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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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darein vergraben, und ich glaube, Gott verzeih mir, Mama fängt auch an zu spekulieren, trotz ihrer wütenden Miene.«
    Jordan konnte sich das Lachen nicht verkneifen, so drollig spielte sie in ihrem Kummer die Szene vor.
    »Mit einem Wort, ich habe ihnen von unserer Geldverlegenheit erzählt und sie gebeten, uns zweihundert Francs zu borgen, um die Zwangsvollstreckung aufzuhalten. Da hättest du sie hören müssen, wie sie protestierten: zweihundert Francs, wo sie zweitausend an der Börse verloren hätten, ob ich mich etwa über sie lustig machen, ob ich sie ruinieren wolle … Nie habe ich sie so gesehen. Immer waren sie zu mir so nett und hätten alles ausgegeben, um mir Geschenke zu machen. Sie müssen wirklich verrückt geworden sein, denn wenn sie bei Verstande wären, würden sie sich das Leben nicht so verpfuschen, wo sie in ihrem schönen Haus so glücklich sind, keine Sorgen haben und bloß noch das so hart verdiente Vermögen in aller Ruhe aufzuzehren brauchen.«
    »Ich hoffe doch, du bist nicht weiter in sie gedrungen«, sagte Jordan.
    »Aber ja doch, ich bin in sie gedrungen, und da sind sie über dich hergefallen … Du siehst, ich sage dir alles, dabei hatte ich mir so fest vorgenommen, das für mich zu behalten, und nun rutscht es mir doch raus … Sie haben mir vorgehalten, sie hätten das kommen sehen, Zeitungsschreiber, das sei kein Beruf, und wir würden noch mal im Armenhaus enden … Schließlich wollte ich gehen, weil ich nun auch in Zorn geriet, da kam der Hauptmann. Du weißt, Onkel Chave hat mich immer sehr gern gehabt. Und vor ihm sind sie vernünftig geworden, zumal er nun triumphierte und Papa fragte, ob er sich weiter bestehlen lassen wolle … Mama hat mich beiseite genommen, mir fünfzig Francs in die Hand gedrückt und mir gesagt, damit würden wir ein paar Tage Aufschub bekommen, Zeit genug, einen Ausweg zu suchen.«
    »Fünfzig Francs, ein Almosen! Und du hast sie genommen?«
    Marcelle faßte ihn zärtlich bei den Händen und besänftigte ihn mit ihrer ruhigen Besonnenheit.
    »Nun reg dich doch nicht auf … Ja, ich habe sie genommen, und weil mir völlig klar war, daß du nie wagen würdest, sie dem Gerichtsvollzieher zu bringen, bin ich gleich selbst zu ihm in die Rue Cadet gegangen, du weißt. Aber stell dir vor, er hat sich geweigert, das Geld zu nehmen, und mir erklärt, er habe diesbezüglich ausdrückliche Anweisungen von Herrn Busch und nur Herr Busch könne die Zwangsvollstreckung aufhalten … Oh, dieser Busch! Ich hasse niemand, aber was der mich wütend macht und anekelt! Trotzdem bin ich zu ihm in die Rue Feydeau gelaufen, er mußte sich wohl oder übel mit den fünfzig Francs abfinden, und nun haben wir zwei Wochen, wo er uns nicht bedrängen kann.«
    Eine starke Erregung verzerrte Jordans Gesicht, während er die Tränen zurückhalten wollte, die ihm die Augenlider netzten.
    »Das hast du getan, kleine Frau, das hast du getan!«
    »Aber ja, ich will nicht, daß man dich noch mehr belästigt! Was macht mir das schon aus, beschimpft zu werden, wenn man dich nur in Ruhe arbeiten läßt!«
    Und sie lachte jetzt, sie erzählte von ihrem Besuch bei Busch, der zwischen seinen schmierigen Akten saß, von der barschen Art, wie er sie empfangen hatte, von seinen Drohungen, ihnen nicht einen Fetzen zu lassen, wenn nicht augenblicklich die ganze Schuld beglichen würde. Das Lustige daran war, daß sie sich den Mordsspaß gegönnt hatte, ihn aus der Fassung zu bringen, indem sie ihm das rechtmäßige Eigentum an diesen Schulden bestritt, diesen dreihundert Francs in Wechseln, die mit den Unkosten auf siebenhundertdreißig Francs und fünfzehn Centimes angestiegen waren und die ihn vielleicht zusammen mit einem Posten alter Lumpen keine hundert Sous gekostet hatten. Er wäre vor Wut zuerst beinahe erstickt, gerade diese Wechsel habe er sehr teuer gekauft; und dann seine verlorene Zeit und die ermüdenden Laufereien, die er zwei Jahre lang hatte, um den Unterzeichner ausfindig zu machen, und die Findigkeit, die er bei dieser Menschenjagd hatte aufbringen müssen – sollte er denn für das alles keine Entschädigung erhalten? Die Leute seien selbst schuld, wenn sie sich erwischen ließen! Am Ende nahm er trotz alledem die fünfzig Francs, weil sein vorsichtiges System darin bestand, immer einen Vergleich zu schließen.
    »Ach, kleine Frau, was bist du tapfer, und wie liebe ich dich!« sagte Jordan, der sich hinreißen ließ, Marcelle zu umarmen, obwohl in diesem Augenblick der

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