Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
gesagt. Und jetzt ist sie tot, die Elsbeth. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Ich kann auch niemanden fragen, denn ich hab immer nur die Elsbeth gefragt, und die hat mir dann immer gesagt, was ich tun soll. Kannst du mir jetzt vielleicht sagen, was ich tun soll? Johanna, kann ich dich jetzt fragen?«
»Elsbeth hätte dich auch nicht ewig schützen können, Mädchen. Mich wundert es sowieso, dass sie es so lang geschafft hat.« Und dieser elende Hurenbock dich nicht einfach geschnappt und sich mit dir vergnügt hat, dachte sie bei sich. Laut seufzend stützte sich Johanna auf den Tisch und schüttelte sich. Fragend sah Gretlin zu ihr auf. Weinberl rückte näher an das Mädchen und legte ihren Kopf in deren Schoß. Auch die Hündin sah zu Johanna.
»Ja, Kreuzdonnerwetter, jetzt schaut’s mich halt beide nicht so an, als wär ich der Erzengel Gabriel.« Erschreckt fuhren die beiden zusammen. Yrmel, um Beruhigung bemüht, strich Gretlin sanft über die Schulter und brummte Weinberl zu.
»Also Yrmel, dieses Getue um diese räudige Hündin gewöhnst du dir schnell wieder ab. Das bringt keinen weiter.« Johanna schüttelte resolut den Kopf und knallte wieder einmal den Brotteig auf das Holzbrett. »Immer mir passieren solche verzwickten Sachen, dieses Mädchen, dieser Köter …« Daraufhin war es mucksmäuschenstill.
Nach einer endlos langen Pause beugte sich Johanna zu Gretlin, nicht ohne sich vorher das stumme Einverständnis der wartenden Yrmel geholt zu haben, und redete in einer für sie erstaunlich moderaten Lautstärke: »Also Mädchen, so schwer war das doch gar nicht, uns die Wahrheit zu sagen, oder?« Gretlin nickte kaum merklich, aber es rannen ihr immer noch Tränen über die Wangen, was Johanna mehr zu schaffen machte, als sie zugeben wollte und konnte.
Es hatte sich annähernd so zugetragen, wie sie bereits vermutet hatte. Das machte die Sache nicht leichter. Gretlin war also tatsächlich die erste Jungfrau, die hier in Hieronymus Zuflucht suchte. Das durfte niemand erfahren, soviel stand fest. Als Erstes musste sie Zeit gewinnen, um diesem Kind Gelegenheit zu geben, sich zu fangen und um zu überlegen, was sie mit diesem Mädchen, das scheinbar niemanden hatte, der sich um sie kümmern konnte, machen sollte.
»Also, wir machen das so«, damit räusperte sie sich vernehmlich, »du wirst vorerst einmal niemandem erzählen, was dir widerfahren ist, da unten,« damit zeigte sie wieder zwischen die Beine, oder vielmehr, was dir Gott sei Dank nicht widerfahren ist, dachte sie bei sich und blickte Yrmel vielsagend an, die unmerklich nickte und die Augen niederschlug.
Dann setzte sie wieder laut fort: »Wir werden mutig sein, wir beide. Wir gehen zur Meisterin und bitten sie, dich hier zu behalten.« Auf dieses Leuchten in den Augen Gretlins reagierte sie sehr schroff:
»Aber so einfach ist das nicht. Ich hab schon Yrmel und Marlen am Hals, hier in der Küche. Ich muss mir was einfallen lassen, was eine weitere Arbeitskraft rechtfertigt.« Betreten blickte Yrmel zu Boden.
»Ja, mei, jetzt sei doch nicht gleich so angfressen, Yrmel. Ich versuch es ja!« Schnaubend wandte sich Johanna wieder dem Teig zu, der ein wenig aufgegangen war und eigentlich gar keine Behandlung mehr brauchte. Aber wie üblich konnte sie besser Gedanken ordnen, wenn sie hemmungslos auf etwas eindrosch.
»Na dann schauen wir einmal. Meisterin Cäcilie kann ich nur mit Geld ködern. Was anderes interessiert sie nicht. Und ich kann nur etwas mit meinem Essig zaubern, denn da kenn ich mich wirklich aus. Irgendwas Gesundes, Reines. Was jetzt zum Frühling passt, fasten, putzen, sauber sein … Fällt euch dazu etwas ein?«
Yrmel runzelte die Stirn, stemmte die Arme in die Hüften und drehte sich in der Küche herum. Gretlin streichelte Weinberl und machte keine Anstalten, sich von ihrer zusammengekauerten Haltung vor dem Ofen zu erheben. Sogar die Hündin schaute gelangweilt drein.
»Na, eine große Hilfe seid ihr beide mir ja nicht unbedingt. Von dir, du Viech, red ich erst gar nicht.«
Yrmel blieb abrupt stehen und starrte auf eines der Holzregale. Johanna, die sich wieder dem Teig widmete, brummelte dabei vor sich hin:
»Essiggurkerln, eigelegte Birnen, Zwetschken, Marillen. Hab ich alles schon, mein Gott, ich brauch was Neues, sonst beißt der alte Truthahn nicht an!«
Fast lautlos erhob sich Gretlin und verständigte sich gestikulierend mit Yrmel. Als beide ein Glas Salbei und Honig vor Johanna hinstellten, sah diese
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