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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Zeit mit einem Lächeln.
Pedro Garcia der Alte sah ihn pfeifend zum Stall gehen und
wiegte unruhig den Kopf.
    Den ganzen Tag über war der Patron mit dem Umpflügen
einer frisch gesäuberten Wiese beschäftigt, auf der er Mais
anpflanzen wollte. Dann ging er mit Pedro Segundo García nach
einer kalbenden Kuh sehen, deren Junges quer lag. Bis zum
Ellbogen mußte er den Arm in die Kuh stecken, um das Kalb zu
wenden und den Kopf vorzuziehen. Die Kuh starb trotzdem,
aber das verdroß ihn nicht. Er befahl, dem Kalb die Flasche zu
geben, wusch sich in einem Zuber und stieg wieder aufs Pferd.
Gewöhnlich war das seine Essenszeit, aber er hatte keinen
Hunger. Er hatte auch keine Eile, denn er hatte seine Wahl
bereits getroffen.
    Er hatte das Mädchen oft gesehen, mit seinem rotznäsigen
kleinen Brüderchen auf der Hüfte und einem Sack auf dem
Rücken oder einem Krug Brunnenwasser auf dem Kopf. Er hatte
sie beobachtet, wenn sie Wäsche wusch, über die Flußkiesel
gebückt, die braunen Beine glatt und glänzend vom Wasser, und
mit ihren plumpen Bauernhänden die farblosen Fetzen rieb. Sie
war von kräftigem Knochenbau, das Gesicht hatte einen stark
indianischen Einschlag, war breit und braunhäutig, der
Ausdruck friedfertig und sanft. In ihrem großen fleischigen
Mund standen noch alle Zähne, und wenn sie lächelte, hellte er
sich auf, aber sie tat es selten. Sie besaß die Schönheit der
frühen Jugend, obwohl Esteban ihr ansah, daß sie bald welken
würde wie alle Frauen, die dazu bestimmt sind, viele Kinder zu
gebären, unermüdlich zu arbeiten und ihre Toten zu begraben.
    Als Esteban Trueba sie suchen ging, war die Nacht schon
angebrochen und es war kühler. Er ritt auf der breiten Fahrbahn
zwischen den Wiesen und fragte jeden, der vorüberkam, nach
ihr, bis er sie auf dem Weg zu ihrer Hütte sah. Sie ging, unter
ein Reisigbündel gebückt, barfuß, den Kopf gesenkt. Vom Pferd
aus betrachtete er sie und spürte augenblicklich wieder das
drängende Begehren, das ihn so viele Monate umgetrieben hatte.
Er ritt im Trab, bis er neben ihr war; sie hörte ihn, doch nach
dem uralten Brauch aller Frauen ihres Stammes, vor dem Manne
den Kopf zu senken, setzte sie ihren Weg fort, ohne
aufzublicken. Esteban bückte sich und nahm ihr das Brennholz
ab, das er einen Auge nblick in die Luft gestemmt hielt und dann
auf die Wegböschung schleuderte, er packte das Mädchen mit
einem Arm um die Taille, hob sie unter bestialischem
Schnauben hoch und setzte sie vor sich aufs Pferd, ohne daß sie
den geringsten Widerstand leistete. Er gab dem Pferd die Sporen
und galoppierte mit ihr zum Fluß. Ohne ein Wort stiegen sie ab
und maßen sich mit Blicken.
Esteban nahm seinen breiten
Ledergürtel ab, und sie wich zurück, aber mit einem kräftigen
Griff fing er sie wieder ein. Umschlungen fielen sie ins
Eukalyptuslaub.
    Esteban zog sich nicht aus. Roh fiel er über sie her, ohne
Vorbereitung, mit unnötiger Brutalität drang er in sie ein. Zu
spät merkte er an den Blutspritzern an seinen Kleidern, daß sie
noch Jungfrau war, aber Panchas untergeordnete Stellung und
sein Lustbedürfnis verhinderten jede Rücksichtnahme. Pancha
García wehrte sich nicht, klagte nicht, schloß nicht die Augen.
Sie lag auf dem Rücken, sah mit erschrockenen Augen in den
Himmel, bis sie spürte, daß sich der Mann aufstöhnend neben
sie fallen ließ. Da begann sie leise zu weinen. Vor ihr hatte ihre
Mutter und vor ihrer Mutter ihre Großmutter dieses Schicksal
einer Hündin erduldet. Esteban Trueba zog sich die Hosen hoch,
schloß seinen Gürtel, half ihr auf und setzte sie auf die Kruppe
seines Pferdes. So ritten sie zurück, er pfeifend, sie weinend.
Ehe er sie vor ihrer Hütte absetzte, küßte er sie auf den Mund.
    »Ich will, daß du von morgen an im Herrenhaus arbeitest«,
sagte er.
Pancha nickte, ohne aufzusehen. Auch ihre Mutter und ihre
Großmutter hatten im Herrenhaus gedient.
In dieser Nacht schlief Esteban, ohne von Rosa zu träumen,
wie ein Seliger. Am Morgen fühlte er sich voll Energie, größer
und mächtiger. Trällernd ging er aufs Feld, und als er heimkam,
stand Pancha, eifrig in einem großen Kupferkessel rührend, in
der Küche. Nachts erwartete er sie mit Ungeduld, und als die
häuslichen Geräusche verstummt waren und das nächtliche
Treiben der Mäuse begann, fühlte er, daß sie auf der Schwelle
seiner Tür stand.
»Komm, Pancha«, rief er sie. Es war kein Befehl, eher eine
inständige

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