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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Redaktionssekretär vorbeiging.
    Dann senkte er die Stimme.
    »Wieviel bleibt dir für den Haushalt?«
    »Sieben Francs.«
    »Gut!« versetzte er ganz beglückt. »Damit kommen wir zwei Tage hin, und ich werde nicht um Vorschuß bitten, den man mir ohnehin abschlagen würde. Das wird mir zu sauer … Morgen will ich sehen, ob man mir beim ›Figaro‹82 einen Artikel abnimmt … Ach, wenn ich doch meinen Roman fertig hätte und der sich ein bißchen verkaufen ließe!«
    Nun umarmte ihn Marcelle.
    »Ja, laß nur, es wird schon gut gehen! Du kommst mit mir nach Hause, nicht wahr? Wir machen es uns nett, und für morgen früh kaufen wir uns einen sauren Hering an der Ecke der Rue de Clichy, wo ich wundervolle gesehen habe. Heute abend haben wir Kartoffeln mit Speck.«
    Nachdem Jordan einen Kollegen gebeten hatte, seine Fahnen zu lesen, verschwand er mit seiner Frau. Übrigens gingen auch Saccard und Huret aus dem Haus. Auf der Straße hielt ein Kupee gerade vor der Tür des Zeitungsgebäudes; sie sahen die Baronin Sandorff aussteigen, die ihnen lächelnd zunickte und dann leichtfüßig hinaufging. Zuweilen stattete sie Jantrou auf diese Weise einen Besuch ab. Saccard, den sie mit ihren blauumschatteten großen Augen sehr reizte, war nahe daran, noch einmal umzukehren.
    Oben im Zimmer des Direktors wollte sich die Baronin nicht einmal setzen. Nur mal im Vorbeigehen guten Tag sagen, wobei sie einzig und allein die Absicht verfolgte, ihn zu fragen, ob er nichts wüßte. Trotz seines plötzlichen Aufstiegs behandelte sie ihn immer noch wie zu der Zeit, da er allmorgendlich mit dem krummen Rücken des Remisiers auf der Suche nach einer Order zu ihrem Vater kam, Monsieur de Ladricourt. Ihr Vater hatte ein rücksichtsloses und grobes Verhalten gehabt, sie konnte den Fußtritt nicht vergessen, mit dem er Jantrou voll Zorn über einen großen Verlust zur Tür hinausgejagt hatte. Und jetzt, wo sie denselben Jantrou an der Quelle der Nachrichten sah, war sie wieder vertraulich geworden und suchte ihm die Beichte abzunehmen.
    »Na, was gibtʼs Neues?«
    »Du liebe Güte, ich weiß gar nichts.«
    Aber sie schaute ihn weiter lächelnd an und war überzeugt, daß er nur nichts sagen wollte. Dann sprach sie, um ihm die Zunge zu lösen, von diesem dummen Krieg, in dem Österreich, Italien und Preußen aneinandergeraten sollten. Die Spekulation überstürzte sich, eine schreckliche Baisse zeigte sich bei den italienischen Papieren sowie bei allen anderen Effekten. Und sie war in großer Verlegenheit, denn sie wußte nicht, wie weit sie diesem Trend folgen sollte, zumal sie für die nächste Liquidation ziemlich hohe Summen eingesetzt hatte.
    »Gibt Ihnen denn Ihr Gemahl keine Tips?« fragte Jantrou scherzhaft. »Er sitzt doch in der Botschaft an der richtigen Stelle.«
    »Oh, mein Mann«, murmelte sie mit einer verächtlichen Gebärde, »mein Mann, aus dem hole ich nichts mehr heraus.«
    Jantrou wurde immer lustiger und trieb die Dinge so weit, daß er auf den Generalstaatsanwalt Delcambre anspielte, ihren Geliebten, der, wie es hieß, ihre Differenzen bezahlte, wenn sie sie überhaupt bezahlte.
    »Und Ihre Freunde am Hofe und im Justizpalast wissen auch nichts?«
    Sie tat so, als verstünde sie nicht, und fuhr flehend fort, ohne ihn aus den Augen zu lassen:
    »Ach gehen Sie, seien Sie nett … Sie wissen doch etwas.«
    Schon einmal hatte Jantrou in seiner rasenden Gier nach allen Weiberröcken, die ihn streiften, ob schmutzig oder elegant, daran gedacht, sich diese Spekulantin, die so vertraulich mit ihm umsprang, zu leisten, wie er brutal zu sagen pflegte. Aber beim ersten Wort, bei der ersten Gebärde hatte sie so angewidert, so verächtlich aufbegehrt, daß er sich hoch und heilig geschworen hatte, nicht noch einmal damit anzufangen. Mit diesem Mann, den ihr Vater mit Fußtritten empfing, niemals! Soweit war sie noch nicht.
    »Warum sollte ich nett sein?« sagte er, verlegen lachend. »Sind Sie etwa nett zu mir?«
    Auf der Stelle wurde sie wieder ernst, blickte streng. Und sie wandte ihm den Rücken und wollte gehen, als er aus Ärger und in der Absicht, sie zu verletzen, noch hinzufügte:
    »Sind Sie nicht eben Saccard an der Tür begegnet? Warum haben Sie ihn nicht gefragt, wo er Ihnen doch nichts abschlagen kann?«
    Sie drehte sich schroff um.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nun, was Sie darunter zu verstehen belieben … Aber spielen Sie doch nicht die Geheimniskrämerin, ich habe Sie bei ihm gesehen, ich kenne ihn!«
    Sie

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