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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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1867 im Trubel der Festlichkeit mit triumphalem Glanz eröffnet. Es begann die große Zeit des Kaiserreiches, jene Supergalasaison, die Paris zum Wirtshaus für die ganze Welt machen sollte, zu einem festlich geflaggten Gasthaus mit Musik und Gesang, wo in allen Zimmern gegessen und gehurt wurde. Nie hatte ein Reich auf seinem Höhepunkt die Völker zu einer so riesigen Schlemmerei eingeladen. Und der lange Zug der Kaiser, Könige und Fürsten aus allen vier Himmelsrichtungen der Erde setzte sich auf die Tuilerien zu in Marsch, die wie in der Festparade eines Märchenstücks in hellem Glanz erstrahlten.
    Und um dieselbe Zeit, vierzehn Tage später, eröffnete Saccard das monumentale Palais, das er sich gewünscht hatte, um in diesem königlichen Bau die Banque Universelle unterzubringen. Sechs Monate hatten ausgereicht; ohne eine Stunde zu verlieren, hatte man Tag und Nacht gearbeitet und dieses Wunder vollbracht, das nur in Paris möglich ist. Mit Ornamenten geschmückt, strebte die Fassade in die Höhe, halb Tempel, halb Tingeltangel – eine Fassade, vor deren auffälligem Luxus die Leute auf dem Bürgersteig stehenblieben. Auch im Innern protziger Aufwand, die Millionen aus den Kassen rieselten die Wände entlang. Eine doppelläufige Treppe führte in den Sitzungssaal des Verwaltungsrates, der rot und golden in der Herrlichkeit eines Opernsaales erstrahlte. Überall Teppiche, Wandbespannungen und mit strahlender Pracht möblierte Geschäftsräume. Im Souterrain, wo sich die Effektenabteilung befand, standen riesige versiegelte Panzerschränke mit tiefen Höhlungen wie Backöfen hinter den Wänden aus Spiegelglas, die dem Publikum gestatteten, zu sehen, wie sie da aufgereiht waren wie die Fässer in den Märchen, in denen die unermeßlichen Schätze der Feen schlummern. Und nun konnten die Völker, die mit ihren Königen auf dem Wege zur Ausstellung waren, kommen und hier vorbeiziehen: alles war bereitet, das neue Palais erwartete sie, um sie zu blenden und der Reihe nach in diese unwiderstehliche Goldfalle zu locken, die im Sonnenlicht flammte.
    Das Arbeitszimmer, in dem Saccard thronte, war am prächtigsten eingerichtet, Möbel im Louis-Quatorze-Stil aus vergoldetem Holz und mit Genueser Samt bezogen. Das Personal war noch vermehrt worden und belief sich auf über vierhundert Angestellte; diese Armee befehligte Saccard jetzt mit dem Gepränge eines angebeteten Tyrannen, und da er sehr großzügig Zuwendungen verteilte, gehorchte man ihm. Trotz seines schlichten Titels eines Direktors herrschte er in Wirklichkeit über den Präsidenten des Verwaltungsrates und sogar über den Verwaltungsrat selbst, der einfach nur seine Befehle zu bestätigen hatte. Daher lebte Frau Caroline hinfort in ständiger Alarmbereitschaft und war vollauf beschäftigt, von jeder seiner Entscheidungen Kenntnis zu erhalten, um sich notfalls querzustellen. Sie mißbilligte diese neue, viel zu prunkvolle Einrichtung, ohne sie indessen grundsätzlich tadeln zu können, denn in den schönen Tagen des herzlichen Einvernehmens hatte sie die Notwendigkeit eines größeren Hauses anerkannt und ihren Bruder, der sich Sorgen machte, verspottet. Ihr Argument gegen diesen ganzen Luxus war jetzt ihre Befürchtung, die Firma werde ihren Charakter ehrbarer Rechtschaffenheit und des strengen Ernstes einer Kirche verlieren. Was sollten die Kunden denken, die an die klösterliche Verschwiegenheit und das andächtige Zwielicht des Erdgeschosses in der Rue Saint-Lazare gewöhnt waren, wenn sie diesen Palast in der Rue de Londres mit seinen weiten, lärmerfüllten, lichtüberfluteten Stockwerken betraten? Saccard entgegnete, sie würden vor Bewunderung und Ehrfurcht wie erschlagen sein; wer fünf Francs bringen wolle, werde zehn aus der Tasche ziehen, bei seiner Eigenliebe gepackt und von Vertrauensseligkeit berauscht. Und er sollte in seiner Brutalität eines Schaumschlägers recht behalten. Das Palais war ein wunderbarer Erfolg und übertraf in seiner aufsehenerregenden Wirkung die ungewöhnlichsten Reklameideen von Jantrou. Die frommen kleinen Rentiers aus den ruhigen Stadtvierteln, die armen Landpfarrer, die frühmorgens mit der Eisenbahn kamen, sperrten vor Glückseligkeit Mund und Nase auf, wenn sie vor der Tür standen, und verließen die Bank rot vor Freude, daß sie dort ihr Geld angelegt hatten.
    In Wahrheit ärgerte Frau Caroline vor allem, daß sie nicht mehr ständig im Hause der Bank anwesend sein konnte, um alles zu überwachen. Es war ihr kaum

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