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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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sprach er: »Sie, also Gretlin, war die ganze Zeit im Besitz des goldenen Tuches mit den schwarzen Adlern, Ewald. Sie hat von gar nichts gewusst. Wer die Adlerstola hat, der ist der Erbe, denn die ist von niemand Geringerem als von Ludwig dem Bayern!«
    »Dem Kaiser? Das kann nicht sein, da musst du dich täuschen!«
    »Das hat mir mein Oheim so anvertraut. Das heißt, dass ich die ganze Zeit nach dem Falschen gesucht hatte. Mein Oheim hat einen Säugling gerettet. Mehr hat er mir ja nicht gesagt, wie sollte ich wissen … Die Gräfin von Tirol hinterließ einen Erben, aber es ist kein Mann, sondern …« Sander schluckte.
    »Eine Frau, wie sie selbst eine war«, vollendete Ewald den Satz und schüttelte erstaunt sein Haupt.
    »Deswegen wird es nicht so leicht sein, Gretlin da heraus zu holen, sie wird zu Tode kommen, Ewald, nicht, weil sie als Büßerin versagt hat«, er lachte gequält auf, »eine Büßerin, die sie ja nicht einmal sein darf, sondern weil sie die rechtmäßige Erbin von Tirol, Tochter des Brandenburgers und der Herzogin ist.«
    »Ich frage mich nur, Sander«, meinte Ewald nachdenklich, »wie Heinrich das herausbekommen hat.«
    »Nun«, antwortete Sander leise, »er war ja immer dabei, er kannte meinen Oheim, er war mein Diener, die ganze Zeit. Als er das Stück Stoff bei Johanna gesehen hat, da hat er sich ja gleich ausgekannt. Er ist verwachsen, rachitisch, krank, aber nicht dumm. Ewald, dieser Heinrich war mir die letzten Jahre eine große Hilfe. Er ist eigentlich, wenn ich es recht bedenke«, Sander dachte nach und rieb sich mit den Fingerspitzen die Stirn, »erstaunlich!«
    Johanna, die sich inzwischen etwas gefangen hatte, kam näher zu den beiden und legte Sander die Hand auf die Schulter. »Ich hab dir noch etwas zu sagen, Alexander. Es geht um deinen Knecht. Er ist auch nicht das, was er vorgibt zu sein, ich weiß es vom Stadtrichter persönlich. Also da gibt es keinen Zweifel.« Als Johanna Alexander von Randegg den wahren Namen seines vermeintlichen Diener kundtat, wollte sich dieser schreiend zum Hohen Markt aufmachen, doch Ewald hielt seinen Freund mit aller Kraft zurück. Er umfing ihn mit seinen starken Armen und summte leise in sein Ohr, immer wieder, so lang, bis sich sein Freund nicht mehr wehrte: »Ihr Antlitz leuchtet wie die Sonne, und klar die hellen Augen, rot der Mund …«
    Dann hielt er ihn eine Armlänge weg und flüsterte: »Mit Wut, Zetern und Gebrüll kannst du ihr nicht helfen, Sander, komm mit, wir müssen zu Beatrix!«

    *

    Die hohe Frau saß auf ihrem Holzstuhl, den geschnitzte Löwenköpfe als Armlehnen zierten, und beschäftigte sich scheinbar eingehend mit ihrer am großen Rahmen aufgespannten Stickarbeit. Sie hielt ein burgunderrotes Garn gegen das Licht. Sieben brennende Kerzen auf einem Kandelaber, der in der Wölbung der dreigeteilten Maßwerkfenster aufgestellt war, tauchten den Raum in ein anheimelndes Licht. Diese große Kammer, die sich im Nordtrakt der Burg befand, war nur eine von vielen repräsentativen Räumlichkeiten und wurde bevorzugt zum Empfang von Gästen genutzt, wenn der anschließende Königliche Saal, wo auch Recht gesprochen wurde, zu groß erschien. Die Familie liebte dieses Zimmer nicht zuletzt deshalb, weil es nicht wie der Saal über zwei Geschosse ging, sondern die Decke niedriger war, und ein munteres Feuer im Kamin ausreichte, es jetzt im November halbwegs warm und gemütlich zu machen. Die Dame am Fenster nickte bedächtig mit dem Kopf und entschied sich dann doch für altrosa Fäden, um die Blütenblätter des kleinen Rösleins an der Bordüre zu sticken.
    Sie würde einen ganzen Rosengarten sticken, um nur ja nicht in das verschlagene, widerliche Antlitz des Hofmeisters blicken zu müssen, der sich eben in seiner Wichtigkeit sonnte, lässig an der Balustrade lehnte und ihren Gatten, dem Herzog, gestenreich seiner Unterstützung versicherte.
    »Mir ist das schon von Beginn an sehr beunruhigend erschienen«, hörte sie Fichtenstein, wie immer von oben bis unten in Schwarz gekleidet, die Beinkleider so eng um die dünnen Waden, dass sie wie Spinnenbeine wirkten, mit der ihm eigenen nasalen Stimme sagen.
    »Und warum dann, werter Hofmeister, dringt diese Kunde erst jetzt an mein Ohr«, der Herzog, der es auf seinem Stuhl hinter einem großen Pult nicht mehr ausgehalten hatte, ging auf und ab und hielt, wenn immer er am kunstvoll mit Arabesken eingerahmten Kamin vorbeikam, schnell die Hände über das prasselnde Feuer. Seine Gattin

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