Das Geisterhaus
daß der Schuldige auf den Drei Marien
zu suchen sei, aber die Landpolizei beschränkte sich darauf, in
der mühsamen Schönschrift der Halbanalphabeten den Vorfall
in ihr Dienstbuch zu notieren und anzufügen, die Getöteten
seien beim Stehlen überrascht worden. Und das war alles.
Trueba pflegte weiterhin seinen Ruf als Draufgänger, indem er
die Gegend mit Bastarden bevölkerte. Er erntete Haß und häufte
Schuld an, die er sich nicht zu Herzen nahm, weil er seine Seele
abgehärtet hatte und sein Gewissen mit dem
Fortschrittsargument zum Schweigen brachte. Vergeblich
versuchten Pedro Segundo García und der alte Pfarrer aus dem
Nonnenspital ihm nahezulegen, daß nicht die Ziegelhäuser und
auch nicht die vielen Liter Milch den guten Gutsbesitzer oder
den guten Christen machen, sondern den Leuten einen
anständigen Lohn zu zahlen statt der rosa Zettelchen, eine
Arbeitszeit festzusetzen, die ihnen nicht das Kreuz brach, und
ihnen ein wenig Achtung und Würde zu geben. Trueba wollte
von diesen Dingen nichts hören. Nach seinem Dafürhalten roch
das nach Kommunismus.
»Das sind schwachsinnige Ideen«, knurrte er.
»Bolschewistische Ideen, um die Hintersassen aufzuwiegeln. Ihr
überseht völlig, daß diese armen Leute keine Kultur und keine
Erziehung haben, sie können keine Verantwortung übernehmen,
sie sind Kinder. Wie sollen sie wissen, was für sie gut ist? Ohne
mich wären sie verloren, dafür ist der beste Beweis, daß alles
zum Teufel geht und sie anfangen, Dummheiten zu machen,
sobald ich ihnen den Rücken kehre. Sie sind völlig unwissend.
Meinen Leuten geht es gut, was wollen sie mehr? Es fehlt ihnen
an nichts. Wenn sie sich beklagen, ist es aus purer
Undankbarkeit. Sie haben Ziegelhäuser, ich sorge dafür, daß
ihre Kinder sich schneuzen und kein Ungeziefer haben, daß sie
geimpft werden und lesen lernen. Gibt es hier noch ein Gut, das
seine eigene Schule hat? Nein! Sooft ich kann, bringe ich ihnen
den Pfarrer, damit er ihnen ein paar Messen liest, also weiß ich
wirklich nicht, weshalb der Pfarrer kommt und mir von
Gerechtigkeit redet. Er soll sich gefälligst nicht einmischen in
das, was er nicht versteht und wofür er nicht zuständig ist. Ich
möchte ihn sehen, wenn er für dieses Gut zu sorgen hätte, und
wissen, ob er dann auch so zartfühlend wäre. Diese armen
Teufel brauchen eine harte Hand, das ist die einzige Sprache, die
sie verstehen. Wer nachgibt, den respektieren sie nicht mehr. Ich
gebe zu, daß ich oft streng mit ihnen war, aber ich war immer
gerecht. Alles mußte ich ihnen beibringen, selbst noch das
Essen, denn wenn es nach ihnen ginge, würden sie sich bloß
vom Brot ernähren. Wenn ich nicht aufpasse, geben sie die
Milch und die Eier den Schweinen. Sie können sich nicht einmal
den Hintern wischen, und da wollen sie das Stimmrecht! Wie
sollen sie etwas von Politik begreifen, wenn sie nicht einmal
wissen, wo sie stehen? Die sind imstande und wählen die
Kommunisten, wie die Bergarbeiter im Norden, die mit ihren
Streiks ausgerechnet jetzt, wo die Erzpreise am höchsten sind,
das ganze Land schädigen. Truppen in den Norden schicken und
ihnen eins auf den Pelz brennen, das würde ich tun! Dann wird
man ja sehen, ob sie nicht endlich was dazulernen.
Unglücklicherweise sind Prügel das einzige, was in diesen
Ländern funktioniert. Wir sind nicht in Europa. Was wir hier
brauchen, ist eine starke Regierung, ein starker Patron. Es wäre
ja schön, wenn wir alle gleich wären, aber wir sind es nicht. Das
springt doch ins Auge. Der einzige, der hier arbeiten kann, bin
ich, soll einer kommen und mir das Gegenteil beweisen. Ich
stehe als erster auf und gehe als letzter schlafen auf diesem
verfluchten Land. Wenn es nach mir ginge, würde ich alles zum
Teufel schicken und wie ein Fürst in der Hauptstadt leben, aber
ich muß hier sein, denn wenn ich weggehe, und sei es nur für
eine Woche, bricht alles zusammen, und diese Unglücklichen
fangen an zu verhungern. Denken Sie daran, wie es war, als ich
vor neun oder zehn Jahren hier ankam. Eine Ruine. Eine
Steinwüste mit Aasgeiern, ein Niemandsland. Alle Felder lagen
brach, niemand ist auf den Gedanken gekommen, das Wasser zu
kanalisieren. Sie pflanzten vier lausige Salatköpfe vor ihrem
Haus, und alles übrige ließen sie verfallen. Ich mußte kommen,
damit es hier Ordnung, Gesetz und Arbeit gab. Und darauf soll
ich nicht stolz sein? Ich habe so gut gearbeitet, daß ich die zwei
Nachbargüter
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