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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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war es still, fast unheimlich. Niemand schimpfte, keiner schlug den Brotteig, keiner schabte Gemüse, selbst das Feuer, das sonst munter prasselte, gloste nur freudlos dahin. Da klang ein erstickter Laut vom Tisch, und Barthel musste zweimal hinsehen, um zu erkennen, dass seine Hannerl schluchzte. Das war eine völlig neue Erfahrung für ihn, die ihn aufs Tiefste erschütterte. Seine Hannerl, die mit dem Nudelholz warf, als wäre es ein Kieselstein aus der Donau, die mit dem Fleischklopfer schlug, als würde sie Holz spalten wollen! Seine Hannerl saß da und schluchzte. Hilflos schaute er zu Gretlin, die sich ebenfalls mit der Schürze über die Augen strich, wohl kaum, weil ihr ein Flankerl Ruß von der Kerze hineingeraten war. Keine Frage, auch Gretlin weinte, stumm und angstvoll, so wie die letzten Tage auch. In die traurigen Hundeaugen Maronis mochte Barthel erst gar nicht schauen, denn da krampfte sich bei ihm sowieso gleich alles zusammen. Er fühlte sich sehr ungemütlich in seiner Haut und wenn er nicht den Wickerl erwarten würde, um sich mit ihm zu besprechen, dann würde er einfach Reißaus nehmen und sich in einer der Schenken volllaufen lassen, denn so einen Jammer konnte er sich wirklich nicht einmal anschauen!
    Also raffte er sich auf, da er nicht einfach fliehen konnte, machte das Beste aus dieser vertrackten Situation und meinte leise zu Johanna: »Warst bei der Susanna?«
    Ein Schniefen, ein lautes Schnäuzen war die Antwort.
    Wieder setzte Barthel an, bemüht, diese trostlose Stille zu durchbrechen: »Was hat’s denn gsagt, die Susanna?«
    Wieder nichts, außer so ein unbestimmtes Schniefen. Dann, nach einer Ewigkeit, sprach Johanna mit einer Stimme, die ihr gar nicht zu gehören schien, so mutlos, leise und ängstlich klang sie: »Sie hat gemeint, dass sie noch ein bisserl ruhig halten kann. Sie drückt noch ein Aug zu, weil beim Scharlachrennen morgen sowieso alles auf den Beinen is und so ein Durcheinander herrscht. Aber dann meint sie«, hier musste Johanna unterbrechen, um ein weiteres Schluchzen zu unterdrücken, »muss sie das Verschwinden von unserer Yrmel melden. Fast 14 Tag sind’s ja schon, seit wir sie zum letzten Mal g’sehn haben. Da muss die Stadtguardia davon erfahren, meint die Susanna, da kann sie nichts machen, die müssen sie dann suchen, unsere Yrmel!«
    Barthel nickte beklommen. Nach ihr suchen hieß nichts anderes, als sie aufstöbern, festnehmen und des unerlaubten Verlassens des Klosters anklagen. So großzügig die Wiener sich auch dem Haus der Büßerinnen zeigten, so unerbittlich waren die Strafen, wenn sich eine Frau nicht an die Ordensregeln hielt. Strenger Kerker bis zum Abhacken einer Hand – alles war Barthel bei ähnlichen Verfehlungen schon zu Ohren gekommen. Hannerl schluchzte wieder und wandte sich mit roten Augen an Barthel. Sie legte ihre Hand auf seine und flüsterte: »Ich weiß nicht, was werden soll, Barthel. Ich hab schon alles in meiner Macht Stehende getan, um sie zu finden. Alles habe ich durchsucht, das ganze Kloster und die Umgebung. Überall hab ich herumgefragt. Niemand hat sie gesehen. Was soll nur werden?« Barthel wusste nicht, was ihn mehr bewegte, der offensichtliche Schmerz Johannas oder ihre kalte, schwielige Hand auf der seinen. So weit er sich zurückerinnern konnte, nie hatte er so eine Hilflosigkeit an ihr erlebt. So legte er einfach seine Hand auf die ihre und sah sie ruhig an. Nach einer für Johannas Begriffe halben Ewigkeit zog sie ihre Hand zurück, tätschelte Barthel noch einmal kurz die seine und stand schwerfällig auf. »Nutzt nichts. Ich muss meine Essigsachen für morgen herrichten. Susanna möchte, dass wir Büßerinnen draußen in Sankt Marx einen Stand aufbauen. Sie hat dafür eigens eine Bewilligung vom Herzog erwirkt. Das ist ihr sehr wichtig, und ich hab ja allen Grund, es ihr recht zu machen, dafür, dass sie solange ruhig gehalten hat!« Wieder seufzte Johanna, stand auf, strich sich die Schürze glatt und schlurfte auf die andere Seite der Küche. »Ich muss mich beeilen, denn morgen geht es früh los.« Damit nahm sie Krüge von den Stellwänden, kleine, große, runde und schlanke. Barthel sah ihr zu und meinte zweifelnd: »Das machst jetzt alles allein, Hannerl? Da wirst net weit kommen ohne der Yrm …« Bedrückt brach er ab.
    Johanna nickte ihm zu und sagte: »Die Susanna hat mir eine Hilfe zugestanden.«
    Gretlin, die bisher nur schweigend ihren Faden hin und her geführt hatte, blickte hoffnungsvoll auf,

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