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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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ja gleich die Galle über! Als er das Schottenkloster, also das Konvent der irischen Mönche, passierte und auch den Platz am Hof, wurde er schon leicht zornig, und als das Fuhrwerk die Bognergasse, den Graben und die Singerstraße erreichte, musste sich Barthel schon sehr zusammenreißen, um nicht gotteslästerlich zu fluchen. Dementsprechend aufgebracht und laut rief er dem Kutscher zu: »Passt, Ferdl. Kannst haltmachen. Den Rest machen die büßenden Weiber scho!« 6 Das Fuhrwerk kam zum Stehen, missgelaunt sprang Barthel vom Wagen und wie aufs Stichwort kamen die ersten Frauen in ihrem schlichten grauen Habit mit der weißen Haube und begannen die Trauben über die hintere Gartenpforte, die zur Weihburggasse ging, in den Innenhof und weiter in den Weinkeller zu schaffen. Eine besonders dicke, die faltigen Arme in die Hüften gestemmt, begann sogleich zu schimpfen: »Na, dass du di auch amal wieder anschaun lasst, Barthel! Wir haben glaubt, ihr kommts heit gar nimma.« 7
    »Is halt ka Katzensprung von Grinzing bis in die Singerstraßen. Hättets ihr Büßerinnen euch halt an Weingarten aufm Stephansplatz schenken lassen solln. Da wär ma schneller da gwesen.« 8 Barthel schaute wütend zu Johanna, die sich da so angriffslustig vor ihm aufgebaut hatte.
    »Geh red net so an Bledsinn, an gschenkten Gaul schaut ma net ins Maul!« 9 , antwortete sie und meinte damit die zahlreichen Wohltäter und Schutzherren des Klosters Sankt Hieronymus, allen voran den Stifter Conrad Hölzler, der den Büßerinnen weitläufige Weingärten um Grinzing vermacht hatte. »Was bist denn so angfressen?« 10 , fragte sie weiter.
    »Ah, nix …«, antwortete Barthel zähneknirschend und beaufsichtigte den Transport der Trauben in den Keller, wo die Holzpresse stand. »Aber wenn i denk, was ihr Weiber dann mit dem schönen …« Händeringend brach der Hauerknecht ab.
    »Himmelkreuzdonnerwetter«, Johanna geriet außer sich, »jetzt fangst frisch wieder mit dem an! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass uns ehemaligen Dirnen hier im Kloster Gastgeben und Weinschank verboten sind.«
    »Aber des is ka Grund, aus an siassen Wein so a saures Zeug zu brauen. All die harte Arbeit wegen so an Fusel.« 11 Barthel schrie jetzt ebenfalls. Puterrot im Gesicht standen sich die beiden gegenüber, bereit, aufeinander loszugehen wie die zwei Zwerghähne, die sich drunten am Schweinemarkt immer um die besten Hennen balgten. Die Knechte und Büßerinnen, die mit dem Schleppen der Trauben beschäftigt waren, grinsten sich zu. Allzu bekannt war dieser Wortwechsel zwischen den beiden. Jeder wusste genau, was jetzt kommen würde.
    »Des saure Zeug heißt Essig, Barthel, Weinessig!«, erklärte Johanna und sah ihn mit blitzenden Augen an. »Damit füttere ich die Dirnen durch und ihre unehelichen Bälger, die ihnen Mannsbilder wie du anghängt haben, gleich dazu! 12 «
    »Ja du kannst mi mal …«, brummte Barthel.
    »Danke nein«, kam es von Johanna, und etwas versöhnlicher, wohl weil sie die Müdigkeit und Erschöpfung in den rot unterlaufenen Augen Barthels erkannt hatte, meinte sie: »Jetzt komm rein, du Sturschädl, mit dir kann ma sich heut net richtig streiten, so fertig wie du bist. Ich hab noch an kühlen Haustrunk in der Küche.« 13 Wie wenn rein gar nichts geschehen wäre, drehten sich beide um und gingen ruhig in den Hof des Klosters, vorbei an den Holzschuppen und Vorratskammern und dann linker Hand Richtung Küchentrakt. Genauso schnell, wie das Donnerwetter gekommen war, hatte es sich auch wieder verzogen und ließ eine sonnig lächelnde Johanna und einen heiteren Barthel zurück.
    Johanna genoss die Freiheiten, die ihr seit ein paar Monaten das Leben erleichterten. Der Anlass war zwar traurig, aber wie jeder Wiener wusste, es gibt halt nix Schlechtes, was net auch was Gutes hätt! Bei der großen Pest im vorigen Jahr wurden auch ein paar Büßerinnen krank. Zwei starben, und als schon alle aufatmeten und meinten, der Seuche entgangen zu sein, da erwischte es die Meisterin, die Cäcilie. Man sollte ja Verstorbenen keine schlechte Nachred geben, dachte Hannerl, aber dass der alte Truthahn mich jetzt nicht mehr hinten und vorn schikanieren kann, ist schon recht angenehm. Denn die Nachfolgerin von Cäcilie hieß Susanna, Susanna von Schweinbart, und die, das wusste Johanna gleich nach der ersten Begegnung, war ein ganz anderes Kaliber. Nicht nur, weil sie viel größer und stattlicher und nicht so mager wie die Cäcilie, sondern weil sie einfach

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