Das Geisterhaus
aufkaufen konnte und mein Besitz jetzt der größte
und reichste der ganzen Zone ist, der Neid aller, ein Vorbild, ein
Mustergut. Und jetzt, wo die Straße vorbeiführt, hat sich sein
Wert verdoppelt. Wenn ich es verkaufen würde, könnte ich nach
Europa fahren und von meinen Zinsen leben, aber ich fahre
nicht, ich bleibe hier und versauere. Das tue ich für diese Leute.
Ohne mich wären sie verloren. Genaugenommen taugen sie
nicht einmal dazu, Aufträge auszuführen, ich habe es immer
gesagt: sie sind wie Kinder. Da ist nicht einer, der machen kann,
was er machen soll, wenn ich nicht hinter ihm stehe und ihn
antreibe. Und dann kommt ihr mir mit dem Märchen, wir wären
alle gleich. Daß ich nicht lache…«
Seiner Mutter und seiner Schwester schickte er kistenweise
Obst, Salzfleisch, Schinken, frische Eier, lebende und
eingemachte Hühner und Säcke voll Mehl, Reis und Korn,
Landkäse und soviel Geld, wie sie brauchen konnten, denn
daran fehlte es ihm nicht. »Zum erstenmal, seit Gott das da auf
den Planeten gestellt hat«, sagte er jedem, der es hören wollte,
»produzieren die Drei Marien und die Mine so, wie sie sollen.«
Er gab Doña Ester und Férula mehr, als sie je erwartet hatten,
aber sie zu besuchen, und sei es nur auf der Durchreise in den
Norden, fand er in all den Jahren keine Zeit. Er war so
beschäftigt auf dem Feld, auf dem neu gekauften Land und in
anderen Geschäften, in die er einzusteigen begann, daß er seine
Zeit nicht am Bett einer Kranken vertun konnte. Außerdem gab
es die Post, durch die sie in Verbindung blieben, und den Zug,
mit dem er alles, was er wollte, schicken konnte. Er mußte sie
nicht sehen. Alles ließ sich in Briefen sagen, das ausgenommen,
was sie nicht erfahren sollten, wie etwa die Herde von
Bastarden, die wie durch magische Künste geboren wurden. Er
brauchte ein Mädchen nur auf der Wiese umzulegen, schon war
sie schwanger, es mußte mit dem Teufel zugehen, eine solche
Fruchtbarkeit war nicht normal. Er war sicher, daß die Hälfte
der Kinder nicht seine waren. Deshalb beschloß er, daß außer
dem Sohn von Pancha García, der wie er
Esteban hieß und
dessen Mutter zweifelsfrei Jungfrau gewesen war, als er sie
nahm, alle anderen seine Kinder sein konnten oder nicht sein
konnten und daß es besser war anzunehmen, sie seien es nicht.
Wenn eine Frau mit einem Kind auf dem Arm in sein Haus kam
und Anspruch auf den Namen des Vaters erhob oder um eine
Unterstützung bat, drückte er ihr ein paar Geldscheine in die
Hand, schickte sie fort und drohte ihr, wenn sie ihn noch einmal
belästige, würde er sie aus dem Haus peitschen, damit ihr die
Lust verginge, vor jedem Mannsbild, das sie sah, mit dem
Hintern zu wackeln und dann ihn zu beschuldigen. So kam es,
daß er nie die genaue Zahl seiner Kinder erfuhr, und in
Wirklichkeit interessierte ihn das auch nicht. Wenn er Kinder
haben wollte, dachte er, würde er sich, mit dem Segen der
Kirche, eine Frau aus seiner Gesellschaftsschicht nehmen, denn
die einzigen Kinder, die zählten, waren die, die den Namen des
Vaters trugen, die anderen waren so, als existierten sie gar nicht.
Ihm sollte man nicht kommen mit dieser Ungeheuerlichkeit, daß
alle mit den gleichen Rechten und mit dem gleichen
Erbanspruch geboren wurden, dann würde ja alles zum Teufel
gehen und die Zivilisation fiele in die Steinzeit zurück. Er
dachte an
Nivea, Rosas Mutter, die ihre eigene politische
Kampagne gestartet hatte, nachdem ihr Mann unter dem Schock
des vergifteten Schnapses auf die Politik verzichtet hatte.
Zusammen mit anderen Damen kettete sie sich an den Gittern
des Kongresses und des Obersten Gerichtshofes an, ein
peinliches Schauspiel, das ihre Ehemänner der Lächerlichkeit
preisgab. Er wußte, daß Nivea nachts auf die Straße ging, um
Plakate der Frauenbewegung an die Hauswände zu kleben, und
daß sie imstande war, im hellen Licht eines Sonntagmittags mit
einem Besen in der Hand und einer Schlafhaube auf dem Kopf
ins Zentrum zu gehen, um zu fordern, daß die Frauen die
gleichen Rechte wie die Männer erhielten, daß sie wählen und
auf die Universität gehen durften und daß alle Kinder, selbst die
unehelich geborenen, unter den Schutz des Gesetzes gestellt
wurden.
»Die ist im Kopf nicht ganz richtig«, sagte Trueba. »Das wäre
ja wider die Natur. Die Frauen können nicht einmal zwei und
zwei zusammenzählen, und da wollen sie das Skalpell zur Hand
nehmen! Ihre Aufgabe ist die Mutterschaft
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