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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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Mal über ihr graues Habit, der faltenfrei ihre üppigen Formen umhüllte. Ich verstehe nicht, dachte sie, warum uns diese alte Truthenne so lang warten lässt. Dann strich sie Gretlin die Zöpfe glatt, kniff ihr in die blassen Wangen, um sie ein wenig gesünder aussehen zu lassen. »Wird schon gut gehen, Mädchen, wirst sehen …«, meinte sie aufmunternd und tätschelte ihr die magere Schulter.
    »Johanna, schau doch einmal diese schöne Kemenate, nie habe ich etwas Helleres gesehen!« Gretlin breitete ihre dünnen Arme aus und drehte sich im Kreis.
    »Du hörst mir gar nicht zu, Mädchen«, meinte Johanna und kniff die Augen zusammen. Ein sicheres Zeichen, dass sie sich langsam aber sicher zu ärgern begann.
    »Schau nur, die breite Holzbank an der Wand, da liegt nicht nur eine gestickte Decke, sondern sogar ein Federkissen drauf. Wunderschön.« Staunend hob Gretlin ihre Hand zum Mund.
    »Dir ist das vollkommen egal, dass wir hier bestellt sind bei der Meisterin, oder?« Johannas Stimme bekam schon einen leicht schrillen Unterton.
    »Wie ist das Holz des Lehnsessels schön, so eine Maserung habe ich noch nie gesehen. Und der Tisch, die Platte glänzt ja, so lang ist die poliert worden. Und das Salzfass, das da draufsteht, das ist aus Metall, oder? Ist das am Ende gar ein Drache, der am Deckel ist?« Übermütig kicherte Gretlin.
    »Mädchen, wir sind weder da, die Möbel der Meisterin zu betrachten, noch irgendwelche Viecher auf irgendwelchen Salzfässchen lustig zu finden, sondern uns um deine Zukunft zu kümmern. Jetzt komm, versteh doch …« Johanna probierte es mit Engelsgeduld, doch wie es schien, drangen ihre Worte nicht bis zu dem jungen Mädchen durch.
    »Schau, da in der Ecke ist ein Vogelbauer mit Singvögeln, und erst das Licht, das durch die Fenster dringt. Das sind wohl keine Tierhäute, gell, Johanna?«
    »Nein«, meinte diese und gab alle Anstrengung, Gretlin von der Wichtigkeit ihres Besuches bei der Meisterin zu überzeugen, auf. »Das ist Waldglas, etwas ganz Neues und Besonderes in Wien, mein Kind. Deswegen kommt das Licht auch so schön in das Zimmer herein. Und bevor du noch weiter fragst: Ja, das da hinten ist das Bett der Meisterin. Und ja, da geht man Stufen hinauf und da liegen Bettwäsche und ein Ohrenkissen drauf. Nein, das geht zu weit, Mädchen …«, Johannas Stimme glich einem Schwerthieb, »ansehen ist eine Sache, aber angreifen … Leg das Kissen bitte wieder auf die Bettstatt, Gretlin, leg das wieder hin, Gretlin!«
    Just in dem Moment – Cäcilie hatte immer ein besonderes Gespür für den richtigen Zeitpunkt – kam die Meisterin zur Tür hereingetrippelt und sah sich einer mit rotem Kopf schreienden Johanna und einer verträumt dreinblickenden Gretlin gegenüber, die zu allem Überfluss noch ein besticktes Ohrenkissen sanft streichelte.
    »Gegrüßt sei Jesus Christus …«, setzte Cäcilie hoheitsvoll an, und überrascht und verdattert setzte Johanna fort: »… in alle Ewigkeit, Amen.«
    Stille breitete sich aus, keine angenehme Stille, sondern eher eine gespannte, wo niemand so recht wusste, was nun als Nächstes geschehen sollte. Eine Stille, die beiden Frauen gleich unbehaglich erschien – bis auf Gretlin, die weiterhin über das Ohrenkissen strich und dabei lächelte wie der Erzengel Gabriel in seiner besten Zeit. Sie schien sich wirklich wohlzufühlen.
    »Gretlin, leg das hin«, zischte Johanna ein letztes Mal und blickte entschuldigend zu Cäcilie. Diese hatte im Nu die Situation erfasst und freute sich diebisch, dass sich ihre sonst so aufmüpfige Köchin in arger Bedrängnis befand. Gott möge ihr vergeben, aber diesen Zustand wollte die Meisterin bis zur Neige auskosten. Das hatte sie sich, wie sie meinte, nach all den Frechheiten Johannas wahrlich verdient.
    »Nun, Johanna, wie ich höre hat sich die freie Tochter Gretlin in den letzten Tagen bereits im Kloster eingelebt – und wie man sieht«, damit zeigte sie auf das noch immer abwesend scheinende Mädchen, das inzwischen den Polster gegen das Licht drehte »fühlt sie sich schon wie zu Hause.« Sehr laut räusperte sich die Meisterin dann, drehte ihren faltigen Hals Richtung Gretlin und blickte sie mit ihren kleinen, stechenden Augen durchdringend an. Mit einem Ruck sprang das Mädchen zurück, und Johanna war klar, dass sie erst jetzt der Anwesenheit der Meisterin gewahr wurde. In welcher Welt hatte das Mädchen nur eben verweilt? Überrumpelt stieß Gretlin an eine mit Schnitzereien verzierte

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