der ewigen Verdammnis aufgefasst werden.
„Schwein gehabt!“
ohne eigenes Zutun oder wider Erwarten Glück gehabt
S chon im Mittelalter gab es Wettbewerbe und Preiskämpfe in vielen Disziplinen. Darunter waren Pferderennen und Schießwettbewerbe am beliebtesten, diese mit dem Bogen, mit der Armbrust und später mit dem Gewehr. Je nach Anlass wurden recht hohe Preise ausgelobt; so ist für ein Pferderennen aus dem Jahr 1448 bekannt, dass der Sieger ein wertvolles scharlachfarbenes Tuch gewann, der Zweite einen Sperber, also einen kleineren Beizvogel, und der Dritte eine Armbrust. Der Letzte aber „gewann“ einen Trost-, aber auch Spottpreis, nämlich ein Schwein. So etwas war lange Zeit üblich, und die Schande, ein Schwein durch die Stadt treiben zu müssen, scheint größer gewesen zu sein als das – allerdings unverdiente – Glück, für den letzten Platz immerhin noch ein ganzes Schwein mit nach Hause nehmen zu können. Zwar hatte man sich lächerlich gemacht, aber auch etwas relativ Wertvolles abbekommen. Die Redensart bedeutet deshalb, Glück im Unglück zu haben.
|130| „Einen Bären aufbinden“
schalkhaft die Unwahrheit sagen
A uch bei dieser Redewendung hat vermutlich mal wieder die Volksetymologie ihre Finger im Spiel gehabt. Denn es ist anzunehmen, dass hier gar kein Bär gemeint ist, denn es wäre denn doch gar zu tollkühn, das gefährlichste Raubtier unserer Breiten jemandem aufzubinden. Vielmehr dürfte die Redensart mit dem mittelhochdeutschen Wort „ber“ zu tun haben, was so viel bedeutet wie Last oder Abgabe und heute noch in dem Wort „gebären“ enthalten ist. Jemandem eine Last aufbinden kann man schon eher; allerdings ist dann noch unklar, wieso sich die heutige Bedeutung „anlügen“ entwickeln konnte. Deshalb hat vielleicht doch die Jagd hier Pate gestanden; einen Bären erlegt zu haben, war sicher das größtmögliche Jägerlatein, was ein Waidmann einem Zuhörer aufbinden konnte. Die Redensart Einen Bärendienst erweisen mit der Bedeutung „eine Hilfe erweisen, die das Gegenteil des Angestrebten bewirkt“ ist dagegen eindeutig nachzuweisen, denn sie kommt aus dem Reich der Fabel, wo ein zahmer Bär seinen Herrn erschlägt, als er ihm die lästigen Fliegen abwehren will – ein echter Problembär.
„Den Bock zum Gärtner machen“
den am wenigsten Geeigneten mit einer Aufgabe betrauen
I n den Fabeln spielen Tiere eine wichtige Rolle. Sie können sprechen, haben menschliche Eigenschaften und handeln auch allzu menschlich. In dieser Redewendung, gewissermaßen einer Mini-Fabel, die bereits aus dem 16. Jahrhundert bekannt ist, wird einem Ziegenbock eine Aufgabe übertragen, die diesem sicher äußerst gut gefällt. Ziegen sind bekanntlich Allesfresser und lassen sich sogar stachlige Rosenstengel und Brombeerranken munden. Nicht auszudenken, was ein Ziegenbock in einem Garten anstellen würde, der in seine Obhut gegeben wäre. In eine ähnliche Richtung gehende Zusammenstellungen findet man im Jahre 1649; hier wird nicht nur der Bock zum Gärtner, sondern auch der Wolf zum Schafhirt gemacht, und ausgerechnet die Katze soll auf den Käse aufpassen – sicher mit dem zu erwartenden Ergebnis!
|131| „Das geht über die Hutschnur“
Das geht zu weit!
E ine Hutschnur ist eine Kordel, mit der der Hut festgebunden werden kann, so dass er auch bei windigem Wetter nicht wegfliegt. Über der Hutschnur befindet sich normalerweise das Kinn des Hutträgers – wieso kommt es dann zu einer solchen
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