Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
eindeutig!« Heinrich schrie bei diesen Worten auf wie ein verletztes Tier.
»Erbe und Mörder zugleich – was es nicht alles gibt! Aber es ist ja nicht verwunderlich, wenn man direkt aus dem Schoß einer mit dem Kirchenbann belegten Vorfahrin schlüpft.« Beifällig nickte Hofmeister Fichtenstein, gratulierte sich zu seinen eigenen Worten und stellte sich hinter Schaunberg. Nur Albrecht gilt es noch zu überzeugen, dachte Sander im Stillen, alle anderen haben verstanden. Er sandte hilfesuchende Blicke zu Beatrix. Diese deutete ein leichtes Nicken an und hakte sich bei ihrem Gemahl, der nachdenklich vor dem Fenster stand, unter. »Wie sollte er uns sonst von Geheimnissen, wie dem Schutzbündnis des Schaunbergers berichten können, wenn er nicht der Enkel Ludwigs von Brandenburg ist. Wie sollte er das denn wissen! Wie sonst könnte man seinen Hass auf uns Habsburger erklären? Und schau ihn dir an, Albrecht, er kann nur ein Erbe dieser abtrünnigen Margarete sein, die zeitlebens im Bannfluch der heiligen Kirche stand, das ist die Strafe, dieser kränkliche und verwachsene Geselle.« Da der Herzog noch immer nicht überzeugt schien, fuhr Beatrix ihr letztes Ross in die Schlacht und flüsterte: »Ich war bei Katharina, sie würde es sehr gern sehen, wenn wir den Erben endlich finden und ausschalten könnten. Um die Sache mit den Minderen Brüdern würde sie sich selbst kümmern, soll ich dir ausrichten.« Als sie den beruhigten Blick aus den Augen ihres Gatten empfing, wusste Beatrix, dass sie gewonnen hatte.
»Nun, da ja alles geklärt ist, wird meine Anwesenheit hier nicht mehr erforderlich sein! Ich empfehle mich.« Ulrich stand bestimmt auf und verließ die große Kammer. »Bis auf Weiteres, mein lieber Oheim«, rief ihm der Herzog noch nach, »sobald Ihr wieder etwas – besser beieinander seid, wünsche ich ein ausgiebliges Gespräch über meine besten Freunde, die Bayern. Von denen dürft Ihr ja einiges zu berichten haben!« Mit einem lauten Fluchen flog die Tür hinter dem Grafen ins Schloss. Heinrich, der unerwartet schnell auf die Beine kam, machte Anstalten, Ulrich nachzulaufen. Beatrix sah alarmiert zu Albrecht, doch dieser winkte ab, nickte, und auf einen geheimen Wink lösten sich zwei Knechte von der Tür und verließen gleich hinter Heinrich die herzogliche Kammer. Beiläufig meinte Albrecht zu seiner Gattin: »Keine Angst, der kommt nicht weit!«
Mit falscher Liebenswürdigkeit wandte er sich dann seinem Hofmeister zu, der sich Schritt für Schritt dem Ausgang genähert hatte und gerade den kunstvoll verzierten Türknauf in die Hand nehmen wollte. »Wohin so schnell, Hofmeister?« Abrupt drehte der sich um und stammelte: »Auf mich wartet eine Menge Arbeit, Herzog. Weiß der Teufel, was in Wien so passiert, wenn ich nicht achtgebe.« Damit verschwand er nach draußen.
»Ja, weiß der Teufel«, wiederholte Albrecht und drehte sich resigniert um. Da klang ein zaghaftes Räuspern durch den Raum. Alexander von Randegg machte sich bemerkbar.
»Was gibt es noch, die Nacht war ja wahrlich lang genug und der Morgen umso unerfreulicher«, blaffte Albrecht Sander an, der keine Anstalten machte, die große Kammer zu verlassen und nervös von einem Fuß auf den anderen trat.
»Es ist nur … eine Unschuldige«, Sander holte tief Luft und versuchte, festen Stand zu bewahren, obwohl ihn starker Schwindel erfasste, »eine Unschuldige, seltsam verstrickt in die Ereignisse der heutigen Nacht, wird gerade zur Donau geführt, um ertränkt zu werden, und«, er wischte sich kalten Schweiß von der Stirn, »ich bitte um ihr Leben, jetzt wo alles geklärt ist, und …« Weiter kam Sander nicht. In dem Augenblick, wo er laut ausgesprochen hatte, was ihm die ganze Zeit auf der Seele lag, war er am Ende seiner Kraft.
Beatrix, die fühlte, dass hier eine kleine Gefälligkeit angebracht war, drehte sich zum Ohr ihres Mannes und flüsterte ihm etwas zu.
Albrecht grinste leicht, wurde aber sofort wieder sehr ernst und fragte Sander. »Wer soll sie sein, die Unschuldige, Edler von Randegg? Wie wenn eine Frau je unschuldig sein könnte …« Damit heimste er einen bösen Blick von Beatrix ein.
»Sie gehört dem Orden der Büßerinnen zu Sankt Hieronymus an, die Unschuldige«, murmelte Sander, fest entschlossen, die wahre Identität Gretlins so lang als möglich zu verschweigen.
»Ach ja, ausgerechnet«, lachte da der Herzog geradeheraus »eine Unschuldige bei den büßenden Frauen? Was es nicht alles gibt!« Damit
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