Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
undefinierbares Keuchen von sich, und Ulrich nickte angewidert. »Und wenn ich Sie recht verstanden habe, Hofmeister, was gar nicht so einfach ist, dann beschuldigen Sie diesen Mann eines Mordes?« Fichtenstein blickte auf und nickte heftig, bevor er sprach: »Jawohl, Herzogin, ein Mörder, das ist er!«
»Interessant.« Damit spähte Beatrix vorsichtig zu Sander und fuhr mit fester Stimme fort. »Sehr interessant. Für mich stellt sich die Frage, woher dieser Mensch all seine Kenntnisse hat. Er weiß von den Messern des Bartholomäus im Besitz eines Minderen Bruders, er weiß um geschriebene Briefe, von deren Existenz ich nicht einmal ahne, ja er weiß sogar um Ihre – nun wie soll ich es nennen, Graf – Machenschaften, Ansinnen …« Beatrix verstummte und sah nacheinander den keuchenden Heinrich, den um seine Fassung bemühten Ulrich und den ängstlichen Hofmeister an. Dann atmete sie hörbar ein, erhob sich und trat auf Sander zu. »Sie, Alexander von Randegg, sind ja auch mit einer besonderen Aufgabe nach Wien gekommen, und langsam frage ich mich«, Beatrix blinzelte Sander unmissverständlich zu, bevor sie sich umdrehte und an alle anderen gewandt, fortfuhr, »ich frage mich, ob wir nicht hier in diesem Raum der Klärung ihrer Aufgabe näher sind als vorerst angenommen, ich sehe es förmlich vor meinem geistigen Auge, wie der goldene Schlüssel zu ihrem Rätsel umherschwebt, gleichsam auf Adlerschwingen ….« Albrecht bedachte seine Gattin wegen dieser gar zu blumenreichen Rede mit einem erstaunten Heben seiner Augenbraue, doch Sander lächelte erleichtert und verstand. Beatrix präsentierte ihm eine Lösung auf dem Silbertablett, er brauchte nur zuzugreifen. Die schwarzen Adler, die goldene Stickerei, schoss es ihm durch den Kopf und er konnte nur beten, dass ihm Johanna die Wahrheit darüber gesagt hatte. Eine kurze Zeitspanne, so kurz wie der Flügelschlag einer Amsel nur, dachte er nach und wandte sich dann bestimmt an den Herzog und seine Gattin: »Mein verstorbener Oheim, Bernhard von Randegg, Patriarch von Aquileia gab mir den Auftrag, nach dem Erben der Gräfin Margarete von Tirol zu suchen, den er einst auf Anweisung der hohen Dame als Säugling außer Landes gebracht hatte.«
»Was für ein Erbe, Randegg? Was soll das denn schon wieder? Mein Bruder Rudolf war der Erbe von Tirol, er allein!«, polterte Albrecht.
Sander nahm all seinen Mut zusammen und schüttelte langsam den Kopf, bevor er weiter sprach: »Ich wünschte, es wäre so, Euer Gnaden. Aber die Gräfin hatte eine Tochter Agnes, die ihr einen Enkel gebar.«
»Und wo ist er, dieser Enkel, wo? Zeigt ihn mir!«, schrie Albrecht aufgebracht.
Sander blickte kurz zu Beatrix, die ihm aufmunternd zunickte, und stürzte sich sogleich mit all seiner aufgestauten Wut auf Heinrich, der überhaupt nicht wusste, wie ihm geschah. Mit einer flinken Handbewegung untersuchte er die Taschen dessen Umhanges, bis er erleichtert ein Stück schweren Stoffes fühlte. Danke, Johanna, danke dir tausendmal, dachte er. Schnell ließ Sander das wertvolle Teil hinter seinem Rücken verschwinden. Sofort erfüllte der durchdringende Geruch nach Hering die große Kammer. Mit einem Fußtritt beförderte Sander seinen ehemaligen Diener in die Ecke des Raumes und wandte sich seelenruhig an Albrecht: »Mein Oheim hat mir ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass ich den Erben an einem abgerissenen Stück der Stola von Ludwig dem Bayern erkennen würde. Er selbst hat es dem Säugling in die Windel gesteckt.« Damit zeigte er das bis jetzt hinter seinem Rücken verborgene Stück Stoff dem erstaunten Herzog und fuhr fort: »Und wie es Eure besonnene Gattin schon längst geahnt hat, werter Herzog, ist der Erbe mitten unter uns!« Damit zeigte er auf den in der Ecke nach Luft ringenden Heinrich. »Ich gehöre nicht zur Luxemburger Brut, ich nicht, ich habe diesen Stoff von den Büßerinnen. Aus dem Mist habe ich ihn gefischt, er gehört mir nicht!«
Als Albrecht, Ulrich und Fichtenstein entsetzt auf Heinrich starrten, nickte Beatrix Sander zufrieden zu und setzte noch lautstark nach: »Wer die Adlerstola vorweist, ist der wahre Nachkomme der Gräfin Margarete und der rechtmäßige Erbe Tirols! Er ist eine Gefahr für Habsburg!«
Ulrich von Schaunberg bedachte die Herzogin mit einem langen Blick, lächelte grimmig und murmelte. »Eben. Dieser Kretin kann nicht mein Sohn sein, denn ich habe keinen Sohn, nie gehabt! Er dürfte wohl aus dieser kranken Tiroler Linie stammen,
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