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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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und Rufen brandeten auf, und Laurenz Löschenprant wusste, dass er spätestens jetzt der Aufmerksamkeit seiner Zuhörer verlustig gegangen war. Denn jeder, der über eine kleine Menge Fantasie verfügte – und das waren in Wien nicht wenige – stellte sich jetzt die Hübschlerinnen vor, wie sie die Röcke rafften und von Sankt Marx herein in die Stadt liefen.
    »Mei, wir des a Gaudi«, lachten sie sich zu und konnten den Beginn des Volksfestes zu Ehren der heiligen Katharina am nächsten Morgen gar nicht mehr erwarten. Noch einmal ordentlich auf den Putz hauen, fressen, saufen, lachen und tanzen. Denn jedes Kind in Wien, wo es fast mehr Kirchtürme als Rauchfänge gab, wo mehr Pfaffen und Chorherren die Straßen bevölkerten als Bettler, wusste: »Kathrein stellt das Tanzen ein«. Was nichts anderes bedeutete als den Beginn einer traurigen Zeit, wo bis Weihnachten nur Fastenspeisen auf den Tisch kamen, wo noch mehr gebetet wurde als ohnehin schon, wo kleine und große Sünden um vieles schwerer wogen. Dann, wenn es in Wien schon zur Vesper stockdunkel war, wenn es stürmisch war und bitterkalt, ja dann erinnerte man sich gern an die geschürzten Röcke der Dirnen, an deren nackte Hinterteile und wogenden Busen, und dann wurde es einem auch im kältesten Winter wieder warm ums Herz.

    *
    Unweit der Schranne, vorbei am Hühnergässchen, am Schremhaus lag das Krechsenhaus, das seinen Namen von den Kraxen, den Korbwaren, hatte, die im Keller gelagert wurden. Da in unmittelbarer Nähe stand eine schwarze, schlanke Gestalt an die steinerne Einfassung eines Pumpbrunnens gelehnt und blickte versonnen ins Wasser, wo die Fischer ihre gefangene Beute herumschwimmen ließen bis sie sie herausholten, ihnen mit einem Holz auf den Schädel droschen und es in einem Wiener Haushalt frischen Fisch zum Mittagessen gab. Nun zog sich die Gestalt, die bei näherem Hinsehen niemand anderer als Hofmeister Johann Fichtenstein war, ihre schwarze Gugel fest um die Schulter. Er drehte sich weg, wie um zu zeigen, dass er nichts, aber auch gar nichts mit dem jubelnden und plärrenden Pöbel gemein hatte, der eben die Rufe des Laurenz Löschenprant vernahm.
    Doch er war trotz der Lärmbelästigung einigermaßen gut aufgelegt, denn in den vergangenen Tagen war ihm das Glück hold gewesen. Er hatte bekommen, was er wollte und das war dem Hofmeister ja Lebensinhalt genug. So war er nur ein bisschen irritiert und nicht fuchsteufelswild wie sonst, als ihn ein Mann, der sich ganz leise vom Fischbrunnenhäusl angeschlichen haben musste, am Ärmel zupfte. Dieses niedere und einfache Haus, an dessen Pumpbrunnen Fichtenstein lehnte, bot Schlupfwinkel und Nischen genug und war vor allem von allen Seiten zu erreichen, weil es in die Mitte des Hohen Marktes gebaut war. Ohne einen Gruß begann der Mann, der Fichtenstein in seinen wohligen Gedanken gestört hatte, mit den Worten: »Ich weiß, wo Ihr wart.«
    Belustigt hob der Hofmeister die Augenbrauen und lugte halb aus seiner Gugel. Es war doch immer wieder erstaunlich, was für unwahrscheinliche Dummköpfe hier in dieser Stadt auf freiem Fuß waren!
    »Dort in der Kapelle. Ich weiß es«, setzte der Fremde fort.
    Schon ein wenig unruhiger drehte Fichtenstein dem Mann sein ganzes Gesicht zu. Was er sah, stieß ihn ab und faszinierte ihn zugleich. So grobe Züge und eine doch so vornehme Sprache, denn so, wie der Mann die Silben betonte, dürfte er von hohem Stand sein. Eigentlich komisch, dass ich ihn dann nicht kenne, dachte Finkenstein und wartete weiter amüsiert, was da noch so kommen würde.
    »Ich meine«, fuhr der Fremde fort, »dass das Tragen von kurzen Dolchen hierorts gestattet, doch der Gebrauch von langen Stechmessern ausnahmslos untersagt ist!« Fichtensteins Augen wurden größer, und in demselben Singsang fuhr der Fremde fort: »Ich habe sogar gehört, dass bei Übertreten dieses Gesetzes die Hand mit eben derjenigen Waffe öffentlich durchstochen wird. Das würde in Ihrem Fall ja für mehr Aufruhr sorgen als heute die Vorfreude auf das Katharinenfest.« Damit machte er eine ausholende Handbewegung über die jubelnde Menge rund um die beiden herum.
    Fichtenstein schnaufte vernehmlich. Er war nun eindeutig nicht mehr amüsiert. In seinem Kopf formten sich unheilvolle Gedanken. Dieser Mann wusste offensichtlich von seinem Zusammentreffen in der Ludwigskapelle, er wusste vom Messer, und überaus alarmierend war, dass er auch ihn selbst als Person einzuordnen wusste. Das waren drei sehr

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