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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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Traubensaft aus der Presse geflossen war, in die Luft. »Du, egal, wos du vorhast, du musst dich sputen, Geduld is net unbedingt die Stärke von meiner Hannerl!«
    Ludwig deutete auf den jungen Randegg, der staunend mit offenem Mund die Szene beobachtet hatte und eigentlich gar nichts verstand. Der Kaufmann meinte gutmütig: »Ach, der Alessandro hat noch etwas bei den Minderen Brüdern zu erledigen gehabt. Deswegen bin ich spät dran, aber jetzt sind wir schon unterwegs. Schnellen Schrittes direkt zur Johanna mit einer guten Lieferung.« Damit klopfte er auf seinen Gürtel mit der Christophorus-Schnalle, dessen Leder heute, wie es Sander plötzlich auffiel, viel ausgepolsterter als sonst wirkte.
    »Na dann«, lachte Barthel sein fast zahnloses Lächeln, griff kurz an den Gürtel, lachte noch mehr und tätschelte seinen Hund. »I muass weida, Vickerl. I muass jo aa zu den Minderen Brüdern, unsere Gretlin suachen. Die is vor den Launen der Hannerl auf und davon.« Sorgenfalten bildeten sich auf der Stirn des Hauerknechts, und er sah sich gleich suchend nach allen Seiten um.
    »Was, die kleine Blonde, die Stickerin?«, fragte Ludwig besorgt.
    »Jo genau, hat a Plerrerei geben in der Klosterkuchl, und da is weg. Aber weißt, Vickerl, des is gfährlich, denn die Büßerinnen derfen halt gar net in der Stadt rumflanieren. Wenns erwischt wern, da setzt’s was vom Herzog und sie wern eingsperrt oder gar datränkt. Da kennt ma nix bei uns, denn des würd ja so aussehn, als wärn sie wieder dabei, ihrem Gschäft nachzugehn.«
    Ludwig, dem nun die Tragweite des Ganzen bewusst wurde und pure Angst in den rotunterlaufenen, müden Augen des Hauerknechts sah, fasste Sander am Arm, drehte ihn kurzentschlossen um und meinte, an den Alten gewandt: »Wir helfen dir, Barthel. Sechs Augen sehen mehr als zwei. Da werden wir die Gretlin schon finden, was, Alessandro?«
    »Worum geht es?«, fragte Sander unwirsch, »vielleicht kann mir mal wer sagen, was da eigentlich passiert ist. Ich habe kein Wort verstanden.«
    »Wos hot der?«, fragte Barthel und schien das erste Mal den jungen Mann an der Seite Ludwigs überhaupt zu bemerken.
    »Ah, der hat gar nichts«, antwortete Ludwig und winkte ab, »lass uns suchen!« Damit begann er schnellen Schrittes loszumarschieren, Sander im Schlepptau. Die drei und ein absolut heruntergekommener Köter gingen wieder Richtung Kloster der Minderen Brüder.
    »Also was soll das denn? Erst hast du es so eilig, und dann gehen wir wieder zurück? Luigi, könntest du mir mal erklären, was da los ist?«
    »Später, mein Freund, später. Jetzt komm und hilf uns, ein blondes Mädchen, ungefähr zwei Köpfe kleiner als du, schlank, schüchtern, mit blauen Augen, zu finden. Komm, beeil dich.«
    Verstört sah Sander zu den beiden Älteren und murmelte: »Bei denen ist nicht nur das Wetter nass, die sind ja selbst nicht ganz dicht.«
    Im Laufschritt erreichten sie schließlich die Außenseite des Langchores, der sich mit seinen aufragenden Spitzbogenfenstern in den nebeligen Himmel erhob. Sander blickte hinauf zum hohen Turm und fragte sich einmal mehr, was er hier eigentlich sollte. Da öffnete sich eine kleine eiserne Tür, mit Rautenmustern verziert, die sich genau zwischen Langchor und Turm befand, und die direkt in die Ostseite der Kirche zu führen schien. Eine schmale Gestalt kam heraus mit einer Haut bleich wie Linnen, dunkelblauen weit aufgerissenen Augen und zerrauftem, blondem Haar, das in langen Strähnen unter einer Nonnenhaube hervorschaute. Aber noch bedrückender als das völlig entgeisterte Aussehen der jungen Frau war ihr Gang. Vorsichtig, von einer Seite zur anderen schwankend, krallte sie sich in das Mauerwerk der Kirche und hinterließ, ohne es überhaupt mitzubekommen, weiße Kratzer im Sandstein. Sie hörte nicht das scharrende Geräusch, das ihre Nägel im Mauerwerk verursachten, und sah nicht die aufgeschürfte Haut, die dort, wo der Stein scharfkantig war, bereits blutete. Die drei Männer standen stocksteif da und starrten die Frau an. Nur der Köter begann zu winseln und stellte sich an ihre Seite. Da erwachte Barthel aus seinem Schock. »Meiner Seel, Gretlin, wos is passiert?« So schnell ihn seine alten Beine trugen, rannte er zu dem bedauernswerten Geschöpf und fasste sie unter, damit sie endlich aufhörte zu schwanken und sich im Mauerwerk festzukrallen. Ludwig, der auch schon einmal gesünder und lebenslustiger ausgesehen hatte, kam seinem alten Freund zu Hilfe und stützte Gretlin

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