Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
ein paar Stunden in der Donau. Jene, die jetzt da im Brunnenwasser schwammen und auf das Holz des Fischers warteten.
Der Fremde setzte ein absolut liebenswürdiges Lächeln auf und sagte: »Nun, da gibt es einiges für Sie zu tun. So ein Messer verdient man sich nicht so leicht. Doch vorerst würde ich mich schon damit begnügen, wenn Sie mich mit zum Hof Albrechts nehmen würden.«
Verblüfft blieb dem sonst so wortgewandten Hofmeister der Mund offen: »Sind Sie … also wollen Sie damit sagen, dass Sie selbst dieses … gedanklich nur … dass Sie dieses Messer …«, stotternd brach Finkenstein ab und zeigte nur mit seinem dürren Finger auf sein Gegenüber. Der Fremde lächelte und wiegte seinen Kopf kaum merklich auf und ab. Finkenstein lächelte nun ebenfalls, etwas angestrengt zwar, aber stetig. Ja, da hatte er es ja wohl nicht mit einem ganz gewöhnlichen Emporkömmling zu tun, der einfach die Luft des Hofes, die Umgebung des Herzogs schnuppern wollte, um seine eigene Wertigkeit zu erhöhen! Das wäre zu einfach. Mit solch einem Geschöpf käme er bestens zurecht, darin hatte er Übung. Aber dieser Mann hier, der schien ja ein ganz anderes Kaliber zu sein. Da half kein Abschmettern, dem musste man entgegenkommen. Nein, so einen dicken Fisch an der Angel!
Scheinbar ganz entspannt meinte er: »Gern, werter Herr. Sie können sich während des morgigen Scharlachrennens in unmittelbarer Nähe des Herzogs aufhalten. Ich werde dafür sorgen, dass Sie zwischen Albrecht und mir reiten können.« Lauernd setzte er nach: »Na, das wär doch was?«, und schnalzte mit der Zunge.
»Ihre Reiterei, Herr Hofmeister, kann mir gestohlen bleiben.«
Fichtensteins Züge nahmen einen enttäuschten Ausdruck an. Konnte es sein, dass es noch viel schwieriger war, diesen Fremden, der vielleicht der rechtmäßige Erbe Tirols war, zufriedenzustellen? Offensichtlich, denn dieser forderte: »Ich brauche keine Zurschaustellung, ich brauche eine persönliche Unterredung, um mein Anliegen vortragen zu können.«
»Das, mein Herr, dürfte nicht so einfach sein«, unterbrach Finkenstein zuckersüß.
»Das«, unterbrach ihn der Mann heftig, und Finkenstein wurde sich der unterschwelligen Drohung unangenehm bewusst, »dürfte sogar sehr einfach sein. Meinen Kenntnissen zufolge findet morgen noch vor der Ehrung der besten Lauffer und vor dem Festmahl beim Bürgermeister eine Unterredung in der Hofburg statt.« Verblüfft, dass der Fremde sich auch hier auskannte, blaffte Finkenstein und gab eigentlich mehr preis, als er von Amtswegen befugt war: »Also, das wäre dann gar nicht passend. Denn die Herren von Wallsee, die von Schaunberg sowie die Passauer Delegation sind anwesend. Sie wollen nicht gestört werden und wählten deshalb diesen ungewöhnlichen Zeitpunkt.«
»Also ich finde«, meinte der Fremde affektiert, »das wäre dann außerordentlich passend.« Schärfer fügte er hinzu: »Melden Sie mich an, Hofmeister, wenn Ihnen am Besitz dieses ganz besonderen Messers gelegen ist!« Damit drehte er sich um und verschwand in der Menschenmenge, die gerade den Lauf der Dirnen verfolgte und sich vor lauter Schreien und Lachen kaum mehr halten konnte.
Fichtenstein blieb eine Weile mit offenem Mund zurück, klappte ihn dann wieder zu und wusste dabei nicht, wie verwechselnd ähnlich er den nach Luft schnappenden Fischen im Brunnen war.
Er war so verdattert, dass er die schmale, schlanke Gestalt nicht sah, die sich, einem Schatten gleich, an die Fersen des fremden Mannes heftete.
*
Die Tür zur Klosterküche wurde mit einem lauten Knall geschlossen, was diesmal nicht das überschäumende Temperament, oder besser gesagt, der ausgewachsene Grant Johannas war, sondern der heftige Herbststurm, der letzte welke Blätter von den Bäumen des Hofes bis hinein auf den Bretterboden der Küche wehte. Erschrocken fuhr Gretlin, die in ihrer Ecke saß und so wie jeden Abend bei Kerzenschein stickte, auf. Maroni sah, wie immer in den letzten Tagen, wenn die Tür geöffnet wurde, hoffnungsvoll hin, um sich dann enttäuscht und winselnd zusammenzurollen. Barthel blickte kurz zu Johanna und erkannte erschrocken, wie müde und alt die Klosterköchin aussah. Dunkle Schatten unter traurigen Augen, eine fahle Gesichtsfarbe und ein Mund, dessen Lippen fest zusammengekniffen waren. Mit einem erschöpften Seufzen ließ sich Johanna auf ihre wohlvertraute Küchenbank fallen, stützte die Ellenbogen auf und vergrub das Gesicht in ihren Händen. In der Küche
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