Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Truhe, ließ das Ohrenkissen fallen und zitterte vor Schreck. Johanna seufzte gottergeben und dachte, dass das wohl einer der schlechtesten Auftakte zu einem wohlmeinenden Gespräch darstellte. Doch wie immer, wenn sie sich knietief im Fettnäpfchen befand, beschloss sie, dem Schicksal die Stirn zu bieten. Sie atmete tief durch, dass die Seitennähte ihrer Kutte, die sich fest um ihren üppigen Busen spannte, bedenklich knackten, reckte das Kinn und hob mit fester Stimme an:
»Verehrte Meisterin, Ihr sprecht weise. Gretlin, die freie Tochter«, bei dieser Bezeichnung kreuzte sie im Geiste ihre Finger und bat alle ihr im Augenblick gewogenen Heiligen um Vergebung, »hat sich wirklich schon gut bei uns eingelebt. Wir können uns ein Miteinander in Buße und Arbeit ohne sie gar nicht mehr vorstellen.«
Aufmunternd nickte sie dem Mädchen zu, das verschämt das Kissen an seinen Platz legte, nicht ohne vorher noch einmal liebevoll darauf zu blicken. Mein Gott, hilf mir, dass die Göre diesen vermaledeiten Polster endlich aus den Fingern lässt, dachte Johanna und fuhr laut fort:
»Ich denke, dass sie sich ein bußfertiges und gottesfürchtiges Leben in unserer Gemeinschaft durchaus vorstellen kann!«
Cäcilie, der der Ton der nun wieder selbstsicheren Johanna so gar nicht ins Konzept passen wollte, erwiderte unwirsch: »Na, nicht so schnell mit den jungen Pferden. Wir wissen doch alle, dass die Plätze in unserem Kloster begrenzt sind. Johanna, dir brauche ich ja nicht zu sagen, dass wir immer sehr vorsichtig mit den Mitteln umgehen müssen, die uns die Wiener Bürgerschaft zur Verfügung stellt.«
Das genau musst du sagen, du alte, habgierige Schachtel, dachte Johanna und setzte zuckersüß lächelnd fort: »Natürlich, geschätzte Meisterin, weiß ich um das Joch der Sparsamkeit, das das Kloster Sankt Hieronymus zu tragen hat.«
»Jede, ich meine da wirklich jede muss ihr Scherflein dazu beitragen, dass wir in diesen schlechten Zeiten leben und Gott weiterhin mit Gebeten dienen können.«. Cäcilie schwenkte ihren mageren ausgestreckten Zeigefinger Richtung Gretlin, die sich wie unter Schlägen duckte.
Ja natürlich, damit dein Geldsäckel noch voller wird, dachte Johanna mit Ingrimm und fand es an der Zeit, mit ihrem Gurgelwasser herauszurücken, bevor der Jähzorn mit ihr durchging, was ja bekanntlich immer noch mehr Durcheinander veranstaltete und keinem helfen würde.
»Aus diesem Grund, werte Cäcilie, haben wir uns in der Küche ein neues Essigwasser einfallen lassen.« Johanna wartete gebannt.
»Was denn schon wieder, Johanna? Mittlerweile legen wir ja alles sauer ein, was nur da draußen wächst und gedeiht.« Gelangweilt blickte die Meisterin ihre Köchin an, die wiederum schwer zu tun hatte, ihren Jähzorn, der aufflammte wie Feuer in der Hölle, zu unterdrücken.
»Nun, wir gehen jetzt einen etwas anderen Weg, den der gesunden Schönheitsmittel sozusagen.«
»Der gesunden Schönheitsmittel ?«, krächzte die Truthenne.
»Ja. Wir wollen mit einem speziellen Elixier dem schlechten Atem der Menschen zu Leibe rücken. So wie Christus einst mit guten Taten dem Pesthauch der Hölle.«
»Sehr löblich!«
Johanna wusste, dass die Meisterin bereits angebissen hatte. Sie musste nur einen Blick auf den faltigen Hals werfen und war im Bilde. Wenn der sich faltig zusammenschob und schnell wieder auseinander, dann war die Alte in Aufregung. Jetzt galt es, ihr den Veilchenessig in kleinen Schlückchen zu servieren und so nach und nach zum Kernpunkt der Sache zu kommen. Auf jeden Fall durfte Cäcilie nicht wissen, dass die Essenz bereits schon so weit gediehen war, dass man ans Verkaufen denken konnte. Das würde selbst für Johanna zu gefährlich sein. Denn nur zu leicht könnte man ihr ungebührliches, eigenständiges Handeln vorwerfen. Und außerdem: Zappeln musste die Truthenne, zappeln!
Johanna schwieg erst einmal ausgiebig. Sie spürte, wie die Meisterin ungeduldig wurde und ihr Kinn hin und her schob. Dann seufzte Johanna schwer, atmete durch und sah, wie Cäcilie sie mit aufgerissenen Augen anstarrte und an ihren Lippen hing. In sich hineinlächelnd glaubte sie, die alte Truthenne nun so weit zu haben, um ihr einen nächsten kleinen Brocken zuzuwerfen.
Gerade als sie ansetzen wollte, platzte Gretlin, die bis zu diesem Zeitpunkt nur nutzlos in der Gegend herumgestanden war und das Ohrenkissen angeschmachtet hatte, heraus: »Die Yrmel hat mit der Johanna nämlich schon einige Fässchen Mailufterl
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