Das Geisterhaus
Bitte.
Diesmal nahm sich Esteban Zeit, sie mit Lust zu besitzen und
ihr Lust zu geben. Er nahm sie langsam, den rauchigen Geruch
ihres Körpers und der mit Asche gewaschenen und mit dem
Holzkohleeisen gebügelten Kleider einatmend, er lernte die
Textur ihres glatten schwarzen Haars kennen, ihre an den
heimlichen Stellen weiche, sonst rauhe, schwielige Haut, ihre
frischen Lippen, ihr ruhevolles Geschlecht, ihren breiten Bauch.
Er liebte sie gelassen, sie einführend in die geheimste und älteste
aller Wissenschaften. Wahrscheinlich war er in dieser und
einigen der folgenden Nächte glücklich, wenn sie wie zwei
junge Hunde in dem großen schmiedeeisernen Bett tobten, in
dem der erste Trueba geschlafen hatte und das schon ziemlich
wacklig war, den Liebeskämpfen aber noch standhielt.
Pancha Garcías Brüste wurden dick, ihre Hüften rundeten
sich. Esteban Truebas Mißlaunigkeit besserte sich eine Zeitlang,
er begann sich für seine Hintersassen zu interessieren. Er
besuchte sie in ihren jämmerlichen Hütten. In einer entdeckte er
im Halbdunkel eine Schachtel, in der auf Zeitungspapier ein
Säugling und eine Hündin, die eben geworfen hatte, gemeinsam
schliefen. In einer anderen sah er eine Frau, die seit vier Jahren
vor sich hin starb und der die Knochen aus dem wundgelegenen
Rücken herausstanden. In einem Hof fand er einen idiotischen
Jungen, mit einem Strick um den Hals, der an einem Pfosten
festgebunden war. Da saß er, geifernd, irre redend, nackt und
mit einem Geschlecht, groß wie das eines Maultiers, das er
unermüdlich gegen den Boden rieb. Zum erstenmal wurde ihm
bewußt, daß die schlimmste Verwahrlosung nicht die der Felder
und der Tiere, sondern die der Hintersassen der Drei Marien
war, die seit damals, als sein Vater die Mitgift und das Erbe
seiner Frau verspielte, allein auf sich gestellt waren. Er fand, es
sei an der Zeit, in diesen verlassenen Winkel zwischen den
Kordilleren und dem Meer ein wenig Zivilisation zu bringen.
Auf den Drei Marien brach eine fieberhafte Geschäftigkeit
aus, die alle aus der Schläfrigkeit riß. Esteban Trueba ließ seine
Bauern arbeiten, wie sie nie gearbeitet hatten. Jeden, der auf
seinen Beinen stehen konnte, Mann, Frau, Greis, Kind, stellte
der Patron an, begierig, das in vielen Jahren Versäumte in ein
paar Monaten nachzuholen. Er ließ einen Kornspeicher und
Vorratskammern bauen, um Nahrungsmittel für den Winter zu
lagern, er ließ Pferdefleisch einsalzen und Schweinefleisch
räuchern, er hielt die Frauen an, Zuckerzeug und Obstkonserven
herzustellen. Er modernisierte die Molkerei, die nur ein
Verschlag voller Mist und Fliegen war, und zwang die Kühe,
genügend Milch zu liefern. Er begann mit dem Bau einer
Schule, da er den Ehrgeiz hatte, daß alle Kinder und alle
Erwachsenen auf den Drei Marien lesen, schreiben und addieren
lernen sollten, obwohl er nicht der Ansicht war, daß sie darüber
hinaus Kenntnisse erwerben sollten, damit sie sich nicht den
Kopf mit Ideen vollstopften, die sich für ihren Stand und ihre
Stellung nicht schickten. Doch da er keinen Lehrer fand, der
bereit gewesen wäre, so fern von der Stadt zu arbeiten, und
angesichts der Schwierigkeit, durch das Versprechen von
Prügeln und Bonbons die Kinder in die Schule zu bekommen,
damit er selbst ihnen das Alphabet beibrachte, gab er diesen
Plan wieder auf und führte die Schule einem anderen Zweck zu.
Seine Schwester Férula schickte ihm aus der Hauptstadt die
Bücher, die er bestellt hatte. Es war ausnahmslos praktische
Literatur. Aus ihnen lernte er, wie man sich Spritzen ins Bein
geben konnte, und nach ihrer Anleitung bastelte er sich einen
Kristalldetektor. Seine ersten Einkünfte verwandte er auf den
Kauf rustikaler Stoffe, einer Nähmaschine, einer Schachtel
homöopathischer Mittel samt dem Handbuch zu ihrer
Anwendung, einer Enzyklopädie und einer Fracht Fibeln, Heften
und Bleistiften. Er trug sich mit dem Gedanken, ein Refektorium
einzurichten, in dem alle Kinder täglich eine volle Mahlzeit
erhalten sollten, damit sie stark und gesund würden und von
klein an arbeiten konnten, aber er sah ein, daß es verrückt
gewesen wäre, die Kinder wegen einer Mahlzeit von einem
Ende des Guts zum andern kommen zu lassen. Also wandelte er
die Schule in eine Schneiderwerkstatt um. Pancha García erhielt
den Auftrag, die Geheimnisse der Nähmaschine zu ergründen.
Anfangs hielt sie sie für ein mit Eigenleben begabtes Instrument
des Teufels und weigerte
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