Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Ohr: »Ich würd da nicht hingehen, da ist nichts mehr zu machen. Der Stadtrichter hat schon mit der Susanna gesprochen. Bist selber schuld, wir wollten dir in der Früh schon sagen, dass der Knecht vom Randegg derjenige ist, der mit seinem Lederschnürl alle um die Ecken bringen will! Die Gretlin hat ihn am Gestank wieder erkannt und er ist auch genau der, den die Yrmel verfolgt hat und der sie dann überfallen hat. Das wollten wir dir sagen. Aber du, du hast ja nicht zugehört, weilst dich bei der Kathi einschleimen hast wollen mit deinen Essiggurkerln.«
»Ach was weißt du denn, Barbel«, schrie Johanna verzweifelt und sah hinüber zum Henker, »Hilfe hab ich wollen holen, weil ich nicht mehr gewusst hab, was ich denken soll über … über … Gretlin, Gretlin, nein!«, schrie Johanna und riss sich von der Alten und von Yrmel los, lief zur Pforte und warf sich dem Henker entgegen. Dann zerrte sie am Arm der armen Gretlin, die inzwischen den Schergen übergeben und in deren Mitte festgehalten wurde.
Valentin Frühauf, der Stadtrichter, fasste Johanna am Arm und zog sie kurz, aber resolut zur Seite: »Geh weg Weib«, meinte er barsch.
»Aber was habt ihr denn mit der Gretlin vor?«, schrie sie und wehrte sich verzweifelt.
»Diese Büßerin wurde der Wiederbetätigung beschuldigt und sieht einem Strafverfahren und einem Urteil entgegen!«, sagte der Stadtrichter noch immer sehr ruhig.
»Die Gretlin? Aber wer bitte hat sie beschuldigt? Das ist doch nicht möglich, weil … weil …« Johanna sah zu Gretlin, die weiß wie die Wand zwischen den Schergen stand und mit weit aufgerissenen Augen auf den Knecht des Randegg starrte. Frühauf sagte: »Das war dieser Mann!« Damit starrte auch er diesen Knecht an.
»Was«, kreischte da Johanna, »einem dahergelaufenen Falotten glaubt ihr, dem da, dem stinkenden Bock mit dem toten Federviech da herum, der soll über Leben und Tod meiner Gretlin bestimmen?«
Da war es mit der Ruhe des Stadtrichters vorbei und er brüllte, dass alle Anwesenden, einschließlich Barbel, zusammenzuckten. »Ich verbitte mir eine solche Sprache, Weib. Wie kannst du es wagen, dermaßen respektlos von diesem Herrn zu sprechen!«
»Herr, welcher Herr?«, kreischte Johanna erneut und sah besorgt zu Gretlin, die wieder scheinbar teilnahmslos dreinschaute, was nichts anderes bedeutete, als dass sie kurz davor stand, einen hysterischen Schreianfall zu bekommen.
»Dieser Herr«, meinte der Stadtrichter nun wieder ruhiger, »ist niemand geringerer als Heinrich von Schaunberg, Sohn des Ulrich von Schaunberg, in seiner Eigenschaft Berater unseres hochwohlgeborenen Herzogs Albrecht. Und jetzt, Weib, aus dem Weg, geredet worden ist jetzt genug!«
Stille senkte sich über den Platz. Auch Hanna schwieg erschüttert. Da durchdrang ein markerschütternder Schrei, auf den kurze, abgehackte Schluchzer folgten, das Schweigen. »Er war’s, Hanna. Die Elsbeth, der Geruch, Hanna, die Yrmel hat ihn beobachtet, da waren wir dann sicher. Ich wollt es dir doch heute Morgen schon sagen, er war’s. Und meine schwarzen Adler, die hat er auch …« Damit brach Gretlin zusammen und wurde, leicht, wie sie war, von den Schergen hochgehoben und in Richtung Hoher Markt geschleift. Johanna sah dem Knecht des Randeggs ins lächelnde Gesicht. Ihre Lippen formten lautlos den Namen Heinrich von Schaunberg. Ungläubig schüttelte sie den Kopf.
*
»Ein schöneres Weib hat noch kein Mensch gesehen …«, sang Ewald mit seiner inzwischen recht tiefen und geübten Stimme und bekam postwendend eine Kopfnuss von Sander. Lachend setzte er fort: »Wer sie kennt, der kann mit Recht nur sagen: An ihr ist alles fehlerlos. «
»Musst du denn hier, vor dem Regensburger Hof, so ein Trara veranstalten, die Leute schauen schon! Die kennen mich als erfolgreichen welschen Feldherrn im Dienste des Herzogs und nicht als Hanswurst.« Verärgert schnaufte Sander.
»Ihr Antlitz leuchtet wie die Sonne, und klar die hellen Augen, rot der Mund …«, trällerte Ewald weiter und puffte seinen wiedergewonnen Freund aus Jugendtagen so lang in die Seite, bis dieser seinen Groll vergaß und zu lachen begann.
»Dir werde ich nichts mehr erzählen, das sag ich dir«, gluckste Sander und schüttelte Ewald ab, »du bist übermütig wie eh und je und dämlich noch dazu!« Lachend umarmte Ewald den jungen Randegg und meinte: »Für mich bleibst du immer der verweichlichte quengelige Ziehsohn des Patriarchen, ich pfeif auf deinen militärischen Erfolg!
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